Poco-Mutter Schwere Gerichtsschlappe für Steinhoff

Der strauchelnde Möbelriese hätte Umsatz und Gewinn der Tochter Poco nicht voll konsolidieren dürfen, hat eine Amsterdamer Gericht entschieden.

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Poco-Mutter: Steinhoff erleidet schwere Gerichtsschlappe Quelle: Steinhoff International

Düsseldorf Der nach einem Bilanzskandal in Schieflage geratene Möbelriese Steinhoff hat jetzt erstmals auch vor Gericht eine schwere Schlappe erlitten. Der Konzern habe die Ergebnisse der deutschen Möbelkette Poco zu Unrecht voll in sein Zahlenwerk eingerechnet, entschied die Wirtschaftskammer des Amsterdamer Gerichtshofs am Montagabend.

Poco gehöre Steinhoff bis heute nur zur Hälfte. Das hätte in der Bilanzierung berücksichtigt werden müssen, argumentierten die Richter. Steinhoff hatte dagegen Umsatz und Gewinn der profitablen Möbelkette komplett in seine Ergebnisrechnung einbezogen.

Damit gab das Gericht der OM Handels GmbH Recht, der Poco laut Handelsregister bis heute zur Hälfte gehört. Hinter der OM Handels GmbH steht der Eigentümer der österreichischen Handelskette XXXLutz, Andreas Seifert.

Seifert und der Steinhoff-Konzern wollten sich auf einer Hauptversammlung am 14. April 2015 gegenseitig als Aktionäre von Poco ausschließen, schildert das Gericht den Sachverhalt. Danach habe Steinhoff den Standpunkt eingenommen, Poco sei dem südafrikanischen Konzern voll zuzuschlagen.

Solange aber nicht entschieden sei, ob der Ausschluss von Seiferts OM Handels GmbH rechtmäßig war, hätten die Poco-Zahlen nicht voll in die Steinhoff-Bilanzen einfließen dürfen, begründete das Amsterdamer Gericht seine Entscheidung. Die Zahlen des verlängerten Geschäftsjahrs Juli 2015 bis September 2016 entsprächen daher nicht den vorgeschriebenen Standards der Rechnungslegung, sie sind also künstlich aufgebläht.

Der Steinhoff-Konzern mit seiner Zentrale in Südafrika und einem Briefkastensitz in Amsterdam war Mitte Dezember in eine schwere Schieflage geraten, als die Wirtschaftsprüfer ihr Testat für die Bilanzen verweigerten. Binnen zwei Tagen verlor die Aktie 80 Prozent ihres Wertes. Inzwischen steht fest, dass die Zahlen auch bereits testierter Abschlüsse neu geprüft werden müssen.

Steinhoff ging Ende 2015 in Frankfurt an die Börse. Der Börsengang war von einer Razzia der Staatsanwaltschaft Oldenburg überschattet, die seither wegen möglicher Bilanzmanipulation gegen den Konzern ermittelt. Das internationale Konsumgüterkonglomerat erwartete 2017 einen Umsatz von 20 Milliarden Euro und gilt als zweitgrößter Möbelkonzern nach Ikea.

Der Kläger in Amsterdam, Andreas Seifert und der langjährige Steinhoff-Vorstand Markus Jooste waren zuvor gemeinsam mehrere Joint-Ventures eingegangen, um sich den europäischen Möbelmarkt aufzuteilen. 2014 kam es zum Bruch, seither hat Seifert mehrere Klagen eingereicht, weil er sich zu Unrecht aus den gemeinsamen Unternehmen gedrängt glaubt.

Ein Gericht in Dortmund soll über die Eigentümerschaft an Poco entscheiden, in einem weiteren Verfahren in Wien soll über die Besitzverhältnisse beim französischen Möbelkonzern Conforama entschieden werden. Auch Conforama hatte Steinhoff voll konsolidiert, obwohl sich auch Seifert an dem französischen Konzern beteiligt hatte.

Alle drei Verfahren hatte XXXLutz-Chef Seifert angestrengt, bevor der Bilanzskandal im Dezember 2017 aufflog. Das Gericht in Amsterdam hat nun als erstes entschieden. Das Verfahren in Dortmund hat noch nicht begonnen. In Wien zieht sich der Streit ebenfalls in die Länge.

Seit Ausbruch, der Steinhoff-Krise hat bei Poco ein deutlicher Sinneswandel stattgefunden. Der deutsche Möbel-Discounter möchte mit Steinhoff nicht mehr assoziiert werden und betonte in einer Pressemitteilung, dass Poco wirtschaftlich stabil sei und einem zweiten Eigentümer gehöre.

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