„Pro Stunde eine Fichte“ Forscher rechnen bei Bon-Pflicht mit 5,7 Millionen Kilogramm zusätzlichem Kassenpapier

Kassenbon-Pflicht Quelle: Michael Tenk/dpa

Ab 2020 herrscht Kassenbonpflicht für Ladenbesitzer, zudem werden die bestehenden Kassenzettel im Schnitt um zwölf Zentimeter länger. Dadurch steigt der Papierbedarf – und damit auch die Müllberge.

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Für jedes verkaufte Brötchen den Kassenbon ausdrucken? Wahnsinn, fand Bäckermeister Michael Tenk. Zwei Tage lang sammelte der Bäcker aus Südlohn im westlichen Münsterland die Kassenbons, die er - ab 2020 gesetzlich vorgeschrieben - an jeden Kunden ausgeben muss. Davon machte der 41-Jährige ein Foto, veröffentlichte es bei Facebook und landete einen viralen Hit. Zeigte das Bild doch die Absurdität der neuen Regelung.

Jetzt haben Handelsforscher des Kölner EHI kalkuliert, welche zusätzlichen Papierberge durch die neue Regelung des Kassengesetzes tatsächlich anfallen dürften – nicht nur in der Bäckerei Tenk-Bomkamp sondern deutschlandweit. Das Ergebnis: Die Experten rechnen mit mehr als 2 Millionen Kilometern zusätzlichem Bonpapier pro Jahr im Handel, „für das pro Stunde etwa eine Fichte gefällt werden muss“, wie das Institut mitteilt.

„In vielen Geschäften erwartet die Kundschaft heute keinen Kassenbon. Während der Handel über die Reduzierung von Papierbons nachdenkt, sorgt die Politik nun für noch mehr Müll“, kritisiert EHI-Geschäftsführer Michael Gerling.

Mit dem Kassengesetz, das die lückenlose elektronische Dokumentation der Kassendaten fordert, will die Bundesregierung Kassendatenmanipulationen und damit Steuerbetrug verhindern und nimmt dafür Einzelhändler in die Pflicht. So verlangt die neue Regelung, dass jeder Kundin und jedem Kunden nach Abschluss eines Kaufprozesses ein Kassenzettel ausgehändigt wird. Darüber hinaus müssen die Kassenzettel zusätzliche Informationen zu Technischen Sicherheitseinrichtungen und einen QR-Code enthalten. Diese Informationen – mit denen die Kundschaft normalerweise gar nichts anfangen kann – verlängern jeden Bon laut EHI um durchschnittlich zwölf Zentimeter.

Bei knapp 20 Milliarden Transaktionen im deutschen Handel bedeutet das pro Jahr 2,375 Millionen Kilometer beziehungsweise 5,7 Millionen Kilogramm zusätzliches Kassenpapier, rechnen die Experten vor. Zur Herstellung des Papiers würden etwa 12,54 Millionen Kilogramm Holz verbraucht. Das entspricht pro Jahr rund 8.500 Fichtenbäumen mit einer Höhe von 25 Metern und einem Durchmesser von 0,4 Metern. Oder einem gefällten Baum pro Stunde.

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