Procter & Gamble Der Windel-Markt ist heiß umkämpft

Pampers ist eine der wichtigsten Marken von Procter & Gamble. Um das Produkt noch besser zu machen, untersucht der Konsumgüterhersteller, wie Babys sitzen, fallen und sich bewegen – und den „Urinschwall”.

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Die Marke Pampers macht etwa zwölf Prozent des Gesamtumsatzes von Procter & Gamble aus. Quelle: Reuters

Cincinnati Der freundliche, türkisfarbene Raum voller Babys und wachsamer Erwachsener könnte sehr wohl eine Kindertagesstätte irgendwo in den USA sein – gäbe es da nicht die Forscher in Laborkitteln, die Plastikschläuche in die Windeln der Kleinkinder stecken.

Es handelt sich um das Forschungszentrum für Babypflege von Procter & Gamble im Winton-Hill-Komplex nördlich des Geschäftssitzes in Cincinnati – eine von fünf ähnlichen Einrichtungen rund um den Globus. Hier gehen die Wissenschaftler an die Grenzen der Windel-Forschung und des Windel-Designs.

Bei dem oben beschriebenen Experiment wird eine warme Kochsalzlösung an den richtigen „Pipi-Punkten” injiziert, die bei Jungen und Mädchen unterschiedlich sind. Dann wird die Einwegwindel gewogen, um die Saugfähigkeit zu bestimmen.

Die Forschung dient dem Schutz der Marke „Pampers”, der größten von Procter & Gamble, und soll dem Unternehmen eine technologischen Wettbewerbsvorteil gegenüber generischen Marken und den so genannten Huggies von Kimberly-Clark sichern. Procter & Gamble sucht unentwegt nach Möglichkeiten, das Produkt zu verbessern. Denn mit der Marke setzte der Konzern im vergangenen Geschäftsjahr mehr als 10 Milliarden Dollar um, das waren etwa zwölf Prozent des Gesamtumsatzes.

„Wir wollen eine Windel schaffen, die absolut dicht ist, ultimativ trocken, ultimativ bequem und so gut wie Unterwäsche sitzt”, sagt Al Maingot, der das Babypflege-Forschungszentrum in Singapur leitet.

Während die Geburtenraten in den USA nachlassen, gibt es in den Schwellenmärkten in Asien und Lateinamerika jedes Jahr Millionen neuer Babypopos. Im vergangenen Jahr haben die Windelverkäufe in den USA nur etwa elf Prozent des Gesamtabsatzes ausgemacht, zeigen Daten von Euromonitor. Ende 2018 kann das Umsatzwachstum dort 7,5 Prozent betragen, verglichen mit 44,8 Prozent in der asiatisch-pazifischen Region.

Bei Wegwerfwindeln wurden enorme Fortschritte erzielt, seit sie 1961 von einem Procter & Gamble-Entwickler geschaffen wurden, der des Stoffwindel-Waschens bei seinem Enkelsohn überdrüssig war. Das Unternehmen ersetzte in den 70er Jahren Stecknadeln durch Klebestreifen und fügte ab 1986 ein absorbierendes Gel hinzu. Im Jahr 2010 brachte Procter & Gamble die so genannte Dry-Max-Windel auf den Markt, die als größte Innovation seit 25 Jahren gefeiert wurde. Das Produkt war 20 Prozent dünner und doppelt so saugfähig wie zuvor. Die Windel erinnert mehr an gepolsterte Unterwäsche als an die prallen Megamodelle aus den frühen Jahren.


„Ein äußerst wettbewerbsstarker Markt“

Trotz all der Fortschritte bei Procter & Gamble haben Markenwindeln in den USA gegenüber generischen Marken, die oft mit einem Preisnachlass verkauft werden, an Boden verloren. Der Marktanteil von Eigenmarken wie von Target und Kroger hat im vergangenen Jahrzehnt zugenommen und 2013 nach Angaben des Marktforschers Euromonitor International 18,6 Prozent erreicht. Trotz des abnehmenden Marktanteils waren die so genannten Huggies in der letzten Dekade die führende Marke in Nordamerika, gefolgt von Pampers. Marktführer ist Procter & Gamble nur, wenn die Marken Pampers und Luvs zusammengezählt werden.

„Das ist ein äußerst wettbewerbsstarker Markt”, sagt Euromonitor-Analyst Donny Chi in Chicago. Die breite Produktpalette von Procter & Gamble ist ein Wettbewerbsvorteil zu den Rivalen, weil die verschiedenen Bereiche untereinander Technologien austauschen. So nutzt Pampers einen Zellstoff, der erst in Damen-Hygieneartikeln eingesetzt wurde, und die saugfähigen Einwegmaterialen aus Windeln tauchen auch in den Wischmopps der Swiffer-Produktlinie auf.

Die Marke Pampers sei für Procter & Gamble von hoher Bedeutung, weil Mütter - die „Kern-Konsumenten” - an den breiteren Konzern gebunden würden, sagt Virginia Morris von Daymon Worldwide, ein Beratungsunternehmen zur Produkt- und Markenentwicklung in Stamford im US-Bundesstaat Connecticut. Sind Mütter mit den Windeln ihrer Babys zufrieden, so erscheinen auch andere Procter & Gamble-Produkte in einem besseren Licht.

Darum forscht Procter & Gamble weiter an der Windel - an Weichheit, Saugfähigkeit und einem komfortablen Sitz. Untersucht wird unter anderem, wie Babys sitzen, fallen und sich bewegen, ebenso wie der Umfang des „Urinschwalls”. Die Wissenschaftler lassen auch Metallgewichte auf schmutzige Windeln fallen, um zu sehen, ob Flüssigkeit austritt.

Die neuen Modelle werden in einem Musterlabor mit etwa 1860 Quadratmetern Fläche von Hand gefertigt. Die Entwicklung kann bis zu zehn Jahre dauern. Den Gang entlang schaut sich David Maltbie virtuelle Babys in 3D auf einem Bildschirm an, der so breit wie der ganze Raum ist. Dort sucht er nach Schwachstellen bei den Windeln, wie Undichte oder Urin-Ansammlungen. Macht er ein Problem aus, gibt er die Information an die Forscher weiter.

Dann geht es zurück ans Reißbrett. Weil Babys in so vielen verschiedenen Größen und Formen auftreten, sagt Seitz, „ist die Suche nach der Passform einer Windel so, als würde die Passform für eine Schneeflocke gesucht.”

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