Thomas Schnädter, Geschäftsführer von Montblanc Deutschland, ist froh, eine Adresse mit niedriger Hausnummer nahe dem Jungfernstieg zu belegen. "Wir sind eine Marke, die aufgrund der Struktur des Sortiments eine gewisse Frequenz in den Geschäften braucht", sagt Schnädter. Montblanc, das zum Luxuskonzern Richemont gehört, ist eine der dynamischsten Marken der Gruppe. Wachstum in Form von mehr Boutiquen ist Pflicht.
In Berlin wäre viel Platz auf dem Kurfürstendamm. Aber ausgerechnet hier drängeln sich die Top-Labels von Chanel bis Valentino auf einer Strecke von weniger als 1000 Metern. Bis zu 250 Euro pro Quadratmeter und Monat kosten Ladengeschäfte in den besten Lagen. Die Mieter sehen sich ganz unterschiedlichen Vertragspartnern gegenüber. Von Einzelbesitzern bis zu institutionellen Vermietern von Fonds- oder Grundstücksgesellschaften.
Aufruhr gab es unlängst in München, als der Wittelsbacher Ausgleichsfonds (WAF) dem seit 70 Jahren in München beheimateten Modehaus Maendler den Vertrag nicht verlängerte. Nun zieht in die Immobilie die spanische Modemarke Mango ein – Kette statt Tradition, schimpften die Kritiker. Alfred Herrmann vom WAF sagt, dass das Gebäude an der Theatinerstraße dank hoher Lauffrequenz gut zu einer Modemarke wie Mango passe.
Den Vermietern kommt eine Verantwortung auch für das Image der Lage zu. Die Düsseldorfer Königsallee ist in Deutschland einzigartig, denn nirgends sind so viele Besucher mit so hoher Kaufkraft unterwegs wie hier. Doch an der südlichen Seite der Königsallee ist für Marken wie Cartier die Nachbarschaft ein bisschen weniger exklusiv geworden. H&M, Esprit, American Apparel und Zara bilden den Anziehungspunkt für ein Publikum, das eher selten nach dem Top für 19,95 einen Brillantring 1895 für mehr als 2500 Euro kaufen wird.
Kurfürstendamm überholt wieder die Friedrichstraße
"Manche Vermieter sehen in erster Linie nur die Rendite, andere achten ganz genau darauf, wer zu ihnen passt", sagt von Muschwitz von JonesLangLasalle. Ihr Kollege Emmerich von CBRE in Düsseldorf reist schon mal mit dem Vermieter ins Ausland, um ihn von der Strahlkraft einer interessierten Marke zu überzeugen.
Die Stadtpolitik kann oder will in der Regel wenig tun. Die Stuttgarter Wirtschaftsförderung ist da eine Ausnahme, sie vermittelt gerne Interessenten und kooperiert mit Maklern. Auch in München verlässt man sich auf einen runden Tisch aus Politikern und Händlern. Wenige Städte erleben allerdings einen derartigen Imagewechsel wie Berlin. Die Stadt musste dabei zusehen, wie nach der Wende der Kurfürstendamm langsam dahinsiechte und die Friedrichstraße mit dem Quartier 206 zur neuen Luxuslage hochgejubelt wurde. Jetzt holt der Kurfürstendamm wieder auf.
Der Senator für Stadtentwicklung Michael Müller sieht die Aufgabe der Stadt darin, zu verhindern, dass dem bestehenden Handel durch zu viele Shoppingcenter außerhalb der City Konkurrenz gemacht wird. Dass der Luxus Richtung Ku’damm abwandert, beunruhigt Müller nicht. "Das bedeutet nur eine Strukturveränderung."
Auf die hofft auch Düsseldorf. Am Ende der Königsallee soll 2013 der Kö-Bogen fertiggestellt sein, ein Apple-Store dort öffnen und die Königsallee mit dem von Daniel Libeskind entworfenen Gebäude noch stärker beleben. Dann wird vielleicht die stille Seite der Edelmeile für mehr Menschen attraktiv. Frank Emmerich von CBRE konnte die amerikanische Marke Abercrombie & Fitch mit einem ihrer ersten Geschäfte in Deutschland dorthin locken. Sie bekommt wenige Meter weiter nach der Fertigstellung einen neuen Nachbarn: Nespresso.