Puma-Chef Franz Koch "Puma bleibt eine Sportmarke"

Der neue Puma-Chef Franz Koch trimmt den Lifestyle-Konzern stärker auf Sportlichkeit, setzt auf Wassersport und plant kompostierbare T-Shirts und Turnschuhe.

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Der Neue Puma-Chef will zeigen was in der Marke steckt und nimmt die Rolle des Herausforderers an Quelle: dapd

WirtschaftsWoche: Herr Koch, in Ihrem ersten Jahr als Puma-Chef peilen Sie mit drei Milliarden Euro einen Umsatzrekord an. Gleichzeitig mussten Sie einräumen, dass Puma derzeit nicht die heißeste Marke ist – wie passt das zusammen?

Koch: Es soll zeigen, welches Potenzial noch in uns steckt. Denn Puma ist zweifellos eine coole Marke. Wir haben aber unser langfristiges Ziel noch nicht erreicht, die begehrteste und nachhaltigste Marke der Sportlifestyle-Industrie zu sein. Deshalb müssen wir jetzt unser Profil sowohl im Sport- als auch im Lifestyle-Bereich wieder schärfen.

Puma ist längst nicht mehr die kleine schräge Marke für Trendsetter, die das Besondere suchen. Passen Begehrlichkeit und Größe überhaupt zusammen?

Natürlich sind wir inzwischen eine etablierte Größe im Markt. Aber wir fühlen uns in der Rolle des Herausforderers weiter sehr wohl. Mit der Begehrlichkeit einer Marke entsteht mit der Zeit auch Größe. Apple ist das beste Beispiel dafür.

Puma und seine Stars
Pélé, Star der Fußball-Weltmeisterschaft 1970 Quelle: dapd
Boris Becker Quelle: dpa/dpaweb
Diego Armando Maradona Quelle: dpa
Lothar Matthäus Quelle: dpa
Heike Drechsler gewinnt 1993 bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Stuttgart Gold im Weitsprung. Im Jahr 2000 wurde sie zu Deutschlands Sportlerin des Jahres gewählt. Quelle: AP
Usain Bolt Quelle: Reuters
Fußballnationalmannschaft Italiens Quelle: dpa

Apple hat mit iPod und iPhone Produkt-Ikonen geschaffen. Puma hatte mit Speed Cat und Mostro auch mal Erfolgsschuhe, aber danach kam nichts Vergleichbares mehr. Warum nicht?

Zum einen ist es so, dass unsere Kollektion insgesamt stärker geworden ist und wir damit nicht mehr von einzelnen Produkten abhängen. Zum anderen arbeiten wir intensiv daran, neue, innovative Produkte zu entwickeln, die das Zeug zum Bestseller haben. Allerdings hat sich auch der gesamte Markt in der Zwischenzeit deutlich verändert; in der Mitte, wo Sport und Mode zusammenkommen, ist das Spielfeld durch zahlreiche neue Wettbewerber heute viel enger geworden. Schuhe wie den Speed Cat, der fast im Alleingang den „Lower Profile“-Trend auslöste, finden Sie heute kaum noch, dafür ist der Markt viel zu stark zersplittert. Hinzu kommt, dass sich auch das Kaufverhalten spürbar verändert hat.

Rächt es sich jetzt, dass Puma fast zwei Drittel seines Umsatzes mit Mode und Lifestyle erzielt, mit Sportprodukten dagegen nur 35 Prozent? Bei Wettbewerbern wie Adidas ist das umgekehrt.

Nein, denn grundsätzlich war das immer das Erfolgsrezept von Puma, weil die Mehrzahl der Sportprodukte nicht mehr zum Sport, sondern in der Freizeit getragen wird. Puma hat deshalb die Verbindung von Sport und Lifestyle erfunden und damit ein ganz neues Segment geschaffen. Dennoch wollen wir jetzt den Fokus wieder etwas stärker auf den Sport legen und streben bis 2015 beim Umsatz ein Verhältnis von 40 Prozent Sport und 60 Prozent Lifestyle an. Eine stärkere Relevanz im Sport wird auch nachhaltig unser Lifestyle-Geschäft stärken.

Inwiefern?

Vor einigen Jahren haben viele Kunden noch mehr als 100 Euro für einen Sneaker ausgegeben. Inzwischen ist der durchschnittliche Verkaufspreis aber wieder gesunken. Das gesamte Marktsegment hat sich in Richtung preiswerterer Schuhe verschoben.

Pumas Sport-Image leidet

Der jamaikanische Sprinter Usain Bolt läuft schon lange für Puma Quelle: dapd

Nehmen die Kunden Puma überhaupt noch ab, gescheite Sportschuhe bauen zu können? Im deutschen Sportfachhandel ist die Marke abgerutscht.

Puma ist und bleibt eine Sportmarke. Das sehen Sie allein daran, dass wir seit vielen Jahren Ausrüster des viermaligen Fußball-Weltmeisters Italien sind. Wir statten von Sommer 2012 an Borussia Dortmund aus. Fünf der wertvollsten Fußballer der Welt spielen in Puma-Schuhen, darunter Mario Gomez und Cesc Fàbregas. Mit uns ist Usain Bolt zum schnellsten Mann der Welt geworden. Wir haben Rickie Fowler im Golf und Ferrari, Ducati und Mercedes im Motorsport unter Vertrag und segeln mit unserem Puma Ocean Racing Team gerade um die Welt. Das sind herausragende Größen im Sport, was auch in unserem Portfolio abgebildet wird.

Das ist erst mal vor allem Werbung, die Geld kostet. Das allein wird nicht reichen.

Das stimmt, das reicht uns auch nicht. Für uns geht es deshalb darum, unsere eigenen Produktinnovationen wieder stärker in der Vordergrund zu rücken und dabei von unseren Athleten und Teams zu lernen. In unseren Firmenzentralen in Herzogenaurach und Boston kümmert sich seit kurzem ein neu geschaffenes Team abseits vom Tagesgeschäft um die Entwicklung innovativer Schuhtechnologien. Ganz wichtig ist die Verschmelzung von Technologie und Design, denn wenn ein Sportschuh eine neue Eigenschaft hat, dann muss der Kunde diese Funktion auch sofort wahrnehmen und und verstehen.

Welche Technologie im Laufschuhbereich ist denn wirklich neu bei Puma?

Nehmen Sie das Modell Faas, das Usain Bolt trägt. Der Faas hat eine Sohle aus einem besonderen Schaum, die den Fuß nicht mehr in üppige Dämpfung packt, sondern dazu bringt, wieder selbst aktiv zu arbeiten. Das nennt man „Neutral Running“ und es ist derzeit einer der wichtigsten Trends im Laufmarkt.

Aber Bolt läuft schon seit Jahren in Puma – und Puma den Konkurrenten Asics, Adidas und Nike weiter hinterher.

Läufer sind eher konservativ in ihrem Kaufverhalten. Wenn sie einmal den passenden Schuh für sich gefunden haben, bleiben sie lange dabei. Aber in einigen Märkten kommt unser neues Konzept bereits sehr gut an, etwa in einem sehr technisch orientierten, zugleich modebewussten Land wie Korea. Dort gehört der Faas zu den bestverkauften Laufschuhen.

Puma setzt auf Nischen - und fährt beim Volvo Ocean Race und dem America' s Cup mit Quelle: dapd

Puma investiert stark ins Segeln mit einem eigenen Team beim Volvo Ocean Race rund um die Welt und als Ausrüster beim America’s Cup. Was bringt das, das ist doch ein sehr kleiner Nischenmarkt?

Segeln ist für uns der Einstieg in das Wachstumssegment Outdoor, in dem wir in den nächsten fünf Jahren einen dreistelligen Millionenumsatz erzielen wollen. Das ist wie eine Art Labor, um unter extremsten Wetterbedingungen unsere neuesten Technologien zu testen. Was die Crew während der neun Monate beim Volvo Ocean Race trägt, muss bei tropischen und arktischen Bedingungen alles können – wasser- und winddicht sein, warm halten und trotzdem atmungsaktiv sein. Letztendlich will der Kunde eine einzige Jacke, die unter den unterschiedlichsten Bedingungen funktioniert – egal, ob zum Wandern, auf dem Segelboot oder für die Stadt, und das können wir liefern.

Wind in den Segeln

"Wir wollen erreichen, dass bis 2020 keine Giftstoffe mehr bei der Herstellung eingesetzt werden"

Erstmals verkauft Puma ein Brett zum Trendsport Stand-up-Paddling, bei dem man stehend paddelt. Gibt es bald auch Windsurfbretter von Puma?

Das würde sicher gut zu Puma passen, Wind- und Kitesurfing sind coole Trendsportarten, aber die Wachstumsaussichten dort sind für uns nicht interessant genug, um in den Markt einzusteigen. Sehr positiv entwickelt sich dagegen der Stand-up-Paddling-Markt, deshalb haben wir auch eine Serie mit Laird Hamilton, dem Pionier auf diesem Gebiet, entwickelt. Beim Volvo Ocean Race werden wir bei allen zehn Zwischenstopps Einsteigerkurse anbieten. Gut möglich, dass wir neben unseren Voll-Carbon-Brettern, die trotz des hohen Preises von etwa 5000 Dollar stark nachgefragt werden, auch günstigere Modelle auf den Markt bringen.

Puma zelebriert sich als nachhaltige Marke. Vor wenigen Wochen hat allerdings Greenpeace mit einem Bericht über Gift in den Abwässern von zwei chinesischen Produktionsbetrieben für Schlagzeilen gesorgt. Einer von deren Kunden ist Puma. Sie haben zwar reagiert. Aber warum musste der Anstoß von außen kommen?

Das musste er gar nicht, denn wir haben uns ohnehin das Ziel gesetzt, bis 2015 die Hälfte unserer Kollektionen nachhaltig zu gestalten – das gilt für die Produktentwicklung genauso wie für die Fabriken, in denen sie hergestellt werden. Das ist ein sehr ehrgeiziges Programm, das zeigt, dass wir das Thema ernst nehmen. Es ist gut, dass Organisationen wie Greenpeace Schwachstellen aufzeigen. Im Schulterschluss mit unseren Wettbewerbern wollen wir erreichen, dass bis 2020 keine Giftstoffe mehr bei der Herstellung unserer Produkte eingesetzt werden.

Warum waren die Giftstoffe überhaupt da drin? Puma hat den S-Index – steht da nicht drin, was verboten ist?

Den S-Index haben wir entwickelt, um bis 2015 den Anteil von nachhaltigeren Materialien, wie etwa recyceltem Polyester, in unseren internationalen Kollektionen zu erhöhen. Verbotene Schadstoffe haben wir in unserer Liste verbotener Stoffe festgelegt, die wir bereits 2001 eingeführt haben und die für alle unsere Lieferanten verbindlich ist. Nonylphenolethoxylate, die von Greenpeace in geringen Konzentrationen unterhalb unseres Grenzwertes gefunden wurden, werden derzeit noch in der Textilproduktion eingesetzt. Leider sind wir von den Lösungen abhängig, die die chemische Industrie für unsere Produktherstellung entwickelt, und für dieses Textilhilfsmittel gibt es momentan keine Alternativen. Wir arbeiten aber gerade zusammen mit unseren Wettbewerbern und Greenpeace daran, eine Lösung für dieses Problem zu finden.

Gift aus Mangel an Alternativen?

Wird dadurch die Produktion teurer?

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass diese Stoffe nicht eingesetzt werden, um Produkte günstiger zu machen. Natürlich ist Nachhaltigkeit kurzfristig immer mit Investitionen verbunden. Andererseits ist der Verbraucher durchaus bereit, für nachhaltige Produkte einen höheren Preis zu bezahlen. Wir können so einen Teil der entstandenen Mehrkosten weiterreichen. Voraussetzung dafür ist, dass wir kein Greenwashing betreiben und der Kunde unser ernsthaftes Bemühen in diesem Bereich erkennt und auch wertschätzt. Dass das funktioniert, sieht man auch bei anderen Produkten wie zum Beispiel fair gehandeltem Kaffee.

Wann kann ich meine alten Puma- Latschen und T-Shirts bei Ihnen abgeben?

Daran arbeiten wir zusammen mit einem externen Partner nach dem sogenannten Cradle-to-Cradle-Prinzip. Das folgt zwei Kreisläufen – dem technischen und dem biologischen: Aus alten Schuhen kann ich neue machen oder etwas ganz anderes wie etwa Autoreifen. Beim biologischen Kreislauf stelle ich Schuhe und Shirts her, die kompostierbar sind. Die kann ich schreddern und im Garten verbuddeln. Wir arbeiten an Produkten, die diese beiden Kriterien erfüllen. Wir sind zuversichtlich, dass wir in naher Zukunft die ersten Schuhe, T-Shirts und Taschen, die entweder kompostier- oder recycelbar sind, auf den Markt bringen können.

Sie selbst sind erst 32 Jahre alt und damit noch nah dran an Pumas Zielgruppe. Erreichen Sie die noch mit Werbung in TV und Print oder nur noch über das Internet und soziale Medien wie Facebook?

Natürlich gibt es den klaren Trend in Richtung digitales Marketing und Social Media. Als junge Sportlifestyle-Marke reagieren wir auf dieses veränderte Verbraucherverhalten und passen unser Budget in Richtung digitales Marketing entsprechend an. Wir haben mittlerweile fast sechs Millionen Facebook-Fans, und es ist enorm wichtig für uns, mit denen in Verbindung zu stehen. Das schließt alle anderen Kanäle wie Twitter, YouTube oder Tumblr natürlich ein.

Ersetzen Facebook und Co. die klassischen Medien?

Nein, so weit sind wir noch nicht. Fernsehen und Print nehmen derzeit in unserem Werbebudget noch immer den größten Teil ein. Insbesondere in etablierten Märkten wie Deutschland spielen diese Medien für uns nach wie vor eine wesentliche Rolle – wir planen etwa 2012 im Vorfeld der Olympischen Spiele und der Fußball-Europameisterschaft auch wieder eine globale Marketingkampagne mit TV-Spots.

Wie lange bleiben Sie an der Puma-Spitze – werden Sie wie Ihr Vorgänger Jochen Zeitz mit Mitte 40 Platz machen für einen Jüngeren?

Ich habe ja gerade erst meine ersten 100 Tage absolviert. Aber ich bevorzuge – wie Jochen Zeitz – Marathon statt Sprint.

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