Qatar Airways Turbulenzen für das Wunderkind vom Golf

Die Konfrontation zwischen Katar und seinen Nachbarstaaten stellt Qatar Airways vor die bislang härteste Bewährungsprobe. Die Jets müssen teure Umwege fliegen – und die ehrgeizigen Pläne der Airline geraten in Gefahr.

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Der große Bogen um Saudi-Arabien über den Oman in Richtung Iran kostet Zeit und vor allem mehr Flugbenzin. Quelle: Screenshot: Flightradar

Frankfurt Ob Laptop-Verbot, heftige Vorwürfe wegen des Umgangs mit den Mitarbeitern oder grundsätzliche Zweifel am Geschäftsmodell – Akbar al Baker wischt Kritik stets barsch beiseite. Man solle ihn gefälligst seine Arbeit machen lassen, kontert der Chef von Qatar Airways in solchen Fällen gerne mit klaren Worten. Doch dieses Mal ist alles anders.

Die Isolation des Emirates Katar durch die vier Nachbarstaaten Saudi-Arabien, Bahrain, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate hat die zweitgrößte der drei Golf-Airlines in eine handfeste Krise gestürzt. Das kann auch Al Baker nicht mehr ignorieren. Vorzeitig reiste der Luftfahrt-Manager deshalb am Montag mit seinem Privatjet vom großen Branchentreffen im mexikanischen Cancún zurück nach Doha.

Es gibt für den 1960 in Mumbai geborenen Manager viel zu besprechen. Denn die genauen Folgen des politischen Banns sind noch nicht ganz absehbar. Nur eines ist klar: Sie sind gravierend. Zum einen muss Qatar die Flüge von und in die vier arabischen Nachbarstaaten vorerst aussetzen. Betroffen sind laut dem aktuellen Flugplan gut 50 tägliche Verbindungen. Die Analysten von Frost & Sullivan schätzen laut Nachrichtenagentur Bloomberg, dass das bis zu 30 Prozent des Umsatzes betreffen könnte. Am Dienstag entzog die saudiarabische Luftfahrtbehörde Qatar Airways zudem die Lizenz. Büros der Airline im Land sollen geschlossen werden.

Damit nicht genug: Die Mittelstrecken-Flugzeuge von Qatar sind damit zu einem großen Teil ohne Aufgabe, müssen also irgendwo geparkt werden. Da der Platz am Heimatflughafen in Doha eher knapp ist, wird die Airline ihre Maschinen wohl verteilen müssen. Was mit den entsprechenden Crews geschieht, ist offen. Qatar ist nicht gerade für hohe Sozialstandards bekannt, möglicherweise werden die Mitarbeiter vorübergehend entlassen.

Unklar ist die Situation beim Thema Überflüge. Nach dem politischen Bann darf Qatar Airways wohl auch nicht mehr den Luftraum der vier Nachbarstaaten für Überfluge nutzen. Das hätte massive Folgen. Denn nach Daten der International Virtual Aviation Organization (IVAO) ist das Emirat Katar umzingelt von den Lufträumen der betreffenden vier Nachbarstaaten.

Selbst der direkte Zugang über den Persischen Golf scheint danach größtenteils blockiert zu sein, denn der iranische Luftraum, den Qatar Airways zwar weiter nutzen darf, grenzt nicht unmittelbar an das Emirat. Dazwischen liegt noch das Hoheitsgebiet von Bahrain, die Teil der Allianz gegen Katar sind. Es bleibt nur seitlich ein schmaler Korridor über das Wasser.


Umwege kosten viel Zeit und Flugbenzin

Den nutzt die Airline nun für ihre Flüge, die allerdings dazu weite Umwege in Kauf nehmen müssen. So zeigen Daten des Portals Flightradar, dass ein Flug etwa von Addis Abeba in Äthiopien nach Doha einen großen Bogen um Saudi-Arabien macht, über den Oman in Richtung Iran fliegt und erst dann westwärts Richtung Doha steuert. Das kostet Zeit und vor allem mehr Flugbenzin.

Auch für die Langstrecke nach Nordamerika und Europa muss Qatar Airways nun diesen Umweg fliegen. Das wiederum könnte weitgehende Folgen haben, denn auf bestimmten Verbindungen etwa nach Südamerika dürften nun die Treibstoffvorräte in den Langstreckenflugzeugen nicht mehr ausreichen. Sprich: Ein Nonstopflug ist nicht mehr möglich, die Flugzeuge müssen eventuell einen Tankstopp einlegen. Dafür muss die Airline aber erst wieder die erforderlichen Verhandlungen aufnehmen, um an den richtigen Stellen die erforderliche Infrastruktur vorhalten zu können.

So oder so: Für Qatar-Chef Al Baker ist der politische Bann seine bislang wohl größte Herausforderung. 1997 übernahm er den Chefposten bei der Airline – mit einem klaren Auftrag der Herrscher im Emirat, die zu 100 Prozent Eigner der Airline sind: Die Fluggesellschaft sollte das starke Wachstum der Region widerspiegeln und eine der besten der Welt werden.

Seitdem arbeitet Al Baker mit aller Kraft an diesem Ziel. 2004 bekam Qatar den begehrten fünften Stern von Skytrax, die höchste Auszeichnung in der Branche. Bis heute stehen Wachstum und Servicequalität vor Profitabilität. „Das Passagierwachstum lag seit dem Neustart 1997 bei 20 bis 30 Prozent pro Jahr", rechnet Björn Fehrm vom Branchendienst Leeham vor. Die Airline selbst behauptet, seit 2003 profitabel zu sein. Doch belastbare Zahlen gibt es nicht, da Qatar keinen testierten Jahresbericht vorlegt.

Wie es nun mit den ehrgeizigen Plänen weitergehen wird, ist offen. In einem sind sich Branchenkenner und Analysten aber einig: Je länger der politische Bann dauern wird, desto stärker gerät die Erfolgsstory von Qatar Airways in Gefahr.

Die Abflüge von Doha ähneln sich zunehmend:

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