Rabatt-Coupons BGH erlaubt Müller-Kette das Einlösen fremder Gutscheine

Einzelhändler dürfen auch künftig Gutscheine und Rabatt-Coupons von Konkurrenten annehmen. Der BGH wies am Donnerstag eine Unterlassungsklage gegen die Drogeriekette Müller in letzter Instanz ab.

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Die Müller-Kette hatte im Mai 2014 damit geworben, die Gutscheine von Drogeriemarkt, Rossmann und Douglas-Parfümerien einzulösen. Quelle: dpa

Drogerien und andere Märkte dürfen sich an Rabattaktionen der Konkurrenz „anhängen“ und damit werben, die fremden Gutscheine auch in eigenen Filialen einzulösen. So etwas sei nicht grundsätzlich unlauter, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag. Die Karlsruher Richter entschieden über eine Werbeaktion der Drogeriekette Müller.

Das Unternehmen hatte Kunden mit dem Angebot gelockt, Zehn-Prozent-Coupons von dm, Rossmann und Douglas ebenfalls anzunehmen. Aus Sicht von Wettbewerbsschützern torpediert das die Werbemaßnahmen der Konkurrenz. (Az. I ZR 137/15)

Für den BGH macht ein Gutschein den Empfänger aber noch nicht zum Kunden. Wo er ihn einlösen wolle, bleibe jedem selbst überlassen. „Das sind autonome Entscheidungen der Verbraucher, die diese erst noch treffen müssen“, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Büscher. Müller verhindere ja nicht, dass jemand den Coupon im Laden eintausche. Der Verbraucher bekomme durch die Aktion lediglich die zusätzliche Chance, auch noch anderswo günstiger einzukaufen.

Geklagt hatte die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, die sich als unabhängige Selbstkontroll-Institution der Wirtschaft versteht. Für sie brachte BGH-Anwältin Cornelie von Gierke vor, dass die Müller-Aktion fremde Werbeausgaben „in einer außerordentlich destruktiven Weise“ ausnutze. „Selbstverständlich haben wir hier einen Fall der Trittbrettfahrer-Werbung“, sagte sie. Das sei zwar nicht per se unlauter. Aber Müller kapere gleich den ganzen Wagen.

Die größten Drogerieketten in Deutschland

Müller-Anwalt Axel Rinkler hielt dagegen, dass Werbung gerade von Vielfalt und Neuerungen lebe. Das Unternehmen habe lediglich auf Aktionen der Konkurrenz reagiert. Dass dm, Rossmann oder Douglas dadurch weniger Umsatz gemacht hätten, sei zumindest nicht bekannt.

Laut Wettbewerbszentrale hatte Müller in seinen Märkten orangerote Plakate ausgehängt mit der Botschaft: „10 % Rabatt-Coupons von dm, Rossmann und Douglas können Sie jetzt hier in Ihrer Müller-Filiale auf unser gesamtes Sortiment einlösen“. Die Aktion sei in Wellen erfolgt und auch im Internet angekündigt gewesen. Müller selbst äußerte sich auf Anfrage nicht dazu, ob die Kampagne noch läuft.

Diese Produkte flogen aus den Regalen
Dentagard-ZahnpastaWeil Colgate eine versteckte Preiserhöhung durchdrücken wollte, verbannte die Drogerie-Kette dm die Zahnpasta aus den Regalen. Statt 100 Milliliter pro Tube waren nun nur noch 75 Milliliter enthalten – beim gleichbleibenden Preis von 75 Cent. dm wollte da nicht mitmachen: „Gleicher Preis bei weniger Inhalt: Da streiken wir!“ heißt es seitdem auf Schildern in den Zahnpasta-Regalen der Drogeriemarktkette. Immer wieder kommt es zum Streit zwischen Händlern und Herstellern, bei denen in der Folge Produkte ausgelistet werden. Eine Studie von Bearing Point zeigt Beispiele auf. Quelle: dpa
ViledaEdeka verbannte im August 2010 die Produkte von Vileda aus den Regalen. Der Grund: Edeka stellte Rabattforderungen an den Hersteller, die Vileda damals nicht erfüllen wollte. Quelle: Screenshot
HeinzIm August 2010 kam es zum Streit zwischen Rewe und Heinz sowie Sonnen Bassermann. Die Hersteller wollten Preiserhöhungen aufgrund von Qualitätsverbesserungen durchsetzen. Quelle: Presse
BarillaIm September 2010 verbannte Real die Produkte von Barilla und Lieken. Die Hersteller wehrten sich damals gegen Konditionsforderungen der Supermarktkette. Im März 2011 hatten beide Hersteller erneut Ärger, dieses Mal mit Lidl. Der Discounter warf Lieken fehlende Kundenorientierung vor. Quelle: Presse
StorckIm Juni 2011 listete Kaufland die Produkte von Storck ( Werther's Original, Merci, Nimm 2, Toffifee) aus, da Storck ein neues Konditionen- und Vermarktungssystem durchsetzen wollte. Quelle: Presse
P&GIm September 2011 kam es zum Streit zwischen der Coop und P&G (Welle, Lenor). Coop verlangte von P&G die Weitergabe der Währungsgewinne. Quelle: Presse
KrombacherIm Juli 2012 listete Kaufland die Biere der Brauerei Krombacher aus. Kaufland warf Krombacher ungerechtfertigte Preiserhöhungen vor. Zusätzlich forderte Kaufland Werbekostenzuschüsse. Im August 2012 hatte Krombacher den gleichen Streit mit Globus. Quelle: Presse

Um Klarheit zu schaffen, entschieden die Richter den Fall, obwohl die Wettbewerbszentrale nach ihrer Auffassung gar nicht klagen durfte. Bei bestimmten Vorwürfen wie der gezielten Behinderung könne sich nicht jeder zum Sachwalter der Betroffenen machen, sagte Büscher. Die Müller-Konkurrenten könnten gute Gründe haben, nicht vor Gericht zu ziehen - zum Beispiel wenn sie selbst eine ähnliche Aktion planten.

Tatsächlich gibt es Berichte, wonach inzwischen auch dm fremde Rabattcoupons einlöst. Geschäftsführer Erich Harsch nannte das auf Anfrage „eine individuelle Entscheidung der Verantwortlichen in den dm-Märkten, wie kulant sie mit vom Kunden vorgelegten Coupons umgehen wollen“. „Von einer Aktion unsererseits kann da keine Rede sein, denn weder werben wir damit noch gibt es hierzu interne Richtlinien.“

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