Markenschnaps bei Aldi Süd: Der Discounter führt seit Montag auch Spirituosen von Herstellern wie Ramazzotti, Jägermeister, Wodka Gorbatschow, Chantré und Baileys. Damit reagiere man auf die Nachfrage der Konsumenten, hieß es von der Supermarktkette. Der Schritt ist insofern bemerkenswert, weil Spirituosen als die letzte Bastion der Markenhersteller gelten.
Anders als bei Butter, Nudel oder Chips können die großen Supermarktketten die Schnäpse bislang nicht einfach durch Eigenmarken ersetzen. Dies liegt zum einen daran, dass Braulizenzen nicht so einfach zu erwerben sind. Zum anderen haben alkoholische Billiggetränke bei Konsumenten einen schlechten Ruf. Nun scheint sich auch Aldi dem Druck der Kunden gebeugt zu haben.
Chronologie: Der Aufstieg von Aldi
Der Bäcker Karl Albrecht startet am 10. April 1913 den Verkauf von Backwaren im heutigen Essener Stadtteil Schonnebeck.
Quelle: dpa
Karl Albrecht und seine Frau Anna eröffnen im Essener Stadtteil Schonnebeck ein „Kaufhaus für Lebensmittel“.
Nachdem Eltern das Geschäft um weitere Filialen erweitert haben, übernehmen die Söhne Karl und Theo Albrecht 1945 den Betrieb.
Die Brüder entwickeln das Geschäftsmodell weiter. Das Stammgeschäft in Essen-Schonnebeck wird zum Selbstbedienungsladen. Die Kette wächst zudem weiter. 1960 hat das Unternehmen mehr als 300 Filialen.
Das Unternehmen hat mehr als 300 Filialen.
Die Brüder teilen das Filialnetz auf. Karl konzentriert sich auf den südlichen Teil (Aldi Süd) und Theo auf den nördlichen, Aldi Nord. Sie arbeiten aber weiter eng zusammen.
Die erste Aldi-Filiale im Discount-Prinzip wird eröffnet.
1967 folgt der erste Schritt ins Ausland. Aldi Süd übernimmt das österreichische Handelsunternehmen Hofer. 1976 startet Aldi Süd in den USA. Wenige Jahre später steigt auch Aldi Nord mit der Übernahme von Trader Joe's in den US-Markt ein.
Einführung der Aktionstage. Aldi Süd führt Kühltheken für den Verkauf von Frischprodukten ein.
Aldi Süd nimmt u.a. Tiefkühlprodukte ins Sortiment auf.
Aldi Süd beginnt mit der Aufstellung von Backstationen.
Aldi-Mitbegründer Theo Albrecht (Aldi Nord) stirbt im Alter von 88 Jahren.
Aldi Nord führt ein neues Laden-Konzept mit Backstationen ein. Beginn der europaweiten Modernisierung des Filialnetzes.
Aldi-Mitbegründer Karl Albrecht stirbt mit 94 Jahren.
Mit ihrem Discount-Prinzip haben die Gebrüder Albrecht den Lebensmittehandel revolutioniert und ihre Unternehmen einen enormen Erfolg beschert. Das Forschungsinstitut EHI schätzt den Nettoumsatz von Aldi Süd im Jahr 2013 auf 13, 8 Milliarden Euro, den von Aldi Nord auf 10 Milliarden. Aldi Süd verfügt allein in Deutschland über rund 1830 Filialen, Aldi Nord über mehr als 2400. Weltweit kommen Aldi Nord und Aldi Süd zusammen auf insgesamt über 10.000 Filialen und rund 66,8 Milliarden Euro Jahresumsatz.
Wie stark die Macht der Schnäpse ist, zeigte erst Ende August das Beispiel Rewe. Wie Handelsblatt Online damals berichtete, lieferte Ramazzotti kurzerhand keine Produkte mehr an die Supermarktkette, als die Verhandlungen mit den Kölnern ins Stocken gerieten. Rewe wehrte sich mit einem Zettel am Regal und argumentierte, man handele im Sinne der Kunden. Am Ende setzte sich die Ramazzotti-Mutter Pernod-Ricard mit ihren Forderungen jedoch durch. Aldi bietet die Markenspirituosen nun zu handelsüblichen Preisen an. Eine Flasche Ramazzotti kostet 11,49 Euro, bei Rewe sind es derzeit nach Angaben der Webseite 11,95 Euro. Jägermeister kostet 7,79 Euro, Wodka Gorbatschow 8,49 Euro.
Groß geworden ist Aldi eigentlich durch Eigenmarken. An der „grundsätzlichen Strategie“ der Eigenmarken ändere sich auch nichts, schrieb Aldi in einem Statement. Der Discounter kann Produkte durch die Hausprodukte deutlich günstiger anbieten als die Konkurrenz. Inzwischen gilt Aldi sogar als Preismaßstab – wenn die Supermarktkette beispielsweise die Butterpreise senkt, reagieren die Konkurrenten gewöhnlich auch.
So kostet ab Montag der Liter Vollmilch statt 69 Cent nur noch 59 Cent, wie Aldi Nord und Aldi Süd mitteilten. Auch Milchprodukte wie Quark oder Sahne werden demnach um vier bis sechs Cent billiger. Beide Ketten reduzieren zudem die Preise für Fleischprodukte wie Bratwürste, Schweinekoteletts oder Hackfleisch. Unter den sinkenden Preisen leiden gewöhnlich vor allem die Hersteller.
Bei den Spirituosen stellt sich die Lage aber anders dar. Das zeigt auch das neue Sortiment von Aldi Süd.