Rettung scheitert Alitalia steht vor dem Aus

Die Mitarbeiter der Airline Alitalia wollen lieber ein Ende mit Schrecken, als einem drastischen Sparplan zuzustimmen. Jetzt droht die Insolvenz. Die Regierung muss einen Konkursverwalter einsetzen.

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Alitalia-Personal bei einer Demonstration in Rom im März: Die Mitarbeiter der angeschlagenen italienischen Fluglinie haben über einen drastischen Sanierungsplan abgestimmt. Quelle: AFP

Ohne Melodram geht es nicht in Italien. Doch der Showdown für die Rettung der angeschlagenen Airline Alitalia war dramatischer als gewohnt. Erst in der Nacht zum Dienstag kam das Ergebnis des Referendums, bei dem die 12.500 Mitarbeiter der Fluggesellschaft einem drastischen Sparprogramm zustimmen sollten. Der Kompromiss zwischen Unternehmensführung und Gewerkschaften war nach langen Verhandlungen erst vor einer Woche ausgehandelt worden. Die Gewerkschaften hatten durchgesetzt, dass darüber abgestimmt werden musste.

Nach Mitternacht kamen die Zahlen: Nach Angaben der Gewerkschaften stimmten 67 Prozent der Mitarbeiter gegen das Sparprogramm. Es war ein glattes „Nein“ gegen den Sanierungsplan, trotz flammender Appelle der Regierung und sogar der großen Dachgewerkschaften.

Massiv hatte der italienische Premier Paolo Gentiloni am Wochenende eingegriffen und gewarnt: „Ich möchte allen Beteiligten den Ernst der Lage ins Gedächtnis rufen“, sagte er. Es gebe keinen Plan B, Alitalia sei ein privates Unternehmen. Und weiter: „Ich weiß, dass den Mitarbeitern Opfer abverlangt werden, aber ich weiß auch, dass Alitalia ohne die Einigung über den neuen Strategieplan nicht überleben kann.“

„Wer mit Nein stimmt, muss die Verantwortung dafür übernehmen, dass die Airline aufgelöst wird", sagte Alitalia-Verwaltungsrat Luca Cordero di Montezemolo nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa. Und Verkehrsminister Graziano Delrio legte nach: „Es gibt keine Staatshilfe und keine Verstaatlichung.“ Selbst die großen Gewerkschaften hatten ihren Mitgliedern geraten, dem Plan zuzustimmen. Doch die Stimmung an der Basis war sehr gereizt.

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Der ausgehandelte Sanierungsplan für die chronisch defizitäre Airline ist drastisch: Die Zahl der Festangestellten beim Bodenpersonal soll von 1338 auf 980 reduziert und die Gehälter im Schnitt um acht Prozent gekürzt werden. Die Kosten insgesamt sollten um ein Drittel gesenkt werden.

Dafür sollte es eine Finanzspritze der Großaktionäre Unicredit und Banca Intesa in Höhe von zwei Milliarden Euro geben sowie eine Staatsgarantie der Invitalia in Höhe von 300 Millionen Euro, die das Finanzministerium in den Nachtragshaushalt geschrieben hatte. Geplant sei außerdem die Erschließung neuer Routen und die Modernisierung der Flotte, hatte Montezemolo gesagt, der das Unternehmen in Kürze verlässt. Daher das Zittern bis zum letzten Moment.


Wie es nun mit Alitalia weitergehen könnte

An den beiden Mailänder Flughäfen Malpensa und Linate war schnell klar, dass die Mehrheit „Nein“ gestimmt hatte, vor allem das Flugpersonal. „Wir haben schon 2014 auf Gehalt verzichtet, es ist schwer, weiter Vertrauen in das Unternehmen zu haben“, erklärte der Langstreckenpilot Stefano Di Cesare der Tageszeitung „Corriere della Sera“ die Stimmung der Mitarbeiter. „Lieber Selbstmord als neue Opfer“, kommentierte die italienische „Huffington Post“ noch in der Nacht.

Jetzt tritt der Verwaltungsrat am Dienstag – einem Feiertag in Italien - zusammen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Die Gewerkschaften baten noch in der Nacht, neu zu verhandeln. Der offizielle Weg sieht vor, dass jetzt das Unternehmen kommissarisch geleitet wird. Das Industrieministerium muss einen bis drei Kommissare ernennen. Findet sich dann innerhalb der nächsten 15 Tage kein Käufer, wird die Insolvenz erklärt. Das bedeutet den Verkauf von Unternehmensteilen und zwei Jahre Arbeitslosengeld für die Mitarbeiter.

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Ohne Platzierung: München (MUC), Berlin-Tegel (TXL), Stuttgart (STR) Quelle: dpa
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Platz 24: Berlin-Schönefeld (SXF) Quelle: dpa
Platz 19: Düsseldorf (DUS) Quelle: dpa
Platz 18: Köln/Bonn (CGN) Quelle: dpa/dpaweb
Platz 5: Manchester (MAN) Quelle: REUTERS
Platz 4: London-Stansted (STN) Quelle: AP

Die Kreditgeber hatten ihre Zusage an ein „Ja“ der Mitarbeiter zum Sanierungsplan geknüpft. Zu den Geldgebern und Aktionären gehört auch die Großbank Unicredit. Deren CEO Jean-Pierre Mustier hatte vor kurzem bei der Hauptversammlung gesagt, Unicredit habe bereits in drei Jahren 500 Millionen Euro an Hilfe für Alitalia verloren und „jetzt können wir nicht mehr verlieren“. Allein im vergangenen Jahr hat Alitalia Verluste in Höhe von 460 Millionen Euro eingefahren. Die Liquidität reicht nur noch bis Ende Mai.

Alitalia steckt seit Jahren in der Krise. Die Fluggesellschaft hat mit Billigfliegern zu kämpfen, die in den vergangenen Jahren massiv auf den italienischen Markt gedrängt sind. Die Übernahme von 49 Prozent der Anteile durch die Airline Etihad aus Abu Dhabi sollte den Neustart bringen. Doch die Beteiligung erwies sich für die Araber als teures Zuschussgeschäft – genau wie ihre Beteiligung an Air Berlin.

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