Rocket Internet Schreckensnachricht um Mitternacht

Überraschend hat Rocket Internet in der Nacht tiefrote Halbjahreszahlen verkündet. Wertberichtigungen im internationalen Geschäft verhagelten der Berliner Start-up-Fabrik die Bilanz. Was dahinter steckt.

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Der drastische Wertverlust seiner Modehandels-Beteiligungen drückt den Berliner Startup-Investor tief in die roten Zahlen. Quelle: Reuters

Berlin Die E-Mail kam überraschend, und überdies zu einer ungewöhnlichen Uhrzeit. Offiziell wollte Rocket Internet seine Halbjahreszahlen erst am 22. September vorlegen. Doch den Buchhaltern in der Start-up-Fabrik war aufgefallen, dass für die Monate von Januar bis Juni einen Verlust von 617 Millionen verbucht wurde. In so einem Fall muss ein börsennotierter Konzern eine Ad-hoc-Meldung herausgeben.

Um acht Minuten nach Mitternacht verschickte Rocket vorsorglich eine Pressemitteilung, in der darauf hingewiesen wurde, dass vor allem die Wertberichtigungen bei der Global Fashion Group (GFG) das Konzernergebnis belasten. Die GFG ist eine Gruppe von Zalando-Klonen, die Online-Shops unter anderem in Dubai, in Russland oder Südostasien betreiben.

Schon im April hatten Rocket und der andere Großinvestor, die schwedische Kinnevik-Gruppe im Rahmen dem Mode-Start-up eine Finanzspritze von 300 Millionen angekündigt. Im Juli wurde das Geschäft vollzogen. In diesem Zuge wurde die Firma neu bewertet, und zwar mit einer Milliarde Dollar, zwei Milliarden weniger als zuvor. Im ersten Quartal des Jahres stieg der Umsatz der Global Fashion Group um 25,7 Prozent, mit jedem umgesetzten Euro macht die Gruppe aber noch immer 23,4 Cent Verlust.

Das Klamotten-Geschäft ist äußerst kapitalintensiv: Wenn sich ein Online-Shop rentieren soll, braucht er viele Kunden, die mit enormem Marketingaufwand geworben werden. In Indien, einem Land mit viel Konkurrenz, wurde der GFG und ihren Investoren – neben Rocket ist das vor allem die schwedische Kinnevik-Gruppe – dieser Aufwand zu groß. Die GFG-Tochter Jabong wurde verkauft, vermutlich zu einem Preis, der unter dem eingesetzten Kapital lag.

In anderen Märkten läuft es deutlich besser: Namshi im Nahen Osten beispielsweise ist im ersten Quartal dieses Jahres schon fast profitabler. Das liegt nicht nur an der noch entspannten Wettbewerbsposition sondern auch daran, dass Leute in wohlhabenderen Ländern teurere Kleider kaufen, was gut ist für die Marge.

Insider sind optimistisch. Die neuen Geschäftsführer, Romain Voog und Nils Chrestin, hätten die Prozesse in den Griff bekommen. So würden sich die einzelnen Firmen jetzt besser untereinander austauschen, und die Einkäufe gemeinsam getätigt. Auch die Eigenmarkenquote sei erhöht worden. Klamotten, die ein Onlineshop nicht einkauft, sondern selbst produzieren lässt, sind auch gut für die Marge. Nicht abschätzbar ist hingegen, wie sich der Wettbewerb entwickelt.

Noch unklar ist auch, welche weiteren Abschreibungen Rocket vornehmen musste. Darüber will der Konzern wie geplant erst am 22. September Auskunft geben. Dann erst werden auch Details zum operativen Geschäft bekanntgegeben, das laut Finanzchef Peter Kimpel voll im Plan liegen soll.

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