Rossmann "An Pampers und Persil verdienen wir keinen Cent"

Dirk Roßmann will dem Preisverfall im Handel trotzen. Im Interview erklärt der Chef der Drogeriemarktkette Rossmann, wie es um eine Partnerschaft mit Alnatura steht - und warum er mal eine Großbestellung bei Amazon storniert hat.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Dirk Roßmann eröffnete 1972 den ersten Drogerie-Discountmarkt Deutschlands. Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Herr Roßmann, in Ihren Märkten verkaufen Sie gerade Melitta-Kaffee für 3,49 Euro. Auch für Großpackungen Pampers-Windeln und Persil-Waschmittel rufen Sie Kampfpreise auf. Verdienen Sie damit noch Geld?

Dirk Roßmann: An Pampers und Persil verdienen wir unterm Strich keinen Cent. Darum geht es auch nicht. Unser Geschäft basiert nicht darauf, dass wir mit den großen Markenartikeln Profit machen.

Womit machen Sie denn Profit?

Die großen Namen sorgen dafür, dass mehr Leute in unsere Läden kommen. Wenn es uns dann gelingt, dass die Kunden nicht nur zu den Werbeartikeln greifen, sondern auch eine Haarbürste mitnehmen, beginnen wir Geld zu verdienen. Die Mischung macht‘s. Aber klar ist auch, dass gerade ein heftiger Preiskampf tobt. Markenprodukte werden immer billiger.

Woran liegt’s?

Die Drogeriekette Müller expandiert, dm macht jedes Jahr neue Läden auf und wir wachsen ebenfalls. Zudem bauen die Lebensmittelhändler ihr Drogeriesortiment aus. Wenn ein Discounter wie Aldi plötzlich Nivea verkauft, geht das am Markt nicht spurlos vorbei…

Zur Person

…und auch nicht an Ihrer Bilanz. Ihre Wachstumsraten bröckeln, der Gewinn von Rossmann schmilzt.

Das klingt viel dramatischer als es in Wahrheit ist. Sicherlich sind die Zeiten zweistelliger Wachstumsraten  vorbei. Aber wir haben 2015 rund 270 Millionen Euro vor Steuern verdient, unser Umsatz ist um 9,4 Prozent auf 7,9 Milliarden Euro geklettert. Auch im ersten Halbjahr 2016 haben wir unsere Rendite auf hohem Niveau gehalten, der Konzernumsatz ist um rund sieben Prozent gestiegen. Wer im deutschen Einzelhandel mit solchen Zahlen unzufrieden ist, leidet an Realitätsverlust. Wir sind jedenfalls völlig entspannt, zumal Rossmann nach wie vor die höchste Ertragskraft unter den Drogeriemärkten hat.

Beim Umsatz sind Sie aber nur die Nummer zwei hinter dm. Ärgert Sie das?

Früher gab es bei mir schon ein Gefühl von Rivalität. Aber ob dm nun mehr Umsatz macht als wir,  spielt für mich heute keine große Rolle. Wichtig ist, dass es dem Unternehmen Rossmann gut geht, und dass wir die Bevölkerung mit möglichst guten und preiswerten Produkten versorgen. Der deutsche Einzelhandel macht da insgesamt schon einen sehr guten Job.

Führende Drogeriemarktketten

Das klingt jetzt sehr staatstragend. Wo ist denn Ihr Kampfgeist geblieben?

Keine Sorge, der ist stärker denn je. Aber meine Perspektive hat sich über die Jahre etwas verschoben. Früher hatte ich hohe Schulden, ich musste Gewinne machen, damit die Banken mir weiter Kredit gaben. Diese Zeit ist zum Glück vorbei. Heute geht es uns wirtschaftlich gut. Wir könnten auch mal drei Jahre ohne Gewinn arbeiten und stünden nicht am Abgrund. Das gibt mir deutlich mehr Gelassenheit – und es macht einen riesigen Spaß, eine erfolgreiche Firma zu führen.

Was tun Sie dafür, dass das so bleibt?

Wir expandieren und investieren. Gerade haben wir für die Läden ein neues Design entwickelt, dass wir sukzessive umsetzen. Alle Filialen werden nach und nach modernisiert. Allein in diesem Jahr werden wir rund 100 Filialen umbauen und 130 bis 140 Läden neu eröffnen.

Es gibt doch schon an jeder Ecke einen Drogeriemarkt. Wie viel Platz sehen Sie noch für neue Rossmann-Standorte?

Momentan betreiben wir 2000 Filialen in Deutschland, 500 weitere sind in den kommenden fünf Jahren möglich, dann nähern wir uns der Sättigungsgrenze. Aber wir sind auch im Ausland aktiv. Wir entwickeln gerade den türkischen Markt und eröffnen allein in Polen jedes Jahr über 100 neue Läden. Da steckt noch viel Dynamik drin.

Setzen Sie auf neue Waren im Sortiment?

Wir bauen unser Angebot in einzelnen Bereichen natürlich aus, zuletzt etwa bei Kosmetikartikeln. Oder nehmen Sie unsere Bio-Produkte. Die laufen gut, mit stark wachsender Tendenz. Daher wollen wir unser Bio-Sortiment erweitern und werden auch neue Produkte anbieten.

"Drogerieartikel im Internet zu verkaufen ist ein schwieriges Geschäft"

Ihr Wettbewerber dm hat vor einiger Zeit die Partnerschaft mit der Bio-Marke Alnatura gekappt. Wird es Alnatura-Produkte bald bei Rossmann geben?

Natürlich ist Alnatura eine interessante Marke für uns. Wir führen seit einiger Zeit Gespräche mit Alnatura. Dabei geht es noch nicht um das komplette Sortiment, aber über Teile sprechen wir. Entschieden ist allerdings noch nichts.

Werden die Menschen künftig ihre Drogerieartikel verstärkt im Internet kaufen? Amazon prescht vor und bietet Vorratsboxen mit Waschmitteln und Duschgel an.

Da fragen Sie den Richtigen. Schauen Sie sich mal in meinem Büro um: kein Laptop, kein Tablet. Und mein Handy ist meist ausgeschaltet. In der digitalen Welt bin ich nicht zu Hause, und meine Söhne haben mir schon verboten, über den Online-Handel zu sprechen, weil ich davon keine Ahnung hätte. (Lacht) Aber im Ernst: Wir spüren im Moment noch nichts von Amazon, aber die Zukunft wird neue Herausforderungen auch für uns bringen.

Wie läuft denn der Rossmann-Onlineshop?

Wir machen im Internet rund 23 Millionen Euro Umsatz im Jahr, schreiben aber keine Gewinne. Drogerieartikel im Internet zu verkaufen ist ein schwieriges Geschäft. Die Margen sind viel niedriger als im Textil- oder Elektronikhandel, daher bin ich persönlich vorsichtig. Aber die Experten im Haus und meine Söhne sehen das anders.

Die größten Lebensmittelhändler Deutschlands

Kaufen Sie selbst im Internet ein?

Ich kaufe mir maximal ein Eis an der Ecke, ansonsten kaufe ich sowieso nichts und schon gar nicht online. Als hier in der Rossmann-Zentrale mal 100 Bücher bei Amazon bestellt wurden, habe ich das direkt stornieren lassen.

Warum?

Es ging um einen Bestellwert von rund 2000 Euro! Das ist viel Geld für den Buchhändler hier im Ort. Ich wollte, dass er den Umsatz macht, und nicht Amazon.

Was haben Sie denn gegen den Internetgiganten?

Ich habe nichts dagegen, dass es große Firmen gibt. Rossmann ist schließlich selbst groß. Mein Problem ist die Ungleichbehandlung. Konzerne wie Amazon zahlen kaum Steuern in Deutschland und haben damit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber lokalen Händlern. Das muss ich nicht noch unterstützen. Außerdem gibt es bei vielen Internetkonzernen einen Allmachtsanspruch, den ich sehr skeptisch sehe. Dort sind viele Menschen nur damit beschäftigt, darüber nachzudenken, wie unsere Zukunft aussehen soll. Ich möchte aber über meine Zukunft selbst nachdenken und bestimmen.

Dann investieren Sie privat auch nicht in Online-Unternehmen oder Start-ups?

Wir spielen innerhalb der Familie gemischtes Doppel. Meine Söhne sind bei allen Digitalthemen sehr aktiv. Zudem haben wir die Rossmann Beteiligungsgesellschaft, die direkt und indirekt an 100 Unternehmen beteiligt ist, darunter etwa Kunststoffhersteller Simona und die Molkerei Schwälbchen. Wir investieren als Familie auch jedes Jahr in rund 20 Gewerbeimmobilien, und ich bin in größerem Umfang an der Börse aktiv.

In welche Aktien investieren Sie?

Ich halte seit ein paar Jahren Anteile an der Deutschen Beteiligungs AG. Nach dem Brexit-Votum der Briten habe ich zum Beispiel für einen größeren Betrag BMW und Daimler-Aktien gekauft.

Ihr Sohn Raoul ist seit 2015 in der Geschäftsführung. Geben Sie ihm doch mal ein Zwischenzeugnis.

Raoul hat in einem Interview mal gesagt, er hätte es sich mit mir schlimmer vorgestellt. Das kann ich nur zurückgeben. (Lacht) Tatsächlich hatte ich von Anfang an erwartet, dass es gut funktioniert. So ist es auch gekommen.

Sie werden im September 70 Jahre alt. Wollen Sie sich dann aus dem operativen Geschäft zurückziehen?

Solange ich gesund bin und alle froh sind, dass ich ihnen Arbeit abnehme, wäre es doch Quatsch, zu Hause rumzusitzen. Wenn mir meine Familie das Gefühl gibt, dass sie mich im Unternehmen nicht mehr braucht, dann höre ich auf. Aber davon spüre ich noch nichts.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%