Rubel-Absturz Russland wird zum Albtraum für deutsche Händler

Auch Handelskonzerne wie Metro, Otto, Rewe und Obi bekommen den Rubel-Absturz zu spüren - und zwar mit Wucht.

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Als Metro-Chef Olaf Koch heute in Düsseldorf die Bilanz für das Geschäftsjahres 2013/14 vorstellte, hatte er eigentlich Positives zu verkünden: Der Handelskonzern ist in die Gewinnzone zurückgekehrt, der flächenbereinigte Umsatz blieb stabil bei rund 63 Milliarden Euro, für die Aktionäre soll es eine Dividende von 0,90 Cent pro Aktie geben.

Im Rumpfgeschäftsjahr zuvor waren die Anteilseigner leer ausgegangen. Barclays-Analysten sprachen von „ermutigenden“ Zahlen.

Einziges Problem: Das Russland-Geschäft. Der Kurssturz des Rubel schlägt direkt auf die Metro-Bilanzen durch, denn Russland ist der wichtigste Auslandsmarkt für den Konzern. In den 136 russischen Filialen erzielten die Großmarktsparte und die Elektroniktochter Media Markt hier im vergangenen Geschäftsjahr rund 5,2 Milliarden Euro Umsatz.

Ein Kurs von 80 Rubel pro Euro würde das Ergebnis jedoch um rund 200 Millionen Euro drücken, sagte Koch. Am Mittag lag der Wechselkurs bei 90 Rubel je Euro, zwölf Prozent tiefer als am Vortag. Die Notenbank hatte in der Nacht zum Dienstag eigentlich versucht, den Wert der Währung zu stabilisieren.

In einem überraschenden Schritt erhöhte sie ihren Leitzins um 6,5 Punkte auf 17 Prozent, um die Attraktivität der heimischen Währung zu steigern. Für die ohnehin angeschlagene Konjunktur Russlands ist der Zinssprung ein Schlag, weil höhere Zinsen den privaten Verbrauch und die Investitionen der Unternehmen zusätzlich belasten dürften.

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Aktienkurse in Moskau brachen ein

Entsprechend brachen die Aktienkurse an der Moskauer Börse ein. Mit der Situation geht ein weiteres Problem einher, vor dem Metro in Russland steht. Schon Anfang des Jahres hatte sie signalisiert, ihre russischen Großhandelstochter an die Börse zu bringen. Erlöse von bis zu einer Milliarde Euro sollten in das Wachstum des Gesamtkonzerns gesteckt werden.

Nachdem die Auseinandersetzung mit der Ukraine eskalierte, wurden die Pläne auf Eis gelegt.  Es wäre Unsinn, derzeit wieder über eine Neuauflage der IPO-Pläne zu reden, sagte Metro-Chef Koch. Er befürchte, dass der Dialog zwischen Russland und dem Westen im Ukraine-Konflikt derzeit eher nachlasse – mit möglicherweise verheerenden Folgen.

Wo deutsche Unternehmen in Russland aktiv sind
E.On-Fahnen Quelle: REUTERS
Dimitri Medwedew und Peter Löscher Quelle: dpa
Dem Autobauer bröckelt in Russland die Nachfrage weg. Noch geht es ihm besser als der Konkurrenz. Martin Winterkorn hat einige Klimmzüge machen müssen - aber theoretisch ist das Ziel erreicht: Volkswagen könnte in Russland 300.000 Autos lokal fertigen lassen. Den Großteil stellen die Wolfsburger in ihrem eigenen Werk her, das 170 Kilometer südwestlich von Moskau in Kaluga liegt. Vor gut einem Jahr startete zudem die Lohnfertigung in Nischni Nowgorod östlich Moskau, wo der einstige Wolga-Hersteller GAZ dem deutschen Autoriesen als Lohnfertiger zu Diensten steht. Somit erfüllt Volkswagen alle Forderungen der russischen Regierung: Die zwingt den Autobauer per Dekret dazu, im Inland Kapazitäten aufzubauen und einen Großteil der Zulieferteile aus russischen Werken zu beziehen. Andernfalls könnten die Behörden Zollvorteile auf jene teuren Teile streichen, die weiterhin importiert werden. Der Kreml will damit ausländische Hersteller zur Wertschöpfung vor Ort zwingen und nimmt sich so China zum Vorbild, das mit dieser Politik schon in den Achtzigerjahren begonnen hat. Die Sache hat nur einen Haken: Die Nachfrage in Russland bricht gerade weg - nicht im Traum kann Volkswagen die opulenten Kapazitäten auslasten. 2013 gingen die Verkäufe der Marke VW um etwa fünf Prozent auf 156.000 Fahrzeuge zurück. Wobei die Konkurrenz stärker im Minus war. Hinzu kommt jetzt die Sorge um die Entwicklungen auf der Krim. VW-Chef Martin Winterkorn sagte der WirtschaftsWoche: "Als großer Handelspartner blicekn wir mit Sorge in die Ukraine und nach Russland." Er verwies dabei nicht nur auf das VW-Werk in Kaluga, sondern auch auf die Nutzfahrzeugtochter MAN, die in St. Petersburg derzeit ein eigenes Werk hochfährt. Der Lkw-Markt ist von der Rezession betroffen, da die Baukonjunktur schwächelt. Quelle: dpa

Schon in den vergangenen Wochen sollen russische Behörden die Gangart gegenüber westlichen Konzernen verschärft haben, heißt es in der Branche. So geriet Metro unlängst bereits ins Visier des russischen Zolls. In einem Markt wurden Lebensmittel gefunden, die mit einem Importverbot aus EU-Staaten belegt sind.

Darunter seien Käse, Fleisch, Obst und Gemüse unter anderem aus den Niederlanden, Italien und Portugal, sagte der Zoll im mehr als 1000 Kilometer östlich von Moskau gelegenen Ufa der Staatsagentur Tass. Die Polizei untersuche den Fall, hieß es. „Nach unseren Dokumenten stehen alle Produkte in Einklang mit den Bestimmungen der russischen Regierung“, hieß es bei Metro dazu.

Gegenüber den Währungsproblemen sind derlei Eingriffe indes nur eine Randnotiz. Die Verluste des Rubel in den zurückliegenden Monaten sind gewaltig: Seit Jahresbeginn hat die Währung mehr als die Hälfte ihres Werts verloren.

Krise in Russland 

Wie Metro leiden auch zahlreiche andere Branchengrößen unter der Krise und dem Währungsfall in dem Land, das lange Zeit als Eldorado für deutsche Handelskonzerne galt. Gleich reihenweisen expandierten die Metro & Co. nach dem Ende des Kalten Krieges nach Osten und bauten ihre Marktposition in Russland aus.

Der Versandgigant Otto erzielt pro Jahr umgerechnet rund 500 Millionen Euro Umsatz in Russland, die Baumarktkette Obi versorgte russische Heimwerker zuletzt mit Sägen, Äxten und Hämmern im Wert von 861 Millionen Euro. Der Kaffeeröster Tchibo und die Rewe-Gruppe sind ebenfalls seit Jahren vor Ort. Sie alle bekommen nun die Währungsverwerfungen zu spüren.

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