Rudolf Wöhrl und SinnLeffers Neue Kleiderordnung in Nürnberg und Hagen

Während sich das insolvente Textilunternehmen SinnLeffers mehr Zeit für die Sanierung verschafft, steuert die frühere Schwestergesellschaft Wöhrl auf einen Verkauf zu. Bis Ende Januar soll eine Entscheidung fallen.

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Der Schriftzug der Modehauskette Wöhrl Quelle: dpa

Kein Glamour, kein Glitzer, kein Pomp. Die Zentrale des Textilhändlers SinnLeffers in Hagen hat wenig mit jenen Attributen gemein, die normalerweise der Modebranche zugeschrieben werden. Stattdessen: Verwaltungstristesse in einem Zweckbau am Rande der Stadt. „Wir sind zwar so asketisch wie Aldi, aber bislang leider nicht so erfolgreich", sagt denn auch SinnLeffers-Geschäftsführer Friedrich-Wilhelm Göbel.

Tatsächlich hat das Hagener Textilunternehmen, das aktuell in 23 Filialen rund 1260 Mitarbeiter beschäftigt, im September 2016 Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Seither versuchen Göbel und der Sanierungsgeschäftsführer Thomas Kluth das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen. Überwacht werden sie dabei vom Insolvenzexperten Rolf Weidmann von der Wirtschaftskanzlei Görg, der als Sachwalter dafür sorgen soll, dass die Interessen der Gläubiger gewahrt werden.

Am vergangenen Donnerstag konnte das Sanierungstrio erste Fortschritte bei ihrer Rettungsmission verkünden. „Die Gläubiger haben uns die Möglichkeit gegeben, weiter zu machen“, sagte Unternehmenschef Göbel der WirtschaftsWoche. Laut Sachwalter Weidmann haben „vor allem die Lieferanten und Vermieter „Interesse an einer Fortführungsperspektive“.

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Die Gläubiger hatten zuvor einstimmig beschlossen, dass das Management SinnLeffers weiter in Eigenregie sanieren darf. Voraussetzung dafür war, dass das Unternehmen keine Verluste mehr schreibt. In Verhandlungen mit den Vermietern - darunter eine Grundstücksgesellschaft des C&A-Clans Brenninkmeyer - war es Göbel und Kluth gelungen, die Kosten deutlich zu senken. Auch die Verwaltungsausgaben wurden nachjustiert. Die Bestätigung der Eigenverwaltung nehme nun „vor allem Druck aus dem Verkaufsprozess“, so Göbel.

Im Dezember hatte er gegenüber der „Textilwirtschaft“ von zwei ernstzunehmenden Interessenten gesprochen. Doch die Verhandlungen sind komplex und dauern offenbar länger als erhofft. Durch die Entscheidung der Gläubiger sei das Unternehmen nun in der Lage zu verhandeln, „ohne einen Stichtag im Nacken zu haben, bis zu dem es eine Lösung geben muss", erklärt Göbel. Klar sei aber auch, dass SinnLeffers auf Dauer einen neuen Investor braucht. „Das operative Geschäft läuft zwar stabil, aber die Häuser müssen modernisiert werden, wir brauchen auch einen regionaleren Zuschnitt des Sortiments“, sagt Göbel. Logistik, IT und ein Online-Konzept seien weitere Themen, die SinnLeffers aus eigener Kraft nicht stemmen könne. Im zweiten Quartal sollen die Gespräche über eine Sanierungslösung abgeschlossen werden.

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Bis dahin muss das Unternehmen vor allem die Entflechtung vom ebenfalls insolventen Nürnberger Schwesterunternehmen Wöhrl hinbekommen. 2013 hatte die Familie um Gerhard Wöhrl SinnLeffers gekauft. Beide Gesellschaften blieben zwar gesellschaftsrechtlich getrennt, waren bis vor Kurzem aber operativ und personell verflochten. So wurden Marketing, IT, Finanzen, Personal und Controlling aus Nürnberg gesteuert und über einen Servicevertrag abgerechnet.

Nun muss SinnLeffers eigene Strukturen schaffen. „Wir haben bereits das Marketing wieder nach Hagen zurückgeholt und bauen jetzt einen eigenen Einkauf auf“, sagt Göbel. Denn Ende März läuft der Dienstleistungsvertrag mit Wöhrl aus. „Spätestens dann müssen unsere eigenen Systeme stehen – mit Ausnahme der IT."

"Aktuell sind noch vier Interessenten im Rennen"

Läuft alles Plan, dürfte die Schwesterfirma Wöhrl zu diesem Zeitpunkt bereits in der Hand eines neuen Investors sein. Denn während sich die Sanierer in Hagen mehr Zeit nehmen, halten die Nürnberger an ihren sportlichen Verkaufsplänen fest. „Wir planen, dass wir bis Ende des Monats den Investorenprozess beendet haben und das Verfahren schnell abschließen können“, sagte Wöhrl-Restrukturierungsvorstand Christian Gerloff der WirtschaftsWoche. 170 Bieter hatten Jan-Hendrik Röver und Thomas Sittel von der für den M&A-Prozess angeheuerten Beratungsfirma Goetzpartners zuvor angesprochen, 35 davon unterzeichneten Vertraulichkeitserklärungen, und gut eine Handvoll durfte in die Bücher schauen.

Zum finalen Bieterkreis gehört nun die Enkelgeneration der Familie Wöhrl um Olivier Wöhrl, der bereits bis zum Insolvenzantrag im September Vorstandschef war. Er hatte sich zuletzt selbst öffentlichkeitswirksam als Kaufkandidat geoutet – ob mit oder ohne Segen seines Beraters Moritz Freiherr von Hutten zum Stolzenberg ist indes fraglich.

In Wöhrl-Kreisen wurde der Schritt als „Verhandlungstaktik“ interpretiert, um andere Interessenten wie den mittelständischen Textilfilialisten Röther abzuschrecken, der dem Vernehmen nach gemeinsam mit dem Modedienstleister Katag ein Angebot erwägt. Auch Tempus Capital aus Frankfurt und die Royal Spirit Group aus Hongkong werden in der Branche als Interessenten mit Außenseiterchancen gehandelt. „Aktuell sind noch vier Interessenten im Rennen“, sagt Restrukturierungsvorstand Gerloff zum Verkaufsprozess, ohne Namen zu nennen.

Egal, wer am Ende den Zuschlag erhält, Anleger, die in die 30 Millionen Euro schwere Mittelstandsanleihe des Unternehmens investiert haben, dürften nur einen Bruchteil ihres Einsatzes wiedersehen. Im Gespräch sei derzeit eine geringe Barquote an die Anleihegläubiger, heißt es im Unternehmensumfeld. Je nach Verlauf des Investorenprozesses könnte es aber auch auf eine Beteiligung an späteren Erträgen des verkauften Unternehmens etwa über einen sogenannten Besserungsschein hinauslaufen, oder aber auf eine Kombination beider Varianten. Dazu muss jedoch der Nürnberger Anwalt Christian H. Gloeckner als gemeinsamer Vertreter der Anleihegläubiger zustimmen. Ob er dazu ohne weitere Gläubigerversammlung bereit wäre, ist derzeit offen und könnte den engen Zeitplan im Zweifel noch aus dem Takt bringen. Sein Gegenpart auf Emittentenseite ist diesmal überraschend Frank Günther von One Square Advisors, der sonst in der Regel als Gemeinsamer Vertreter der Anleihegläubiger auftritt.

Jenseits aller Verfahrensfinessen scheint es bei Wöhrl indes operativ wieder aufwärts zu gehen. „Umsatz und Ergebnis von Wöhrl lagen im Weihnachtsgeschäft über dem Vorjahr“, so Gerloff. Gemeinsam mit dem vom Insolvenzgericht eingesetzten Sachwalter Volker Böhm von der Kanzlei Schultze & Braun hat er das Traditionsunternehmen in den vergangenen Monaten auf Sanierungskurs gebracht.

Mit Vermietern und Lieferanten wurden neue Konditionen ausgehandelt, insgesamt sieben unrentable Standorte wurden geschlossen. Von den 2000 Beschäftigten müssen rund 140 gehen. Auch die geschäftlichen Beziehungen und Darlehensverträge zwischen Wöhrl und der Familie Gerhard Wöhrl ließen Gerloff und Böhm unter die Lupe nehmen. Die beauftragten Prüfer von KPMG fanden dem Vernehmen nach aber keine Hinweise auf Konstruktionen, die insolvenzrechtlich bedenklich wären. Und auch bei SinnLeffers sieht der dort zuständige Sachwalter Weidmann bislang „keine Anfechtungs- oder Schadensersatzansprüche gegenüber früheren Gesellschaftern."

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