Schlecker Drogerie-Umsätze brechen wegen Ausverkauf ein

Die Räumungsverkäufe bei Schlecker drücken den Umsatz der gesamten Drogeriemarktbranche, zeigt eine Analyse der GfK. Zudem nutzten viele Verbraucher die Rabattschlacht, um im großen Stil Shampoo, Seife & Co. zu bunkern. Nun stockt der Absatz von Markenprodukten – wenn auch nur vorübergehend.

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Der Schrecken der deutschen Konsumgüterbranche hat einen Namen: Horst Thiele. Der Rentner und Protagonist in einem YouTube-Video, das derzeit die Runde macht, kaufte jüngst eine Schlecker-Filiale in Brandenburg an der Havel leer. Er hortete Dutzende Packungen Toilettenpapier, verteidigte seine Beute gegen andere Kunden, die auch von Ausverkaufsrabatten von bis zu 70 Prozent bei der insolventen Drogeriekette profitieren wollten. „Das reicht für ein Jahr“, kommentierte Thiele, bevor er die Ware in einem Taxi verstaute.

Der inzwischen auf „Schlecker-Opa“ getaufte Internet-Held mag ein Extremfall sein. Doch tatsächlich bewirkten die Räumungsverkäufe von Schlecker-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz offenbar, dass Kunden Seife und Shampoo im großen Stil bunkerten. In einer Analyse des Marktforschers GfK heißt es, viele Haushalte hätten sich „dank attraktiver Promotions in vielen Warengruppen ausreichend bevorratet“. Die Drogeriebranche „wird folglich an Schlecker noch eine Weile zu leiden haben“. Im April und Mai brachen die Umsätze von Drogerien laut GfK um 4,8 und 6,6 Prozent zum Vorjahr ein, was aber auch an den niedrigeren Preisen bei Schlecker gelegen haben dürfte. Einzelne Händler wie Rossmann bestreiten zumindest, dass es in den vergangenen Monaten zu Umsatzrückgängen gekommen ist. „Im Gegenteil“, sagte ein Sprecher des Unternehmens, „es lief außerordentlich gut“. Allerdings dürften Ex-Schlecker-Kunden ihren Bedarf nicht nur bei Drogeriemärkten decken, sondern teilweise auch bei Lebensmittelhändlern. 

GfK-Experte Wolfgang Adlwarth schätzt, dass nur etwa 40 Prozent der ehemaligen Schlecker-Umsätze zu anderen Drogerieketten wandern werden. Ein etwa gleichgroßes Stück könnten sich insgesamt Supermärkte, SB-Warenhäuser, Fachgeschäfte wie Parfümerien sowie Apotheken von dem zu verteilenden Umsatzkuchen abschneiden. In Richtung der Discounter würden sich wahrscheinlich etwa 20 Prozent des ehemaligen Schlecker-Umsatzes verschieben. Viele Lebensmittelhändler hofften auf steigende Drogeriewaren-Umsätze. Aber selbst dort sieht die GfK im Mai aufgrund des Schlecker-Ausverkaufs eine Flaute: Im Drogeriesortiment seien bei SB-Häusern und Discountern Käuferreichweite, ‧Kauffrequenz und Bon-Summe im Mai „durchweg rückläufig“ gewesen. 

Die Marktforscher sprechen insgesamt jedoch von einer „Momentaufnahme, die ab Mitte des Jahres, wenn der Schlecker-Ausverkauf beendet ist, wieder ganz anders aussehen kann.“

Inzwischen bringen sich die Händler bereits in Stellung, um nach dem Schlecker-Ende Marktanteile zu erobern. So hat Aldi Süd in dieser Woche bei rund 20 Drogerieartikeln die Preise gesenkt. Darunter seien Sonnenmilch und einige Waschmittel, sagte Discountexperte Matthias Queck vom Handelsinformationsdienst Planet Retail. Mit den Reduzierungen, die teilweise nur wenige Cent ausmachten, orientiere sich Aldi Süd am neuen Marktführer dm. „Alle wollen vom Schlecker-Aus profitieren. Dazu gehören auch die Discounter“, sagte Queck. Der Supermarktriese Rewe habe bereits vor einiger Zeit die Preise bei einigen Drogerieartikeln gesenkt. Zudem setzen auch Discounter wie Lidl und Norma den Rotstift an.

Die Fortsetzung des harten Preiskampfes um Drogerieartikel nach dem Schlecker-Aus war von Branchenbeobachtern erwartet worden. „Wenn in einem Autorennen der langsamste Wagen ausfällt, werden die beiden Schnellsten ihr Tempo nicht verringern“, sagte Thomas Roeb, Professor für Handelsbetriebslehre an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.

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