Etwas verzweifelt ist sie schon. Wieder und wieder hält die Kundin den Scanner auf den Barcode am Billy-Regal. Wieder und wieder passiert rein gar nichts. "Langsamer", sagt die herbeigeeilte Ikea-Mitarbeiterin in einem Ton, der deutlich macht, dass es nicht der erste Problemfall an diesem Tag ist. Endlich der erlösende Piepston: Das Regal ist im Kassensystem. Jetzt noch schnell mit der EC-Karte bezahlen und der Einkauf ist beendet. Die Kundin wirkt erleichtert.
Seit etwa neun Jahren setzt Ikea in Deutschland auf sogenannte Selbstbedienungskassen. An ihnen kümmern sich die Kunden selbst um Warenerfassung und Bezahlung. Service-Kräfte greifen nur ein, wenn es Probleme gibt.
Hauptgründe für die Nutzung von Selbstbedienungskassen
Ambiente
"SB-Kasse ist großzügiger/ freundlicher gestaltet" - 28%
Quelle: EHI Self-Checkout Initiative 2015/ TNS Infratest, Februar 2015
Spaß/ Spieltrieb
"Es ist ein Erfolgserlebnis, wenn ich es geschafft habe" - 32%
"Es macht mir einfach Spaß" - 54%
Preis-/Tempokontrolle
"Ich vertraue meiner Abrechnung eher als einer Kassiererin" - 18%
"Bessere Kontrolle über Preise" - 30%
"Kann alles in meinem Tempo machen, ist entspannter" - 67%
Innovation
"Ich möchte einfach mit der Technisierung Schritt halten" - 50%
"Ich probiere gern etwas Neues aus" - 77%
Zeitersparnis
"Vermeide langes Warten an herkömmlichen Kassen" - 92%
"Schnell bei kleineren Einkäufen" - 88%
Mit dem flächendeckenden Einsatz von SB-Kassen ist das schwedische Möbelhaus in Deutschland allein auf weiter Flur. Große Lebensmittelhändler wie Real und Rewe haben nur ein paar Geschäfte damit ausgestattet. Insgesamt werden in Deutschland gerade einmal 1000 dieser Kassen in rund 180 Läden eingesetzt. Zum Vergleich: herkömmliche Kassen gibt es mehr als eine Million. "Im internationalen Vergleich ist Deutschland hintendran", sagt Michael Gerling, Geschäftsführer des Handelsinstitus EHI. In Ländern wie den USA, Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden sind die Geräte bereits weit verbreitet.
Potenzial der SB-Kassen
Dass die Do-it-Yourself-Kassen in Deutschland kaum zum Einsatz kommen, hat zumindest mit den Kunden wenig zu tun, glaubt Claudia Knoblauch von TNS Infratest. Im Auftrag von EHI und verschiedener Produzenten von Self-Checkout-Systemen hat sie eine repräsentative Studie zur Verbraucherakzeptanz erstellt und bescheinigt den SB-Kassen ein “schlummerndes Potenzial”.
Ein ziemlich großes sogar. Denn trotz der geringen Verbreitung kennt demnach bereits mehr als die Hälfte der Deutschen die SB-Kassen. Jeder Fünfte nutzt sie zumindest manchmal - und das offenbar gern. Größter Motivator sich selbst abzukassieren: "Passives Schlange stehen nervt die Kunden", sagt Knoblauch. Statt in Reih und Glied zu warten, mühen sich die Kunden lieber selbst ab. Und dass, obwohl ein "erfahrener Kassierer objektiv immer schneller ist als ein Kunde", wie EHI-Geschäftsführer Gerling erklärt.
Für gut zwei Drittel ist das selbstbestimmte Tempo beim Scan- und Bezahlvorgang laut EHI-Studie motivierend, denn an herkömmlichen Kassen fühlten sich Kunden durch das hohe Tempo der Kassiererinnen häufig unter Druck gesetzt. Ihnen würde aus demselben Grund auch die Kontrolle der Preise erschwert. Anderen Kunden bereite das Ausprobieren der neuen Geräte schlicht Freude.
Hauptgründe für die Nichtnutzung von Selbstbedienungskassen
Ambiente
"Fühle mich von den anderen Kunden beobachtet" - 3%
"SB-Kassenzone ist eng oder unübersichtlich" - 5%
"Übersehe die SB-Kassen" - 8%
Quelle: EHI Self-Checkout Initiative 2015/ TNS Infratest, Februar 2015
Unsicherheit
"Habe Angst, mich zu blamieren" - 2%
"Traue mir die Bedienung der SB-Kasse nicht zu" - 15%
"Bei Fragen ist niemand da, der mir weiterhilft" - 19%
Persönlicher Aspekt
"Unbequem, alles selber machen zu müssen" - 15%
"Verlasse das Geschäft ungern mit Waren ohne Kontakt zur Kassiererin" - 21%
"Mir fehlt der persönliche Kontakt" - 32%
Gewohnheit
"Nutze aus Gewohnheit die herkömmliche Kasse" - 42%
Die Hersteller der Geräte preisen weitere Vorzüge an. “Self-Checkout-Systeme fördern die Effizienz der Läden enorm”, verspricht etwa Michael Bayer, Chef der Handelsparte des weltweiten Kassen-Herstellers NCR. Statt bei großem Andrang ständig neue Kassen besetzen zu müssen, könnten sich die Angestellten auf andere Aufgaben konzentrieren wie etwa das Einräumen von Regalen oder die Beratung von Kunden.