Die Reimanns schlagen wieder zu - diesmal mit einer Fusion in der Kaffeebranche. Die deutsche Milliardärsfamilie steckt hinter dem niederländischen Traditionsunternehmen D.E. Master Blenders 1753, das sich nun mit dem Hersteller Mondelez International zusammenschließt.
Geben die Wettbewerbshüter grünes Licht, fusionieren im nächsten Jahr zwei Giganten des Kaffeemarkts. Dann kommen die bekannten Marken Jacobs, Tassimo und Senseo aus einem Haus. An der Spitze des neuen Unternehmens wird der jetzige Chef von D.E. Master Blenders, Pierre Laubies, stehen.
Erst 2013 hatten die Reimanns die Kontrolle über D.E. Master Blenders übernommen. Bekannte Marken sind neben Senseo und Douwe Egberts auch der Pickwick-Tee und der Süßstoff Natreen. Zuvor hatte die Familie bereits zwei kleinere Kaffee-Ketten in den USA gekauft: Caribou Coffee für 340 Millionen Dollar und Peet's Coffee & Tea für eine Milliarde Dollar.
Mit dem Deal erweiterten die Reimanns ihr Portfolio, das auch die Parfümfirma Coty mit Düften von Calvin Klein oder Joop, die Modemarke Jimmy Choo sowie den deutsch-britischen Konsumgüterkonzern Reckitt Benckiser umfasst.
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Mit dem Ludwigshafener Spezialchemiekonzern Benckiser und dem Verkauf an die britische Reckitt Benckiser hatte die Familie Reimann, die aus Südwestdeutschland stammt, ihr Vermögen gemacht und war zu einer der reichsten Familien in Deutschland aufgestiegen. Nach außen werden die Reimanns von Managern vertreten, öffentliche Auftritte von Familienmitgliedern hat es bislang nicht gegeben. An Reckitt Benckiser hat die Familie ihren Anteil in den vergangenen Jahren verringert und hält nun nur noch eine Minderheitsbeteiligung. Der Erlös wurde in andere Bereiche investiert - wie nun aktuell in das Kaffee-Geschäft.
Die US-Kaffeeketten sollen allerdings nicht Teil des neuen Konzerns werden. Mondelez umfasst neben Jacobs und Tassimo den internationalen Zweig und das Snack-Geschäft des früheren Lebensmittelmultis Kraft Foods. Der Konzern stellt auch Milka-Schokolade, Philadelphia-Frischkäse oder Oreo-Kekse her.
Diese Kaffeemaschinen haben die Deutschen zuhause
Vollautomaten wie von Jura gibt es in 17 Prozent der deutschen Haushalte.
Kapsel-Maschinen wie die Modelle von Nespresso besitzen 13 Prozent der Haushalte.
Espresso-Halbautomaten besitzen neun Prozent der Haushalte.
Das Gemeinschaftsunternehmen von Mondelez International und D.E. soll unter dem Namen Jacobs Douwe Egberts (JDE) firmieren und vereint damit die beiden bekannten Namen. Der Sitz des dann weltweit führenden reinen Kaffeerösters soll in den Niederlanden sein. Angestrebt wird ein Jahresumsatz von mehr als fünf Milliarden Euro - laut den beiden Firmen ist das knapp ein Zwölftel am weltweiten Gesamtmarkt.
Nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbands trank jeder Bundesbürger im vergangenen Jahr 2013 im Durchschnitt 165 Liter Kaffee. Fast drei Viertel des Konsums entfallen dabei zwar nach wie vor auf Filterkaffee. Das Geschäft mit portioniertem Kaffee verzeichnete in den vergangenen Jahren Wachstumsraten von nahezu 20 Prozent. Laut Roland Weening, Marketingchef für Kaffee bei Mondelez, könnte es 2016 ein Drittel des Kaffee-Marktes ausmachen.
Die stärksten Wachstumsraten verzeichnete zuletzt das von Nespresso von Nestle dominierte Segment der Kaffee-Kapseln mit einem Plus von 27 Prozent im Jahr 2013. Mondelez ist mit der Marke Jacobs stark beim Filterkaffee und spielt mit Tassimo auch eine bedeutende Rolle im wachstumsstarken Geschäft mit Kapselsystemen. Mit Tassimo können neben Kaffee auch Tee und Schokoladen-Heißgetränke zubereitet werden. Nach Nestlé ist das US-Unternehmen die Nummer zwei im globalen Kaffeegeschäft. D.E. ist in Deutschland mit Senseo bei den Kaffee-Pads erfolgreich.
Konzentration auf Snacks
Mondelez steuert mehr Umsatz zur neuen Kaffeefirma bei, wird aber mit 49 Prozent die Minderheit halten. Die Amerikaner bekommen dafür umgerechnet 3,6 Milliarden Euro in bar. Mondelez kämpfte schon länger mit dem Preisdruck bei Kaffee. Zu Jahresbeginn kamen noch schlechtere Geschäfte in China hinzu. Dadurch fiel der Gesamtumsatz im ersten Quartal um ein Prozent auf 6,2 Milliarden Euro. Der Gewinn brach im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 70 Prozent auf 163 Millionen Dollar ein. Insgesamt machte das Kaffeegeschäft bisher elf Prozent des Umsatzes von Mondelez aus.
Mondelez-Chefin Irene Rosenfeld kündigte eine weitgehende Konzentration auf das Snack-Geschäft an, das nach der Auslagerung der Kaffeesparte 85 Prozent am Umsatz ausmachen soll. Parallel soll ein neues, bis 2018 angelegtes Sparprogramm die Kosten letztlich um 3,5 Milliarden Dollar im Jahr drücken. Auch Stellenstreichungen werde es geben, teilte Mondelez am Mittwoch mit - eine Größenordnung wurde aber nicht genannt. Mondelez war 2012 aus dem US-Lebensmittelmulti Kraft Foods hervorgegangen, kämpfte aber von Beginn an mit Problemen. Derzeit beschäftigt der Konzern weltweit 107.000 Menschen. Der Konzern steht von Seiten seines Großaktionärs Nelson Peltz unter Druck, nach dessen Willen der Snack-Bereich mit dem des Konkurrenten Pepsico fusionieren sollte. Peltz hält Anteile von Pepsico.
Die beliebtesten Kaffee-Kapsel-Systeme
Tassimo ist das Kaffeevollautomaten-System des Lebensmittelkonzern Mondelez (ehemals Kraft Foods). Hersteller der Maschinen war bis 2008 Braun, dann wechselte Mondelez zur Marke Bosch. Zahlen zum Umsatz gibt es nicht, Schätzungen gehen von weit über 100 Millionen Euro allein für Deutschland aus. 2012 hatte Tassimo in Deutschland 1,69 Millionen Kunden (2010: 1,34 Millionen) und ist damit Deutschlands beliebtestes Kapsel-System.
Zwischen 2010 und 2012 hat sich die Zahl der Nescafé Dolce Gusto-Kunden auf 1,61 Millionen verdoppelt. Die Maschine wird von der Firma Krupp gefertigt. In Westeuropa ist Dolce Gusto einer der großen Wachstumsmotoren von Nestlé, Nescafés Mutterkonzern.
Rund 1,33 Millionen Deutsche nutzten 2012 das Cafissimo-System von Tchibo - gut 300.000 mehr als noch 2010. Die Geräte sind ab 49 Euro erhältlich. Im ganzen Bundesgebiet unterhält das Unternehmen 750 Filialen, 500 davon mit integrierter Kaffeebar. Im vergangenen Jahr erzielte Tchibo einen EBIT (Gewinn vor Steuern und Zinsen) von 221 Millionen Euro.
Bekannt aus der Werbung mit George Clooney ist Nespresso, Nestlés zweites Kapsel-System. In Deutschland hat die Marke 1,33 Millionen Kunden (2010: 1,34 Millionen). Bereits 1986 erfolgte die Markteinführung von Nespresso, der große Erfolg kam aber erst im neuen Jahrtausend. Bis 2011 wurden die Kapseln ausschließlich in den weltweit 220 Nespresso-Boutiquen verkauft, seit dem sind sie auch in verschiedenen Supermärkten erhältlich. Nespresso hat 2012 rund 3,6 Milliarden Euro umgesetzt
Mit 350.000 Kunden hat Melittas Kapsel-System Caffeo Barista bisher den kleinsten Kundenstamm in Deutschland (2010: 280.000). Im vergangenen Jahr machte das Unternehmen einen Umsatz von 1,35 Millionen Euro, acht Prozent davon mit Kaffeeautomaten.
Quellen: Unternehmensangaben, Statista
Der Zusammenschluss soll im Laufe des kommenden Jahres vollzogen werden. Die Konzerne müssen zunächst das Okay der Wettbewerbshüter einholen und Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern führen.
Zu den Auswirkungen auf die deutschen Mondelez-Standorte könne jetzt noch nichts gesagt werden, erklärte Unternehmenssprecherin Heike Hauerken. Auch, ob einzelne Marken der beiden Unternehmen verschwinden werden, ist noch nicht klar. Die Gespräche begännen gerade erst, sagte Hauerken. Der deutsche Hauptsitz von Mondelez befindet sich in Bremen. In der Stadt befinden sich auch zwei Kaffee-Produktionsstätten, ebenso in Berlin und Elmshorn.
Die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) sieht die geplante Zusammenlegung zu einer weltweiten Nummer Eins skeptisch. Hier fürchtet man massive Arbeitsplatzverluste, auch am Standort Bremen. Derzeit arbeiten dort 1300 Menschen für Mondelez. Dieter Nickel von der NGG in Bremen sagte gegenüber "Radio Bremen", dass vor allem in der Verwaltung ein Jobabbau zu befürchten sei. Dort seien am ehesten Doppelfunktionen vorhanden, die zusammengelegt werden könnten.
An der Börse kamen die Pläne bestens an. Die Mondelez-Aktie legte nach Bekanntgabe der Pläne am Mittwoch um 8 Prozent zu. Auch am Donnerstag ging es weiter um rund zweieinhalb Prozent aufwärts.