Server-Ausfall Gefährliche Abhängigkeit von Amazon

Der Server-Ausfall bei Amazon zeigt, wie abhängig Internetunternehmen geworden sind. Um weiter Schaden zu vermeiden, müssen sie ihr Cloud-Geschäft dezentraler und nachhaltiger aufstellen. Ein Kommentar.

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Auch Nutzer des Streaming-Dienstes waren vom Ausfall des Amazon Cloud-Dienstes betroffen. Quelle: AP

San Francisco Für die Internetpioniere der 70er-Jahre war das Netz der elektronische Ausdruck eines Ideals. Es war die Utopie einer besseren Gesellschaft, in der die Macht demokratisch verteilt ist und alle Informationen unbeschränkt fließen. Doch von einem derartigen Dezentralismus kann heute keine Rede mehr sein. In der Internetwirtschaft löst ein Monopol das nächste ab: von Microsoft, das jahrelang das PC-Geschäft dominierte, über den Suchmaschinen-Monopolist Google, Facebook in den sozialen Netzwerken oder Amazon, das inzwischen das Cloud-Geschäft dominiert.

Aber der vorübergehende Ausfall der Amazon Web Services (AWS) zeigt die Schattenseite monopolistischer Machtverteilung im Netz. Unternehmen weltweit sind zunehmend abhängig von Amazon, das Big-Data-Zentren und Rechenpower vermietet. Hochrechnungen zufolge besitzt Amazon inzwischen über 40 Prozent des Cloud-Markts – vor Konkurrenten wie Microsoft, Google, IBM.

Die digitale Wirtschaft hat sich damit angreifbar gemacht. Im aktuellen Fall legte ein Programmierfehler in Amazons Datenzentrum im nördlichen Virginia zahlreiche Webseiten stundenlang lahm – darunter das Wohnvermittlungsportal Airbnb, den Streaming-Anbieter Netflix oder den Kommunikationsdienst Slack. Betroffenen Firmen entgingen Einnahmen aus nicht erfolgten Buchungen oder Werbung, Kunden konnten das gewohnte Serien-Programm nicht genießen. Mit teuren Folgen: Schätzungen des US-Datenanalyse- und Sicherheitsanbieters Cyence Inc. zufolge belief sich der Schaden auf etwa 150 Millionen Dollar.

Ein Programmierfehler – und das ganze Internet leidet. Der Blackout ist ein wichtiger Warnschuss. Die digitale Ökonomie steht durch die Monopole auf einem wackeligen Fundament. Sicher, Cloud-Infrastrukturen wie die von Amazon sorgen für ein gigantisches Wirtschaftswachstum im Netz. Gründer können günstig und unkompliziert Rechenkapazitäten mieten, statt die kostspieligen Server selbst kaufen zu müssen. Das beschleunigt die Geschwindigkeit, mit der Innovationen auf den Markt kommen. Die Revolution der Künstlichen Intelligenz etwa wäre undenkbar ohne die Cloud-Rechenpower, die neuronale Netze für Firmen erst nutzbar macht.

Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen darauf achten, nicht von einem Anbieter allein abhängig zu sein und sich dezentral und breit aufzustellen. Selbst wenn das bedeutet, im Zweifelsfall etwas mehr zu zahlen. Schließlich hat die Vergangenheit gezeigt, dass entsprechende Ausfälle auch ganz absichtlich herbeigeführt werden: durch kriminelle Hacker.

Die Autorin ist Korrespondentin in Silicon Valley. Sie erreichen sie unter: b.weddeling@vhb.de.

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