Singles' Day bringt Milliarden China im Mega-Kaufrausch

Es ist die größte Online-Shopping-Orgie der Welt: Am 11.11. werden über chinesische Plattformen wie Tmall.com oder JD.com Milliardenbeträge umgesetzt. Um die Ursprünge des Kaufrauschs ranken sich Mythen.

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Beim Singles-Day werden Milliarden umgesetzt. Quelle: AP

Wer am 11.11. erfolgreich sein möchte, braucht eine gute Taktik: „Ich werde mir meinen Wecker auf 2.00 Uhr nachts stellen“, erklärt Zhang Li und sieht sich nochmals ihren Warenkorb an. In den vergangenen Jahren seien die Server der Shopping-Plattform Tmall.com beim Start um Mitternacht meistens zusammengebrochen. Der „Singles' Day“ in China ist das größte Online-Shopping-Ereignis der Welt. An diesem Tag geben Kunden umgerechnet mehrere Milliarden Euro in der Volksrepublik für Schnäppchen im Internet aus. Online-Riesen wie Alibaba fahren regelmäßig neue Rekordumsätze ein.

Die 35-jährige Zhang Li hat sich ihren Warenkorb schon vor Beginn vollgepackt: Sportklamotten, eine Mütze, insgesamt fünf Artikel - am „Singles' Day“ sind sie fast um die Hälfte günstiger als sonst, wie die Tmall-App in roten Ziffern vorrechnet. Die Plattform gehört zur Alibaba Group des chinesischen Milliardärs und Internet-Unternehmers Jack Ma. Den alljährlichen Shopping-Rausch zelebriert das Unternehmen mit einer Party in Hongkong. Von dort wird 24 Stunden lang der aktuelle Umsatz live in einer Show mit riesiger Leinwand und einem Liveticker präsentiert.

Mehr als 14.000 Marken verkaufen am 11. November über die Plattform ihre Waren günstiger, wie der Präsident der Alibaba Group, Michael Evans, bei der Veranstaltung erklärt. Kurz nach der Halbzeit des Shopping-Marathons zeigt er sich zufrieden. Auf der Umsatzuhr stehen nach 12 Stunden und 29 Minuten rund 12 Milliarden US-Dollar (11 Milliarden Euro). „Mit noch elf Stunden vor uns sieht das ganz gut aus“, sagt Evans.

Gegen Nachmittag ist dann auch der Umsatz des vergangenen Jahres von rund 14,3 Milliarden US-Dollar eingeholt. Fast 85 Prozent der Käufe werden über die Smartphone-App getätigt.

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Wie genau der 11.11. zum Mega-Online-Shopping-Tag wurde, weiß niemand so genau. Es ranken sich verschiedene Mythen darum. In einem wird der Tag zum Anti-Valentinstag für Alleinstehende erklärt, weil das Datum so viele einzelne Striche beinhaltet. 2009 begann Alibaba, den Tag für Singles zu vermarkten, die sich mit günstigen Angeboten selbst verwöhnen wollen. Daher also der Begriff „Singles' Day“. Böse Zungen behaupten hingegen, in China gebe es vor allem nach dem 11.11. plötzlich viele Alleinstehende - weil die Ehepartner die Kreditkarten beim Shoppen überziehen.

Allerdings steht dabei nicht mehr nur der Preis im Fokus, sondern auch Qualität und Produktsicherheit, wie Josh Gartner vom chinesischen Online-Marktplatz JD.com erklärt. „Die Leute kaufen nicht die teuersten Produkte.“ Allerdings sei die Bereitschaft da, durchaus an das jeweilige finanzielle Limit zu gehen, sagt Gartner. Bereits rund 78 Prozent mehr Bestellungen als 2015 habe JD.com in diesem Jahr am 11.11. entgegengenommen, teilte das Unternehmen schon am Mittag auf Twitter mit.

Diese Autos kaufen Chinesen am liebsten
Platz 10: VW PassatEin Passat „nur“ auf dem zehnten Platz in der Zulassungsstatistik – in Deutschland undenkbar. Dennoch kann sich der Erfolg der NMS-Version des Passats (New Midsize Sedan), die in den USA und China verkauft wird, sehen lassen: Im ersten Halbjahr kam der Passat in China auf  135.954 Neuzulassungen. Zum Vergleich: In Deutschland kam der Passat, trotz oder wegen des anstehenden Modellwechsels ,in der Statistik von Januar bis Juni hinter dem Golf auf den zweiten Platz – allerdings reichen dafür hierzulande gerade einmal 35.533 Neuzulassungen. Quelle: Presse
Platz 9: Great Wall Haval H6Great Wall Motors gehört zu den größten SUV-Herstellern Chinas. Sein Bestseller ist der Haval H6, teilweise auch Hover H6 genannt. Das Kompakt-SUV ist mit 4,64 Metern etwa so groß wie ein Audi Q5. Mit  143.119 Zulassungen ist der H6 das beliebteste SUV Chinas im ersten Halbjahr 2014. Quelle: Presse
Platz 8: Nissan SylphyAb jetzt folgen nur noch die in China gefragteste Karosserieform – viertürige Stufenheck-Limousinen in allen erdenklichen Größen. Den Anfang macht auf dem achten Rang der Nissan Sylphy, der als Kompakt-Limousine für chinesische Verhältnisse geradezu klein ist. Mit 4,61 Metern ist er in etwa so lang wie hierzulande ein Golf Kombi. Im ersten Halbjahr konnte Nissan 145.214 Sylphys verkaufen. Quelle: Presse
Platz 7: Buick Excelle XTIhnen kommt der Buick Excelle XT irgendwie bekannt vor? Kein Wunder, schließlich ist es ein Opel Astra. Lediglich die Logos außen und innen wurden getauscht, ebenso der verchromte Kühlergrill – Badge-Engineering vom Feinsten. Mit dieser wohl einfachsten Art der „Modellentwicklung“ bringt es die GM-Tochter immerhin auf 147.404 Neuzulassungen. Quelle: Presse
Platz 6: VW JettaJetzt wird es etwas kompliziert: 152.621 Neuzulassungen in China gab es für den VW Jetta. Unter diesem Namen wurde auch in Deutschland jahrelang die viertürige Limousine auf Basis des Golf verkauft. Auf den aktuellen Jetta trifft das nur noch in Teilen zu. Um den Ansprüchen der amerikanischen und chinesischen Kunden zu entsprechen, übernimmt der Jetta von der Plattform des Golf VI zwar zahlreiche Teile, ist aber deutlich länger. Der Jetta wird in China allerdings auch noch unter anderen Modellbezeichnungen verkauft. Quelle: Presse
Platz 5: VW SagitarEin Beispiel dafür ist der VW Sagitar. Er entspricht zwar technisch und weitestgehend auch optisch dem Schwestermodell Jetta, wird aber nicht von VW selbst, sondern von dem Joint Venture FAW-VW zusammen mit First Automotive Works - gebaut. Und dieses formell eigenständige Unternehmen nennt seinen Jetta eben anders. Am Verkaufserfolg ändert sich wenig, der Sagitar kam im ersten Halbjahr auf 155.393 Neuzulassungen. Quelle: Presse
Platz 4: VW SantanaDer seit 2013 gebaute Santana ist eine Eigenentwicklung von Shanghai Volkswagen, speziell für den chinesischen Markt. Damit ist der Santana eines der wenigen VW-Modelle in China, das nicht auf einem bestehenden Fahrzeug basiert. Mit einer Länge von 4,47 Metern gehört der Santana zu den kleineren Limousinen. Er brachte es im ersten Halbjahr auf 161.957 Neuzulassungen. Shanghai Volkswagen ist übrigens ein weiteres VW-Joint Venture aus der Shanghai Automotive Industry Corporation und eben Volkswagen. Quelle: Presse

Die Kundschaft wohne zum größten Teil in der Stadt. Um zudem Menschen in ländlicheren Gegenden zu erreichen, setzte JD.com in diesem Jahr erstmals auch auf Drohnen für die Zustellung. „Wir sind noch in einer frühen Phase der Expansion in ländliche Gegenden“, sagt Gartner. „Aber wir sehen ein gutes Wachstum.“ Um der Dorfbevölkerung Online-Shopping näher zu bringen, plant das Unternehmen sogar, Personal anzuheuern, das dort den Bewohnern diesen Weg des Einkaufens erklärt und ihnen dabei assistiert.

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