Smartphone-App Shopkick Nun wird der Kunde ferngesteuert und vermessen

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Der Weg zum ferngesteuert Kunden

Mit einem leisen "Pling" meldet sich die Shopkick-App am frühen Morgen. "Du erhältst 150 Kicks, wenn Du heute zu Obi gehst", verspricht ein Pop-Up. Klingt nach einem guten Deal. Ein weiterer Klick verrät mir, dass die nächste Filiale der Baumarktkette nur wenige Kilometer entfernt ist.

"Wenn das Onlineshopping immer billiger, schneller und bequemer wird, bleibt doch die Frage, warum die Menschen noch weiter in den Laden kommen sollten", sagt Thuson. Seine Antwort darauf ist ein Rabattversprechen, das den Schnäppchenjagdinstinkt anregt, kombiniert mit dem genauen Hinweis, wo der nächste Laden zu finden ist. "Wir geben den Marken eine Möglichkeit, mit dem Konsumenten zuhause und im Laden in Kontakt zu treten und ihn schlussendlich dazu zu bringen, mit einem Produkt im Regal zu interagieren." Denn für das Einkaufsnavi ist an der Ladentür längst nicht Schluss.

Verfolgt bis in die Umkleide

Wochenendeinkauf im Supermarkt. Für das Betreten des Penny-Discounters gab es kein Kicks. 20 Prämienpunkte verspricht mir Shopkick aber, wenn ich eine Dose Cola scanne. Dass ich das Getränk anschließend tatsächlich in den Einkaufswagen gelegt habe, fällt mir erst kurz vor der Kasse auf. Bis zu 50 Prozent mehr Spontankäufe will Shopkick seinen Handelspartnern bescheren. Mission erfüllt.

Informations- und Kaufverhalten der Deutschen

"Mittels der App können Verbraucher in Geschäften regelrecht ferngesteuert werden", fürchtet Christian Gollner von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. "Sie befassen sich intensiv mit Produkten, die sie bei ihrem Besuch andernfalls vermutlich nicht wahrgenommen hätten."

Und dabei ist längst nicht Schluss. Der amerikanische Modehändler American Eagle Outfitters etwa zählt über Shopkick mit, wie häufig die Kunden mit Kleidungsstücken in der Umkleidekabine verschwinden. Die Probierfreudigen werden mit Kicks belohnt. Angeblich ziehen sich seitdem doppelt so viele Menschen um.

Angst vor dem Datenmissbrauch

Szenarien wie diese treiben Datenschützern die Sorgenfalten ins Gesicht. Denn Apps wie Shopkick können Kunden nicht nur in den Laden locken. Sie könnten sie nahezu vollständig transparent machen. Einkaufsvorlieben ließen sich über Monate und Jahre nachverfolgen und vergleichen, Bewegungsprofile über Landegrenzen hinweg detailliert nachvollziehen.

Shopkick selbst ist um Beschwichtigung bemüht. Mit den Händlern würden keine personifizierten Kundendaten geteilt, versichert das Unternehmen. Sie bekämen nur allgemeine Statistiken wie etwa die Kundenzahl oder den Anteil von Männern und Frauen zu sehen.

Zukunftsmusik ist die Überwachung der Shoppinggewohnheit aber selbst für diejenigen ohne App längst nicht mehr. Schon jetzt können die Bewegungsabläufe der Kunden in Geschäften detailliert nachvollzogen werden, wenn sie die Wlan-Funktion ihres Smartphones eingeschaltet lassen und der Händler einen entsprechenden Tracker einsetzt. Bleibt der Kunde dabei anonym, ist das in Deutschland legal. Immer mehr Kritiker warnen deshalb: Das Smartphone wird zum Spion in der Hosentasche.

Aber schon die traditionellen Treuekarten wie Payback erlauben detaillierte Rückschlüsse – bislang sind sie sogar die genaueren Datenquellen, weil sie nicht nur einzelne Produkte, sondern ganze Warenkörbe scannen und diese Informationen anders als Shopkick auch weitergeben. Aus den Payback-Daten etwa lassen sich vollständige Kundenprofile erstellen, die die Händler anonymisiert nutzen können.

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