Schon vor Bekanntwerden der Bauverzögerung forderte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) für die betroffenen Eisenbahnunternehmen unbürokratische finanzielle Hilfe vom Bund. „Eine wochenlange Sperrung hat katastrophale Folgen, insbesondere für die umfangreich betroffenen Güterbahnen“, sagte VDV-Geschäftsführer Martin Henke. Er befürchtet, dass der Verkehr auf andere Verkehrsträger abwandert und die Eisenbahnunternehmen so „massiv Kunden“ verlieren.
Schon jetzt können die Wettbewerber der Deutschen Bahn die Kunden nur über einen aggressiven Preiskampf gewinnen. Bei außerplanmäßigen Belastungen, so wie mit der jetzigen Sperrung, rechnet sich ein Auftrag schnell nicht mehr. Für manche Unternehmen könne die Situation sogar „existenzbedrohend“ sein, befürchtet der VDV.
Die deutsche Industrie meldet bislang allerdings noch keine Produktionsengpässe. Auch die deutsche Automobilbranche ist nach eigenen Angaben nicht betroffen. „Wir haben keine Meldungen über Probleme vorliegen“, sagte ein Sprecher des Verbands der Automobilindustrie (VDA) der Deutschen Presse-Agentur. „Die Masse der Transporte von Zulieferern geht über die Straße“, außerdem seien die Logistiker flexibel.
Aus der Schweiz ist allerdings zu hören, dass die Sorgen um eine sichere Versorgung wachsen. Je länger die Unterbrechung andauere, heißt es etwa beim Schweizer Chemieverband, desto schwieriger werde es, die Produktion im gewohnten Umfang hoch zu halten. Das könne zu Umsatzeinbußen und Mehrkosten führen. „Erhebliche Störungen im Warenverkehr zwischen Deutschland und Italien werden die Folge sein, wenn es nicht gelingt, zusätzliche Kapazitäten zu schaffen“, warnt der private Schweizer Güterbahnbetreiber.
Nur fünf Meter unter den Gleisen hatte sich vor zehn Tagen ein Betonsegment in einer Tunnelröhre verschoben. Die beschädigte Röhre soll inzwischen stabilisiert sein. In dem 160 Meter langen Bauabschnitt werden in den nächsten Wochen nun umfangreiche Arbeiten durchgeführt. Der Tunnel wird verfüllt, auf 150 Metern werden Oberleitungen demontiert, Gleise und Schwellen ausgetauscht. Eine 120 Meter lange und ein Meter dicke Betonplatte soll dann zwischen Oberfläche und Tunnel verbaut werden, um das Konstrukt zu stabilisieren. Erst dann können die neuen Gleise wieder verlegt werden.
Ungeachtet der jüngsten Vorfälle ist die Rheinschiene ohnehin kein Ruhmesblatt deutscher Verkehrsplanung. Vor 20 Jahren hatten Deutschland und die Schweiz im Vertrag von Lugano vereinbart, die Zulaufstrecken zum neuen Gotthard-Tunnel zügig auszubauen – bis zum Jahr 2016. Während die Schweizer ihr Milliarden-Projekt rechtzeitig fertigstellten, steht das Schienenprojekt hierzulande mit Fertigstellungstermin 2035 in der Planung. Die Bahn erweitert auf der über 180 Kilometern zwischen Karlsruhe und Basel die Strecke um zwei Gleise. Der Raststatter Tunnel, der die Sperrung ausgelöst hat, ist Teil des Ausbaus.