Stewardess klagt Billigflieger an Arbeiten für Ryanair ein „kompletter Albtraum“

Eine ehemalige Stewardess wirft Ryanair vor, im Arbeitsvertrag eine Beschäftigungspause von drei Monaten vorgesehen zu haben – unbezahlt. Die Airline weist das zurück. Der Fall beschäftigt bereits die britische Politik.

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Ryanair-Maschinen in Girona: „Schlicht und einfach Ausbeutung“. Quelle: dpa

Düsseldorf Die Billigfluggesellschaft Ryanair sieht sich erneut massiver Kritik an ihren Arbeitsbedingungen ausgesetzt. In der Vergangenheit stand die irische Airline vor allem wegen ihres offenbar rüden Umgangs mit Piloten im Fokus. Jetzt greift eine ehemalige Mitarbeiterin der Kabinenbesatzung Ryanair an.

Die Britin Sophie Growcoot wirft dem Billigflieger vor, dass in ihrem Arbeitsvertrag beim Ryanair-Dienstleister Crewlink eine dreimonatige Zwangspause in den Wintermonaten vorgesehen war. Die Pause sollte unbezahlt bleiben: In den drei Monaten hätte sie kein Gehalt bekommen. Zudem sei es ihr laut dem Anstellungsvertrag in der Zeit nicht erlaubt gewesen, einen anderen Job anzunehmen und anderweitig Geld zu verdienen.

Ryanair wehrt sich gegen die Vorwürfe. Growcoot sei nicht Mitarbeiterin des Unternehmens, sondern des Personaldienstleisters Crewlink gewesen und habe das Arbeitsverhältnis zudem nach nur zwei Monaten offenbar wieder aufgelöst.

Die Vorwürfe der Stewardess aus Liverpool beschäftigen aber inzwischen sogar die britische Politik, berichtet die Zeitung „The Independent“. Growcoot legte demnach den Vertrag ihrer zuständigen Parlamentsabgeordneten vor. Die Labour-Politikerin Luciana Berger brachte den Fall im britischen Unterhaus zur Sprache. „Das ist schlicht und einfach Ausbeutung durch Ryanair“, zitiert die Zeitung Berger. Es sei ungeheuerlich, dass eine Airline, die im vergangenen Jahr Rekordgewinne gemacht habe, ihre Mitarbeiter nicht für das ganze Jahr bezahle, sagte die Parlamentarierin.

Die Liverpooler Abgeordnete warf Ryanair-Chef Michael O’Leary vor, Profite auf dem Rücken der schlecht behandelten Belegschaft zu machen. Weitere Inhalte des Arbeitsvertrags, der dem „Independent“ vorliegt, sollen ebenfalls Anlass zur Kritik geben. So soll Growcoot in dem Papier vorgeschrieben worden sein, für 360 Pfund ihre Ryanair-Kabinenkleidung selbst zu bezahlen und 1800 Pfund für eine verpflichtende Sicherheitsschulung aufzubringen.


Falsche Anschuldigungen im Parlament vorgebracht

Die 20-Jährige sollte außerdem nur von Ryanair entlohnt werden, wenn sie „in der Luft“ sei. Besprechungen vor Flügen und Wartezeiten vor Rückflügen sollten demnach nicht abgegolten werden. Pro Stunde sei im Arbeitsvertrag ein Lohn von lediglich 13,07 Pfund (rund 15,50 Euro) vorgesehen. Und das alles nur vier Tage in der Woche: Für den fünften Arbeitstag sei in dem Papier eine unbezahlte Bereitschaft festgelegt.

„Zuerst war ich wirklich begeistert, zu Ryanairs Kabinenbesatzung zu gehören, aber es war der komplette Albtraum“, sagte Growcoot. „Ich konnte es nicht glauben, als ich erfuhr, dass ich nicht für die gesamte Zeit, die ich arbeitete, bezahlt werden sollte.“ Überhaupt fühle sie sich vom Ryanair-Dienstleister Crewlink geködert, den Arbeitsvertrag unterschrieben zu haben, sagte die ehemalige Mitarbeiterin dem „Independent“.

Ryanair weist die Vorwürfe von sich. „Wir sind überrascht darüber, dass die Abgeordnete sich nicht die Mühe gemacht hat, die falschen Behauptungen bei Ryanair zu überprüfen, bevor sie im Unterhaus falsche Anschuldigungen vorbringt“, wird ein Sprecher der Airline in der britischen Zeitung zitiert. Gegenüber Handelsblatt Online wollte Ryanair den Vorgang bisher nicht kommentieren.

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