Strategiewirrwarr Fliegt Metro aus dem Dax?

Führungsquerelen und Strategiewirrwarr bleiben nicht ohne Folgen: Dem Handelskonzern Metro droht im Herbst der Abstieg aus der ersten Börsenliga.

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Das sind Metros Stärken und Schwächen
Metro-Eingang Quelle: APN
Französischer Konkurrent hat Dividende halbiertDie Ausschüttungsquote von Metro - sie gibt an, wie viel Prozent des Gewinns je Aktie an die Aktionäre verteilt werden - liegt damit bei 51,3 Prozent. Sie ist, das Krisenjahr 2009 ausgenommen, deutlich höher als in der Vergangenheit. Metro wird sich die Kritik gefallen lassen müssen, der Konzern zahle zu viel Dividende. Denn eins steht fest: Das an die Aktionäre ausgeschüttete Geld fehlt für Investitionen. So hat der französische Konkurrent Carrefour die Dividende für 2011 rigoros um mehr als die Hälfte eingedampft. Metro dagegen hält an den üppigen Dividenden fest, denn der Konzern erhofft sich dadurch - auch bei Ertragsschwäche - eine langfristige Bindung der Anleger. Und: Großaktionär Haniel und dessen rund 650 Familiengesellschafter kalkulieren mit stabilen Ausschüttungen - und dürften sie, wenn nötig, mit Nachdruck einfordern. Quelle: Reuters
Menschen mit Tüten mit Metro-Druck Quelle: dpa
Metro-Logo Quelle: dapd
Metro-Hauptversammlung Quelle: dpa
Walmart Quelle: dapd
Fahnen mit Metro-Logo Quelle: dpa

Olaf Koch kennt die Nöte der Metro-Aktionäre – er ist selber einer. 55.600 Anteilsscheine hat der Vorstandsvorsitzende des Düsseldorfer Handelskonzerns seit 2010 privat gebunkert. Der Kaufpreis: 1,76 Millionen Euro. Heute sind seine Metro-Papiere fast 500.000 Euro weniger wert.

Die Kursschmelze muss Koch alarmieren – nicht nur aus persönlichem Interesse. Anfang September entscheiden die Deutsche Börse und der Arbeitskreis Aktienindizes über die künftige Zusammensetzung des wichtigsten deutschen Börsenbarometers, des Dax. Und noch nie war der Verbleib des deutschen Handelsprimus in der Riege der 30 Dax-Konzerne unsicherer: Metro droht der Abstieg aus der ersten Börsenliga. In den kommenden Monaten bahnt sich ein Dreikampf mit dem potenziellen Aufsteiger Continental und dem weiteren Abstiegskandidaten MAN an. Verliert Metro, leidet nicht nur das Prestige. Aktienfonds, die den Index nachbilden, müssten verkaufen und könnten so den Druck auf die Aktie weiter erhöhen. Vor allem in der Haniel-Familie, die 34 Prozent der Metro-Anteile hält, dürfte das für wenig Begeisterung sorgen.

Der Clan ist Kummer gewöhnt in Sachen Metro. Führungsquerelen, Strategiewirrwarr und eine überraschende Gewinnwarnung im Dezember schlugen auf die Aktienbewertung durch. Seit Anfang 2011 sackte der Kurs um über 50 Prozent auf nunmehr rund 23 Euro ein. Mit dem entsprechend gesunkenen Börsenwert rangiert Metro im Reigen der deutschen Börsenschwergewichte nur noch unter „ferner liefen“.

Zwar zählt der Konzern zu den größten Händlern der Welt und erzielt mit der Großhandelssparte Cash&Carry sowie mit Töchtern wie Kaufhof, Real und Media Markt weltweit einen Umsatz von zuletzt 66,7 Milliarden Euro. Deshalb macht die Zentrale in Düsseldorf auch auf Optimismus. „Wir gehen davon aus, dass Metro weiter im Dax bleibt.“ Indexexperten wie Matthias Thiel von der Hamburger Privatbank M.M. Warburg sind eher skeptisch. „Im September wird es kritisch für Metro.“

Wichtig: Handelsvolumen und Marktkapitalisierung

Die Tricks von Media Markt
Illustration Media Markt Quelle: Illustration: Torsten Wolber
Illustration Regalplatz für hochauflösende Fernsehgeräte Media Markt Quelle: Illustration: Torsten Wolber
Illustration Werbelogos von Top-Elektronikmarken an den Wänden Media Markt Quelle: Illustration: Torsten Wolber
Illustration Internet-Ecke Media Markt Quelle: Illustration: Torsten Wolber
Illustration Promotioninsel für Mobilfunk Media Markt Quelle: Illustration: Torsten Wolber
Illustration Lockangebote Media Markt Quelle: Illustration: Torsten Wolber
Illustration Trittspuren auf dem Fußboden Media Markt Quelle: Illustration: Torsten Wolber

Zwei Kriterien werden über den Klassenerhalt entscheiden: das Handelsvolumen der Metro-Aktie und die Marktkapitalisierung. Vor allem die Marktkapitalisierung könnte zum Problem werden. Denn zu ihr zählt nach den Regeln des Arbeitskreises Aktienindizes nur der Wert der Aktien im Streubesitz. Im Fall Metro sind das jene 40,2 Prozent der Aktien, die nicht von den Großaktionären Otto Beisheim und den Familien Haniel und Schmidt-Ruthenbeck gehalten werden. Derzeit rangiert Metro bei der relevanten Marktkapitalisierung nach Berechnung des Bankhauses Close Brothers Seydler weit abgeschlagen auf Platz 38 der größten Aktiengesellschaften.

Das allein würde zwar noch nicht für einen Dax-Rausschmiss ausreichen. Zugleich hat sich aber der Autozulieferer Continental bei der Marktkapitalisierung auf Rang 26 und beim Handelsvolumen auf Platz 27 vorgearbeitet und würde damit zurzeit die Bedingungen für einen regulären Aufstieg erfüllen. Im Klartext: Gelingt es Metro-Vorstandschef Koch nicht zügig, den Kurs zu steigern, sieht es finster aus.

Eine Möglichkeit, den Kurs zu beleben, wäre die Trennung von Unternehmenstöchtern wie Real und Kaufhof. Doch die Hoffnung, dass das gelingt, ist gering, nachdem Verkäufe zuletzt regelmäßig an- und wieder abmoderiert wurden. „Das Vertrauen der Investoren ist weg“, konstatierte Ingo Speich, Fondsmanager von Union Investment, bei der Hauptversammlung des Konzerns am Mittwoch und verweigerte den Konzerngremien die Entlastung.

„Nach heutigem Stand ist Metro am ehesten von einem Abstieg im September bedroht“, sagt Silke Schlünsen von Close Brothers Seydler. Allenfalls Volkswagen könnte den Düsseldorfern noch zu einer Gnadenfrist verhelfen. Die Wolfsburger verleiben sich derzeit den Lastwagenhersteller MAN ein. Sinkt der Streubesitz von MAN nochmals deutlich, könnte Continental anstelle von Metro den Münchner Nutzfahrzeugbauer aus dem Dax werfen. „Metro und MAN dürften sich im Herbst ein Kopf an Kopf rennen um den Abstieg liefern“, erwartet Indexexperte Uwe Streich von der Landesbank Baden-Württemberg.

Selbst wenn MAN weichen müsste, wäre die Gefahr für den Handelskonzern wohl nur vorübergehend gebannt. Mit dem Spezialchemiekonzern Lanxess steht ein weiterer Dax-Aspirant bereit. Und falls der Essener Chemieriese Evonik tatsächlich seinen lang geplanten Börsengang wagt, betritt – je nach Umfang der Aktienemission – neben Conti und Lanxess noch ein dritter Dax-Anwärter das Parkett.

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