Stuttgart 21 Jetzt wird es erst richtig kompliziert

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Grundwasser macht den Bau komplizierter


Zum Projekt Stuttgart-Ulm zählt neben S21 auch die Neubaustrecke von Wendlingen nach Ulm. S21 soll nicht mehr als 6,526 Milliarden Euro kosten, die Ulmer Strecke nicht mehr als 3,26 Milliarden Euro. Das Risiko wächst aber, dass der S21-Finanzrahmen nicht reicht. Zwei Jahre ist S21 in Verzug – Prüfungen zur Statik und zum Brandschutz waren aufwendig, grünes Licht von Behörden kam später als erwartet.

Eine Tunnel-Abschnittsöffnung wurde von 300 Metern auf 90 Meter verkürzt, um weniger Bäume im angrenzenden Rosensteinpark fällen zu müssen. Dort lebt der streng geschützte Juchtenkäfer. Strangfeld steht in dem Bauabschnitt und blickt nach oben, wo ein Baum zu sehen ist. „Den Juchtenkäfer lassen wir leben“, sagt er.

Frank Schwonke steht auf dem Baugelände unweit des Bahnhofsgebäudes unter freiem Himmel. Ist sein Kollege Strangfeld Herr für den Untergrund von S21, so arbeitet Schwonke noch an der Oberfläche: Der Ingenieur überwacht den Bau auf dem Gelände des Hauptbahnhofs. Auch Schwonke will in die Tiefe – der bisher oberirdische Kopfbahnhof soll zur unterirdischen Durchgangsstation werden.

Von dieser „Tieferlegung des Bahnhofs“ allerdings ist noch nicht allzu viel zu sehen. Nur eine der 25 Beton-Bodenplatten liegt schon, auf zwei Dritteln der Abschnitte haben die Vorbereitungsarbeiten aber zumindest begonnen. Hauptgrund für die Verzögerung seien langwierige Genehmigungsverfahren, berichtet Schwonke.

Eidechsen-Umsiedlung kostet 15 Millionen Euro
Stuttgart 21: Eine Zauneidechse wird in Kirchheim unter Teck in den neuen Lebensraum geführt Quelle: dpa
Stuttgart 21 wird laut „Süddeutscher Zeitung“ deutlich länger dauern als geplant Quelle: dpa
5. Juli 2016Es geraten Inhalte des Prüfberichts des Bundesrechnungshofes zu Stuttgart 21 an die Öffentlichkeit. Danach könnte das Vorhaben bis zu zehn Milliarden Euro kosten. Quelle: dpa
Bahn-Manager Volker Kefer Quelle: dpa
Lenkungskreis zum Milliarden-Bahnprojekt Stuttgart 21 Quelle: dpa
Demonstration gegen Stuttgart 21 Quelle: dpa
18. November 2015Das Verwaltungsgericht Stuttgart erklärt den Wasserwerfer-Einsatz gegen die Demonstranten 2010 für rechtswidrig. Beim Protest gegen die Baumrodungen im Schlossgarten habe es sich rechtlich gesehen um eine vom Grundgesetz besonders geschützte Versammlung gehandelt. Die Polizei habe „mit Kanonen auf Spatzen geschossen“. Daraufhin entschuldigt sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bei den Opfern, von denen einige Entschädigungen zugesprochen bekommen. Quelle: dpa

Kompliziert sei der Bau auch wegen des Grundwassers. „Der neue Bahnhof liegt ungünstig zur eigentlichen Fließrichtung des Grundwassers“, erklärt Schwonke. Das Grundwasser kann nicht im großen Stil abgepumpt werden. Dies muss abschnittsweise erfolgen – was den Bau wiederum komplizierter mache und verlängere, so der 53-jährige Ingenieur.

Für das Abwasser wiederum werden drei sogenannte Düker gebaut, also unterirdische Wasserleitungen. Aus Sicht der Kritiker sind die Düker ein neuralgischer Punkt des Projektes – bei heftigem Niederschlag drohten sie überzulaufen, die ganze Umgebung könnte überschwemmt werden. Bahn-Mitarbeiter Schwonke widerspricht. Die Düker könnten extreme Hochwasser meistern, sagt er. Trotz der Verzögerungen hält die Bahn die ursprünglich geplante Bahnhofs-Inbetriebnahme im Jahr 2021 noch für machbar.

Ingenieur Schwonke übt sich in Optimismus. Die Vorbereitungen seien nun einmal aufwendig gewesen. „Aber jetzt können wir richtig loslegen, es dürfte stramm vorangehen.“

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