Süßes Investment Zückerchen für Anleger

Leiser als Finanz- und Schuldenkrise hat sich ganz allmählich die nächste Schieflage entwickelt – auf dem Zuckermarkt. Der Zuckerpreis in Europa ist fast doppelt so hoch wie in der restlichen Welt. Wer Gewinner und Verlierer der Zuckerkrise sind und wie Anleger profitieren können.

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Wo Deutsche investieren – und wovor sie sich fürchten
Die Angst vor einem Auseinanderbrechen der Euro-Zone und die Probleme rund um Griechenland haben bei den deutschen Sparern ihre Spuren hinterlassen. Bei der Geldanlage sind die Deutschen heute deutlich vorsichtiger gestimmt, als zu Beginn der Finanzkrise. Das ist das Ergebnis des fünften Schroders Investmentbarometers. Auf den folgenden Seiten zeigen wir, wo die Deutschen ihr Geld heute investieren - und wovor sie sich fürchten.Quelle: Schroders Investment Management GmbH Quelle: REUTERS
EuropaDie Untergangspropheten für den Euro haben ganze Arbeit geleistet. Mittlerweile sehen 40 Prozent der deutschen Anleger Europa als die Region mit dem höchsten Risiko. Damit liegt der europäische Staatenverbund vor allen übrigen Regionen und Ländern. Die gestiegene Risikoaversion macht sich auch bei der Geldanlage der Deutschen bemerkbar. Im Vergleich zum Vorjahr wurden Investitionen in Europa um 15 Prozent zurückgefahren. Als sicher sehen die Deutschen im Moment nur ihr eigenes Heimatland. Gerade einmal 3 Prozent der deutschen Sparer würden ihr Geld nicht in der Bundesrepublik investieren. Quelle: dapd
ImmobilienImmobilien gelten momentan als einer der sichersten Anlagen. In den europäischen Metropolen überteigt die Nachfrage oftmals das Angebot. Dadurch klettern die Preise seit Jahren auf immer neue Rekordwerte. Auch für viele deutsche Anleger sind trotz der Krise Immobilien der Fels in der Brandung. 32 Prozent halten europäische Immobilien für besonders sicher. Quelle: dpa
AktienmärkteDas ständige Auf und Ab an den europäischen Aktienmärkten hielt viele deutsche Anleger in den letzten Jahren von einem Investment ab. Gerade einmal jeder fünfte Kleinanleger investierte sein Erspartes in Aktien. Trotzdem werden europäische Aktien von 21 Prozent der Befragten als sicher eingestuft. Quelle: dapd
DeutschlandDie Vorliebe für Deutschland als Anlageregion ist mit der Sorge um die Euro-Zone gestiegen. Mittlerweile investieren mehr als 80 Prozent der Befragten den größten Teil ihres Geldes in der Bundesrepublik. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von neun Prozent. Dagegen sehen die Deutschen internationale Anlagen als zu risikoreich. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Befragten gab an, keine Inventionen im Ausland tätigen zu wollen. Das sind zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Quelle: dpa
AsienDie asiatischen Länder mussten sich im letzten Jahr mit einem geringeren Wachstum zufrieden geben. Trotzdem sehen 46 Prozent der deutschen Anleger die Region als Wachstumsmarkt von morgen an. Das heißt aber nicht, dass sie dort auch tatsächlich investieren. Der Anteil der Anleger, die in der Region (ohne China und Japan) investiert sind, schrumpfte von fünf auf ein Prozent. Quelle: dapd
ChinaKnapp 20 Prozent der deutschen Privatanleger halten eine Investition in China für sinnvoll. Die Zahl der in China investierten Anleger halbierte sich dennoch im vergangenen Jahr von vier auf zwei Prozent. Quelle: AP


Nicht ganz zwei Monate dauerte der Spuk beim Brausestäbchen-Hersteller Sadex bei Winnenden. Der Traditionsbetrieb meldete Anfang 2012 Insolvenz an. Zwei Hauptgründe für die Zahlungsunfähigkeit machte der Insolvenzverwalter aus: hohe Außenstände für bereits gelieferte Ware und den rekordverdächtig hohen Zuckerpreis. Die hohen Rechnungen für den unverzichtbaren Rohstoff konnte Sadex nicht mehr zahlen. Um den Betrieb zu erhalten, musste das Unternehmen verkauft werden.

Zur Zeit der Sadex-Insolvenz kostete ein Tonne Zucker 654 Euro. Und für die Süßwaren- und Getränkehersteller, die zusammen für mehr als ein Drittel des gesamten deutschen Zuckerbedarfs stehen, hat sich die Lage weiter verschlimmert. Heute kostet eine Tonne Zucker im Schnitt 728 Euro und damit noch mal elf Prozent mehr als zu Zeit der drohenden Sadex-Pleite. 2010 lag der Preis für die Tonne noch deutlich unter 500 Euro. Von den Preissteigerungen sind auch andere Branchen betroffen: Bäckereien und Konditoreien ebenso wie Hersteller von Speiseeis und Milchprodukten, Marmeladen oder Obstkonserven. Haushaltszucker macht etwa 16 Prozent der gesamten Nachfrage in Deutschland aus.

Diesmal sind die Agrarspekulanten von jeder Schuld reingewaschen. Diesmal haben keine irrwitzigen Geschäfte mit dem landwirtschaftlichen Rohstoff den Preis nach oben getrieben. Das Paradoxe am Fall Sadex und der Zuckerkrise in der Süßwaren- und Getränkeindustrie: Der Preis ist immens hoch, obwohl Zucker eigentlich im Überfluss vorhanden ist. Trotzdem kämpfen die Branchen, die Zucker im großen Stil weiterverarbeiten, mit Versorgungsengpässen. Das Angebot an Zucker ist immer wieder knapp, die Nachfrage kann zeitweise nicht gestillt werden. Das treibt den Zuckerpreis.

Allerdings erklimmt der Zuckerpreis nur in Europa immer neue Höhen. Auf dem Weltmarkt ist Zucker auch nicht knapp – und deshalb mit einem Preis um die 370 Euro je Tonne rund um die Hälfte billiger als der EU-Zucker. Bereits seit 2011 fällt der Zuckerpreis auf dem Weltmarkt.

Süße Geldanlagen

Schuld am hohen Europapreis ist maßgeblich die Europäische Union, die mit ihrer Zuckermarktreform den Produzenten ein enges Korsett gegeben hat. Um Überkapazitäten bei den Rübenbauern und Raffinerien in Europa abzubauen und die Branche gleichzeitig wieder international wettbewerbsfähig zu machen, wurde die produzierte Menge in der EU 2006 begrenzt, die sogenannte Zuckerquote. Seitdem dürfen die Zuckerhersteller nur noch 80 bis 85 Prozent des europäischen Bedarfs decken. Der Rest soll seit 2009 vorrangig aus Entwicklungsländern zollfrei importiert werden, um die dortige Zuckerherstellung zu stärken. Große Zuckerexporteure wie Brasilien, Thailand oder Australien werden durch hohe Schutzzölle in Höhe von 419 Euro pro Tonne vom europäischen Markt ferngehalten. Zuletzt lag die Zuckerquote bei 13,7 Millionen Tonnen. Der Bedarf in der EU lag um drei Millionen Tonnen höher. Zum Vergleich: Vor der Reform wurden in der EU 22 Millionen Tonnen Zucker produziert, davon konnten nach Deckung der Nachfrage aus Europa noch sechs Millionen Tonnen exportiert werden.

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