Swatch mit Gewinnwarnung Uhrenbauer tickt nicht mehr richtig

Der Schweizer Uhrenhersteller Swatch muss für das erste Halbjahr eine Gewinnwarnung herausgeben. Die Flaute in der Uhrenindustrie dauert nun schon Jahre an. Doch der Swatch-Chef hofft auf Besserung.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
„Ich sehe nicht ein, warum das zweite Halbjahr nicht besser sein soll“ Quelle: dpa

Zürich Wann kauft man sich schon mal eine neue Uhr? Laut dem Chef des Uhren-Imperiums Swatch, Nick Hayek, lassen sich vor allem Reisende dazu verführen, beim Städtetrip oder im Strandgeschäft einen neuen Zeitmesser zu kaufen. Und so macht Hayek die zurückgehenden Touristenströme dafür verantwortlich, dass es bei Swatch derzeit nicht gut läuft. Aber so gar nicht.

Eigentlich veröffentlicht Swatch seine Halbjahresbilanz erst am 21. Juli. Doch der Konzern sah sich gezwungen, bereits eine knappe Woche vorher eine Gewinnwarnung herauszugeben. Demnach ging der Umsatz im ersten Halbjahr des Jahres um etwa zwölf Prozent zurück. Das Geschäftsergebnis scheint in einer anderen Zeitzone hängengeblieben zu sein; es wird um mindestens die Hälfte zurückgehen, kündigte das Unternehmen an.

Swatch gab die Gewinnwarnung vorab bekannt, weil es nach den Gesetzen börsennotierter Unternehmen dazu verpflichtet ist; zu dem Unternehmen gehören neben der Marke Swatch noch die Edeluhren von Blancpain, Omega und Glashütte. Und genau dort schlugen die Nachrichten gleich ein: Viele Anleger gaben der Swatch-Aktie den Laufpass, sie büßte am Freitagmorgen zwölf Prozent an Wert ein. Vor rund zwei Jahren lag die Aktie noch bei Höchstständen um 475 Euro. Inzwischen notieren die Anteilsscheine bei 230 Euro. Der Konkurrent Richemont, zu dem die Uhrenmarke Cartier gehört, verlor an der Börse sechs Prozent an Wert.

Die Schweizer Uhrenindustrie steht vor dem vierten Jahr mit geringem oder gar keinem Wachstum. Große Hersteller reagieren darauf mit geringeren Investitionen in die Produktion. Wachstumsraten von 20 Prozent pro Jahr gehören der Vergangenheit an. „Die Schubkräfte fehlen“, sagte André Bernheim, Chef von Mondaine, einem konzernunabhängigen Hersteller, dessen Zeitmesser den Schweizer Bahnhofsuhren nachempfunden sind, der Nachrichtenagentur Bloomberg. „Die wichtigsten Regionen der Welt haben alle Probleme – von den USA über Europa bis nach China.“

Gerade China war noch für das fulminante Wachstum der Uhrenhersteller verantwortlich, die zum Großteil aus der Schweiz kommen. Dass sich dort das Wachstum schmälert, wirkt sich vor allem auf den Kauf von Luxusgütern wie teuren Uhren aus. Das spüren die Eidgenossen sofort. Der starke Franken, der Exporte in andere Länder verteuert, tut sein Übriges.


Smartwatches machen den Luxusuhren Konkurrenz

Ein weiteres Problem: Smartwatches wie die von Apple. Die intelligenten Armgeräte, die viel mehr können als bloß die Uhrzeit anzeigen, haben den Rivalen aus der Schweiz vor allem im Hochpreis-Segment das Wasser abgegraben.

Vor einem Jahr hatte Swatch laut der Nachrichtenagentur Reuters einen Umsatz von 4,25 Milliarden Franken erreicht. Schon damals ging der Gewinn im Vergleich zum Vorjahr um fast einen Fünftel auf 548 Millionen Franken zurück. Im Januar diesen Jahres erwartete Swatch ein Wachstum beim Absatz seiner Zeitmesser von über fünf Prozent. Dieses Ziel hat Firmenchef Hayek am Freitagmorgen nun endgültig kassieren müssen.

Regional gesehen hat es Swatch nach eigenen Angaben vor allem in Hongkong und Europa schwer gehabt. Swatch-Chef Hayek nannte der Nachrichtenagentur Reuters als Beispiel den französischen Markt, der wegen der angespannten Lage „wahrscheinlich schwierig bleiben“ werde. Im November töteten Attentäter in der Hauptstadt Paris über 130 Menschen und verletzten hunderte weitere. Am späten Donnerstagabend fuhr ein Terrorist mit einem LKW in Nizza in eine Menschenmenge und tötete mindestens 80 Menschen. „Nizza wird dem Tourismus wehtun“, sagte Jon Cox, Analyst bei Kepler Cheuvreux, zu Reuters. „Touristen werden nicht nach Europa reisen und vor allem nicht im Sommer nach Frankreich.“

Solche Ereignisse haben nicht nur Einfluss auf die Zahl der Touristen in dem Land – sondern auch auf die Kauflaune. Denn jetzt muss der Traditionshersteller offenbar ernsthaft darüber nachdenken, die Produktion herunterzufahren. Es lägen „zahlreiche Bestellungsannullierungen“ vor. Ob Mitarbeiter entlassen werden müssten, ist nicht vollständig bekannt. Swatch merkte am Freitagmorgen lediglich an, man wolle Mitarbeiter „nicht als bloßen Kostenfaktor“ betrachten, sondern weiter beschäftigen. Diese Tradition, auch in schwierigen Zeiten zu den Kollegen zu stehen, hätte zur Gewinnwarnung beigetragen.

Im Gespräch mit Reuters gab sich Swatch-Chef Hayek trotzdem hoffnungsvoll. Er sehe nicht ein, warum das zweite Halbjahr nicht besser sein solle. „Das hat nichts mit Hoffnung zu tun, das ist ein Fakt.“ Frankreich werde zwar schwierig bleiben. Hayek erwartet dafür Antrieb von der besseren Entwicklung in China und den Olympischen Spielen in Brasilien.

Allein, wie viel besser das zweite Halbjahr sein werde, konnte der umtriebige Firmenlenker nicht beziffern. „Das werden wir sehen.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%