Tesco kauft Booker Group Abwehrschlacht gegen Aldi

Seit Jahren machen die deutschen Discounter Aldi und Lidl den britischen Supermarktketten das Leben schwer. Nun schlägt der Supermarktriese Tesco zurück. Der Zusammenschluss mit dem Großhändler Booker soll die Wende bringen.

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Der größte britische Einzelhändler Tesco rüstet sich mit einem Zukauf gegen die anhaltende Konkurrenz von Aldi und Lidl. Quelle: AP

London Vergangenen Dezember fiel die letzte Bastion: In vielen der 660 britischen Läden des Discounters Aldi war ein Adventskalender für 8,99 Pfund im Angebot, aus weißlackierten Holz, mit 24 Türchen, zwei Miniatur-Tannenbäumen und einer kleinen Kirche. So unschuldig der Adventskalender wirkte – bei vielen Briten kam er als Kampfansage an das Traditionskaufhaus Harrod's an. Dieses verkaufte ein identisches Modell, allerdings für 64,85 Pfund.

Seit der Eröffnung der ersten Aldi-Filiale 1990 in Birmingham hat der deutsche Discounter konsequent den Platzhirschen Marktanteile abgenommen und hat mittlerweile selbst typisch britische Produkte wie Baked Beans oder Schuluniformen im Sortiment. Auch Lidl erhöht auf der Insel kontinuierlich den Druck auf die etablierten Händler. Nun schlägt der britische Supermarktriese Tesco zurück.

Am Freitag verkündete Tesco-Chef Dave Lewis den Zusammenschluss mit dem britischen Lebensmittelgroßhändler Booker. 3,7 Milliarden Pfund, umgerechnet 4,3 Milliarden Euro, legt Tesco für den Deal auf den Tisch. Booker ist der größte Großhändler auf der Insel und beliefert Cafés, Restaurants und Pubs.

In dieser Branche sind die Margen höher als im reinen Supermarkt-Business, wo die Unternehmen gezwungen sind, wegen des harten Wettbewerbs die Preise immer mehr zu senken, um Einkäufer anzulocken. Booker macht einen Jahresumsatz von rund fünf Milliarden Pfund – Tesco kommt auf knapp 55 Milliarden. Tesco ist mit einem Marktanteil von gut 28 Prozent die größte Supermarktkette im Vereinigten Königreich, doch Aldi und Lidl holen auf.

Auch steigende Preise erhöhen den Druck auf die Supermarktketten in Großbritannien. Im vergangenen Jahr lieferte sich Tesco einen öffentlich ausgetragenen Machtkampf mit dem Lebensmittelhersteller Unilever. Der wollte wegen des gesunkenen Pfundkurses für Waren bis zu zehn Prozent mehr Geld verlangen. Tesco räumte daraufhin Unilever-Produkte wie den beliebten Brotaufstrich Marmite aus den Regalen. Der Streit wurde beigelegt, doch das Problem könnte im laufenden Jahr erst noch Fahrt aufnehmen.


Lewis unterzieht den Konzern einer Radikalkur

Mit dem nun verkündeten Deal sollen Einzel- und Großhandel zusammengeführt werden. So will sich Tesco neue Wachstumsmöglichkeiten erschließen. Zudem soll der Zusammenschluss jährlich 175 Millionen Pfund Kosten einsparen. Es ist keine feindliche Übernahme – das Management beider Unternehmen steht hinter der Transaktion. Seit einem Jahr liefen die Gespräche zwischen den beiden Unternehmen. Die Übernahme dürfte Ende des Jahres oder Anfang 2018 abgeschlossen werden, meint Tesco-Chef Lewis. Einwände von Seiten der Wettbewerbsbehörden erwarte er nicht.

Am Markt kamen die Pläne gut an. Die Aktien von Booker legten an der Londoner Börse deutlich zu, und auch der Kurs von Tesco stieg um kräftige zehn Prozent – vermutlich nicht zuletzt wegen der Aussicht auf eine Dividende. Denn Tesco-Chef Lewis versprach, in Zukunft wieder Gewinne auszuschütten.

Auch Analysten äußerten sich positiv. Tesco werde „überall” präsent sein, prophezeite Neil Wilson von ETX Capital. Der Zusammenschluss werde einen „Giganten” erschaffen, der in den Verhandlungen mit Zulieferern seine Muskeln spielen lassen könne. „Tesco ist zurück", sagte Analyst John Ibbotson von der Beratungsfirma Retail Vision laut der Nachrichtenagentur Reuters. „Das ist ein kühner Schachzug und zeigt eine Zielgerichtetheit, die in den vergangenen zehn Jahren so gut wie nicht vorhanden war."

Vor rund drei Jahren hatte Dave Lewis das Kommando bei Tesco übernommen und den Supermarktkonzern einer Radikalkur unterzogen: Unprofitable Geschäfte wurden geschlossen, Kosten gesenkt und Geschäfte wie die Supermärkte in Südkorea, der Türkei sowie die Restaurantkette Giraffe verkauft. Die Maßnahmen zahlten sich aus: Das Weihnachtsgeschäft lief gut – und Tesco schaltet auf Angriff.

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