Thomas Middelhoff BGH bestätigt Untreue-Urteil gegen Ex-Arcandor-Chef

Thomas Middelhoff zählte einst zu den einflussreichsten Managern Deutschlands. Nun ist er ein rechtskräftig verurteilter Straftäter. Seine Revision vor dem Bundesgerichtshof hatte keinen Erfolg.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Arcandor, Thomas Middelhoff. Quelle: dpa

Der Bundesgerichtshof hat die im November 2014 verhängte dreijährige Haftstrafe gegen den früheren Topmanager Thomas Middelhoff bestätigt. Die Richter verwarfen die Revision Middelhoffs gegen die Entscheidung als unbegründet, wie der Bundesgerichtshof mitteilte. Das Urteil ist damit rechtskräftig und der Manager muss nach Angaben aus Justizkreisen damit rechnen, dass ihm die Staatsanwaltschaft Bochum in absehbarer Zeit einen Termin zum Strafantritt nennt.

Der frühere Chef des inzwischen pleitegegangenen Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor war vom Essener Landgericht wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte sich nach Auffassung des Gerichts private Flüge und eine Festschrift für seinen Mentor zu Unrecht von seinem damaligen Arbeitgeber bezahlen lassen. Middelhoff wurde noch im Gerichtssaal wegen Fluchtgefahr verhaftet, kam aber gut fünf Monate später gegen eine Kaution von 895.000 Euro wieder frei.

Diese deutschen Manager müssen unbedingt ins Kino
Die mittlerweile vierte Filmbiografie des Apple-Mitgründers und Technik-Gurus Steve Jobs geht in deutschen Kinos an den Start. Über Jahre hat der exzentrische Geschäftsmann mit dem schwarzen Rollkragenpullover das Bild des Konzerns aus Cupertino geprägt wie kein zweiter. Doch auch deutsche Unternehmen hatten bisweilen charismatische Führungsfiguren an der Spitze. Die Geschichten dieser Manager wären ebenfalls eine Verfilmung wert. Quelle: REUTERS
Sie nannten ihn „Big T“: Angefangen hat er im Vertrieb der väterlichen Firma, doch richtig groß wurde Thomas Middelhoff erst Jahre später als Vorstandsvorsitzender des Bertelsmann-Verlags – bis er sich mit dem Firmenpatriarchen Reinhard Mohn zerstritt. Sein anschließendes Engagement als Vorsitzender des Aufsichtsrats bei der ehemaligen Karstadt-Mutter Arcandor (vormals KarstadtQuelle) wurde ihm zum Verhängnis. Seit der Insolvenz des Konzerns 2009 sieht sich Middelhoff zahlreichen Verfahren gegenüber, in denen ihm Untreue und Steuerhinterziehung vorgeworfen wurden. Unter anderem soll er Privatreisen mit einem Helikopter als Firmenkosten abgerechnet haben. Das Landgericht Essen verurteilte den ehemaligen Manager daraufhin zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Im März 2015 hat Middelhoff Privatinsolvenz angemeldet. Quelle: dpa
Fast sechs Jahre lang stand Martin Winterkorn an der Spitze eines der größten Autokonzerne der Welt. Als Vorstandschef bei Volkswagen erhielt er 2011 mehr als 17 Millionen Euro Jahresgehalt – mehr als jeder andere Dax-Manager vor ihm. Sogar gegen den ewigen Firmenpatriarchen und ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piech, der Winterkorn Anfang des Jahres aus dem Unternehmen drängen wollte, konnte sich der 68-Jährige letztlich durchsetzen. Doch dann kam der Abgasskandal. Und mit ihm der vorläufige Untergang des Martin Winterkorn. Quelle: dpa
1984 stieg Matthias Graf von Krockow als persönlich haftender Gesellschafter bei der Frankfurter Traditionsbank Sal. Oppenheim ein – auf Wunsch der Familie seiner Ehefrau, Ilona Baronesse von Ullmann, die zur Gründerfamilie des Bankhauses gehört. Was folgt, ist ein aristokratisches Trauerspiel: Seit 2010 ermittelte die Staatsanwaltschaft Köln gegen Graf von Krockow und andere ehemalige Geschäftsführer wegen Verdachts auf Untreue und Beihilfe zur Untreue. Das Landgericht Köln verurteilte den 74-Jährigen daraufhin zu einer zweijährigen Haftstrafe. Quelle: dpa
Angeklagt hat ihn noch keiner, weniger streitbar ist er deswegen aber nicht: Oliver Samwer, Mitgründer des Internet-Konzerns Rocket Internet, startete seine Karriere mit einem Coup. Zusammen mit seinen Brüdern Marc und Alexander sowie weiteren Partnern gründete er 1999 das Internet-Auktionshaus Alando, noch bevor der spätere Branchenprimus eBay in Deutschland Fuß fassen konnte. Nur zwei Monate nach dem Start von Alando verkauften die Brüder ihre Plattform an den US-Vorreiter – für 43 Millionen Dollar. Mit diesem Geld starteten die Samwers den Klingelton-Anbieter Jamba, den sie vier Jahre später wiederum für 273 Millionen Dollar verkauften. Quelle: dpa
Seit sechs Jahren ist er tot, dennoch ist sein Name derzeit wieder in aller Munde: Robert Louis-Dreyfus, langjähriger Adidas-Manager, wird verdächtigt, in Schmiergeldzahlungen für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland verwickelt gewesen zu sein. Als Vorstandsvorsitzender führte er Adidas 1993 erst aus der Krise und zwei Jahre später an die Börse. Bis zu seinem Tod war er größter Anteilseigner des Fußball-Clubs Olympique Marseille, saß im Vorstand des belgischen Vereins Standard Lüttich. Louis-Dreyfus starb an einer Leukämie-Erkrankung. Quelle: dpa
Als Fußballspieler gewann er nahezu alle wichtigen Titel, später als Vereinsmanager und Präsident des FC Bayern München dann die Sympathie der Fans – bis zu seinem großen Absturz 2013. Da wird Uli Hoeneß erstmals öffentlich Steuerhinterziehung vorgeworfen, es geht um insgesamt 28,5 Millionen Euro Steuern. Im Juni 2014 trat Hoeneß daraufhin eine Freiheitsstrafe an, allerdings mit erleichterten Haftbedingungen. Anfang März 2016 könnte er freikommen. Wurde schon in Deutschland verfilmt, wäre aber auch etwas für Hollywood. Quelle: dpa

Middelhoff selbst hatte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe immer bestritten. Seine Anwälte zeigten sich enttäuscht über die Entscheidung. Sie bekräftigten ihre rechtlichen Bedenken gegen den Schuldspruch. Außerdem bemängelten sie, dass die verhängte Strafe nicht zuletzt im Vergleich zu den Schadensbeträgen bei anderen Wirtschaftsstrafverfahren „unverhältnismäßig streng“ sei.

Gleichzeitig signalisierten sie Zweifel, ob der Manager die Haftstrafe überhaupt antreten könne. Der 62-Jährige sei in der Untersuchungshaft schwer an einer Autoimmunkrankheit erkrankt und bedürfe einer engmaschigen ärztlichen Betreuung. „Ob Herr Dr. Middelhoff die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe antreten kann, muss daher in einem fairen Verfahren eingehend und sorgfältig geprüft werden“, verlangten sie.

Das Landgericht hatte es als erwiesen angesehen, dass Middelhoff zwischen 2005 und 2009 in 26 Fällen rein private Reisen über seinen Konzern abrechnete. Insgesamt habe er so für Charterflüge, Hotels und Limousinenservice knapp 310.000 Euro ausgegeben. Weitere 180.000 Euro soll die Festschrift gekostet haben. Der Vorwurf der Steuerhinterziehung hängt mit diesen Ausgaben zusammen.

Der Arcandor-Konzern schlitterte 2009 in die Pleite. Middelhoff, einst einer der einflussreichsten Manager Deutschlands, hat seinerseits inzwischen Privatinsolvenz angemeldet. Es ist nun Sache der Staatsanwaltschaft Bochum, dem Manager einen Termin zum Strafantritt zu nennen. Im Normalfall geschehe dies innerhalb einiger Wochen, hieß es dort. Seine Verteidiger könnten allerdings auch noch gegen die BGH-Entscheidung Verfassungsbeschwerde einlegen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%