Tiefkühlproduzent Was Nomad Foods mit Iglo will

Permira hat die Iglo Group an eine US-Investorengesellschaft verkauft. Iglo hat seit 2011 mit einem rückläufigem Umsatz zu kämpfen – trotzdem könnte sich das Investment auszahlen. 

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Die Tiefkühlabteilung eines Supermarkts Quelle: AP

Für 2,6 Milliarden Euro soll die Iglo Group im Juni dieses Jahres den Besitzer wechseln. Das 1959-gegründete Traditionsunternehmen soll an die amerikanische Investorengruppe Nomad Foods gehen.

Für Permira war das Iglo-Investment ein lohnendes Geschäft. Vor mehr als acht Jahren für 1,7 Milliarden Euro von Unilever gekauft, hat Permira mehr als das 2,4-fache seines Eigenkapitaleinsatzes herausholen können, wie die Financial Times von Insidern erfahren hat.

Die Frage ist, was will die frisch gegründete Investorengruppe, die ihren Hauptsitz auf den britischen Jungferninseln hat, mit dem Tiefkühlriesen?

Für Nomad Foods, im vergangenen Jahr von den US-Magnaten Martin Franklin und Noam Gottesman gegründet, ist Iglo der erste Zukauf. Weitere sollen folgen. Ziel der Gruppe ist es, ein großer Spieler auf dem internationalen Lebensmittelmarkt zu werden.

Was für das Investment spricht

Firmen aus Euro-Ländern sind für Investments von US-Gruppen wie Nomad Foods aktuell besonders attraktiv aufgrund des zum US-Dollar relativ schwachen Euros. Zudem ist Iglo nach wie vor die beliebteste Tiefkühl-Marke in Deutschland – eine ähnliche Stellung nehmen auch die Ableger in Großbritannien, Italien und Österreich ein.

Die beliebtesten Tiefkühl-Marken

Insgesamt beträgt der Marktanteil der Iglo-Gruppe am europäischen Tiefkühlmarkt rund 30 Prozent. Dabei ist Iglo hochprofitabel – bei einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euro konnte Iglo einen operativen Gewinn vor Abschreibungen von mehr als 300 Millionen Euro generieren. Trotzdem wollte Permira Iglo schon 2012 abstoßen. Damals galt Nestlé als Interessent, der weltgrößte Spieler auf dem Lebensmittelmarkt. Allerdings konnten sich Permira und Nestlé nicht auf einen Preis einigen.

Was gegen das Investment spricht

Das der Londoner Investor Iglo trotz der Profitabilität verkauft hat seine Gründe: Seit 2011 geht Iglos Umsatz zurück. Das liegt vor allem daran, dass der Tiefkühlmarkt immer stärker umkämpft ist.

Nach aktuellen Zahlen des Branchenverbands Deutsches Tiefkühlinstitut (dti) legte der Gesamtumsatz mit Tiefkühlwaren in Deutschland zwar 2014 um drei Prozent gegenüber dem Vorjahr zu – getrieben wurde das Wachstum aber vor allem vom Außer-Haus-Markt. Dieser umfasst unter anderem Schnellrestaurants, Imbisse und Kantinen. Der Außer-Haus-Markt generiert mittlerweile fast die Hälfte des Gesamtumsatzes der Tiefkühlbranche.

Auf diesem Markt ist Iglo allerdings nicht tätig – das Traditionsunternehmen bedient primär Einzelhandel. Der ging in Deutschland im vergangenen Jahr um 1,1 Prozent zurück. Zudem ist die Konkurrenz auf dem rückläufigen Markt groß.

Die Probleme im Einzelhandel

Neben anderen Marken wie Frosta, die mit hochwertigen Produkten versuchen, das obere Preissegment in Deutschland abzudecken, entfällt ein immer größerer Teil des Einzelhandelsumsatzes auf die Eigenmarken – mittlerweile mehr als 50 Prozent; nicht nur bei Discountern, sondern auch bei Supermärkten wie Rewe.

Ein weiteres Problem: Die Handelslandschaft hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert hat. Vier Unternehmen kontrollieren 85 Prozent des deutschen Einzelhandels: Aldi Nord und Süd, Rewe, Edeka und die Schwarz-Gruppe, deren berühmtester Vertreter die Discount-Kette Lidl ist. In Großbritannien kommen die großen vier – Tesco, Asda, Sainsbury’s und Morrison – auf mehr als 76 Prozent.

Die Einzelhandelsketten nutzen ihre hervorragende Marktstellung aus, um um jeden Cent mit den Produzenten zu feilschen. Das drückt die Gewinne, sowohl von Marken als auch von Eigenmarkenproduzenten.

Zudem schmälert der hohe Marktanteil Iglos sowie die im Vergleich zu den Eigenmarken hohen Preise die Wachstumschancen. Denn 85 Prozent des Umsatzes werden in Großbritannien, Deutschland, Österreich und Italien erwirtschaftet – und hier ist die Iglo-Gruppe bereits überall Marktführer, was die Markenprodukte betrifft.

Die Zukunftsaussichten

Doch gerade die schwierige Marktsituation könnte Iglo in die Hände spielen wie Martin Fassnacht, Professor für Marketing und Handel an der Koblenzer WHU-Otto Beisheim School of Management, glaubt: „Eine Marke wie Iglo, die von den Endkonsumenten stark gefragt ist, hat eine starke Position gegenüber dem Handel.“ Vor allem internationale Handelsketten kooperierten zudem lieber mit international starken Marken – ein Vorteil gegenüber der Konkurrenz.

Das könnte Iglos Wachstumspläne erklären. Bis 2020 will der Chef des Tiefkühlproduzenten Elio Leoni Sceti den Umsatz verdoppeln.

Um solche Umsatz-Sprünge zu erreichen, gäbe es zwei Möglichkeiten: Eine stärkere Internationalisierung oder eine Erweiterung der Produktgruppen. So berichtet die Financial Times, dass Iglo mit Tiefkühl-Croissants in den Frühstücksmarkt vordringen will.

Die beliebtesten Tiefkühlwaren im Einzelhandel

„Was die Erweiterung der Produktpalette betrifft, ist in der Vergangenheit allerdings schon viel passiert“, sagt Fassnacht. So würde lediglich ein Drittel des Umsatzes in Deutschland mit Fisch-Produkten gemacht – für die Iglo einmal stand. 70 Prozent entfielen etwa auf Tiefkühl-Gemüse, Chicken Nuggets, Burger und Tiefkühl-Produkte.

Bye bye, Käpt’n Iglo

In diesem Zusammenhang macht aus seiner Sicht auch der Abschied von der Werbe-Figur „Käpt’n Iglo“ Sinn, den der Iglo-Chef Sceti durchsetzte. „Den Käpt’n assoziiert man vor allem mit Fisch – für andere Produktgruppen macht er wenig Sinn“, so Fassnacht. „Man fängt ja keine Hühner auf dem Meer.“ Geworben wird jetzt vor allem mit der Qualität der Produkte.

Was die stärkere Internationalisierung betrifft, sieht Fassnacht wenig Möglichkeiten. „Erfolgreich in neuen internationalen Märkten zu sein, setzt hohe Investitionen und einen langen Atem voraus.“ Auch existierten in diesen Märkten starke Marken und preisgünstige Konkurrenz, die Neuanbieter wie der Premiummarke Iglo das Leben schwer machen. Deswegen hält Fassnacht eine Umsatzverdopplung bis 2020 für ein „äußerst ambitiöses Ziel“.

Für Nomad Foods könnte sich die Investition trotzdem auszahlen, denn mit Iglo haben sie die stärkste Tiefkühl-Marke Europas eingekauft. Ein Engagement auf dem Außer-Haus-Markt könnte zudem Wachstumschancen bieten.

Zudem hat Iglo es im vergangenen Jahr geschafft, in acht von zwölf Märkten, in denen es aktiv ist, zu expandieren. Die beiden wichtigsten Märkte, Deutschland und Großbritannien, zählten aber nicht dazu.

Ob die Verdopplung des Umsatzes bis 2020 am Ende ein realistisches Ziel ist, bleibt fraglich. Sceti, der das Ziel ausgab, wird das Unternehmen verlassen, sobald die Übernahme vollzogen ist. Wie die Financial Times berichtet, bleibt er Nomad Foods allerdings als Aufsichtsrat erhalten.

Und auch Permira könnte sich bezüglich Iglos Wachstumschancen noch Hoffnungen machen – immerhin haben sie neun Prozent des Unternehmens gehalten.

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