Tobias Heitmanns Hund hat eine Allergie gegen Getreide. Das ist ärgerlich. Noch ärgerlicher ist, dass Getreide eine gängige Zutat in der Tierfutter-Industrie ist. So individuell jeder Hund ist, so individuell sollte auch sein Futter zusammenstellbar sein, befand Heitmann. So brachte ihn das Problem seines Labradoodles, einer Mischung aus Labrador und Pudel, auf seine Geschäftsidee: Wunschfutter.de. In diesem Internet-Shop können Frauchen und Herrchen seit über einem Jahr ihr Hundefutter individuell zusammen stellen und bestellen. Sie haben die Wahl zwischen drei Basismischungen: Lamm mit Kartoffeln, Huhn mit Erbsen und Lachs mit Süßkartoffeln. Dazu können sie je nach Bedürfnis des Hundes weitere Zutaten auswählen – etwa für glänzendes Fell, bessere Gelenke oder ein starkes Immunsystem.
Katzen würden online kaufen
Mit diesem Konzept erhält ein Wirtschaftstrend der vergangenen Jahre nun auch Einzug in die Tierfutter-Branche: „Mass Customization“, die individualisierte Massenproduktion. Bisher gab es das in Deutschland nur bei Produkten für Menschen: Ob mit selbst gemischtem Müsli (Mymuesli.de) oder individuell gestalteten T-Shirts (Spreadshirt.de) – durch das Internet können Firmen eine Fülle an unterschiedlichen Kombinationen anbieten.
Bekannte Kopien erfolgreicher Firmen
Rabattgutscheine übers Internet: Die Idee der US-Plattform Groupon lockte in Deutschland mehrere Nachahmer. Einen davon kaufte sich Google. Aber der erfolgreichste hieß Citydeal: Den Klon der Samwer-Brüder schnappte sich Groupon selbst – im Tausch gegen Firmenanteile, von denen die Citydeal-Gründer und Investoren später einen Teil für 170 Millionen Dollar verkauften.
Zwei Millionen individuelle Produkte, 130.000 Anbieter: „Die Einzigartige“ bedeutet der Name des Online-Marktplatzes Dawanda. Doch das Unternehmen ist ein Klon des US-Portals Etsy.
Rot statt blau – das war anfangs einer der wenigen Unterschiede zwischen Facebook und StudiVZ. Anfangs Marktführer in Deutschland, wurde StudiVZ 2009 von Facebook überholt. Heute fristet es ein Schattendasein.
Kurz nachdem in den USA Twitter gestartet war, ging in Deutschland Frazr auf Sendung. Als Twitter im Jahr 2009 bereits mehr als eine Million Nutzer in Deutschland zählte, gab Frazr auf.
In der Tierfutter-Industrie hat sich das Internet zu einem viel versprechenden Absatzkanal entwickelt. Auch wenn es keine branchenweiten Online-Absatzzahlen gibt, schneidet das Internet unter den 6.500 befragten Tierbesitzern einer Studie des Tiernahrungsherstellers Nestlé Purina Petcare als bester Vertriebskanal ab. Der marktführende Online-Händler Zooplus.de geht in seinem aktuellen Halbjahresbericht davon aus, dass der Internet-Anteil innerhalb der Branche in den kommenden Jahren um 20 Prozent jährlich steigen wird.
Tatsächlich herrscht schon viel Bewegung in der Branche. Vor einem Jahr ging der Online-Shop MeineStrolche.de online, Anfang diesen Jahres folgte Hundeland.de, außerdem fusionierten Futterland und ZooRoyal.de. Auch Wunschfutter.de möchte vom Kuchen ein Stück ab haben – im Gegensatz zu den anderen genannten Anbietern mit seinem „Mass Customization“-Konzept.
Geschmacksnerven überlisten
Das bringt jedoch mehr Aufwand und mehr Kosten mit sich, als bei regulären Online-Shops üblich. Denn Wunschfutter.de ist nicht nur Händler, sondern auch Hersteller. Eine besondere Herausforderung ist zudem, dass das zehn Mitarbeiter starke Unternehmen für jeden Kunden ein anderes Futter herstellt – und kein einheitliches für alle. „Natürlich ist eine solche individuelle Produktion aufwendiger, aber wir haben die Abläufe gut automatisiert“, sagt Tobias Heitmann. Die Basismischungen und Zutaten, die das Unternehmen von seinen Lieferanten erhält, werden in den unterschiedlich gewünschten Zusammensetzungen in Kroketten gepresst.
Der Clou: Jede Krokette enthält alle ausgewählten Zutaten. Das stellt sicher, dass die Hunde, auch alles fressen, was für sie vorgesehen ist. Würden alles einzeln im Napf landen, könnten sie einzelne Zutaten auslassen, etwa weil sie sie nicht mögen. Das verhindern die Kroketten jedoch.