Wer sicher gehen möchte, nicht getäuscht zu werden, kauft am besten beim Produzenten vor Ort ein. Doch lange Wege zum Bauernhof des Vertrauens passen meist nicht in die Tagesplanung von Berufstätigen – und bergen das Risiko einer schlechten CO2-Bilanz.
Fabian Schneider, Besitzer des Bauernhofs Schneider, kennt das Problem. Sein Hof liegt 15 Kilometer vom Siegener Stadtzentrum entfernt. Um den Siegenern trotzdem seine Eier zu verkaufen, vertreibt er sie seit einem Monat über den Online-Marktplatz Lokaso. Und es funktioniert. „Die Nachfrage nach regionalen Produkten ist da. Die Leute wollen einfach wissen, wo die Eier herkommen“, sagt Schneider. „Auf einen Online-Verkauf wäre ich von selbst nicht gekommen.“
Der digitale Marktplatz für die Stadt Siegen und ihre Umgebung möchte schneller und näher am Kunden sein als Amazon. „Die Einzelhändler haben die Produkte, wir die Technik“, sagt Lokaso-Gründer Patrick Schulte. Die Produkte aus der Region Siegen sind vielen geläufig. „Die Kunden verbinden Emotionen mit den Blumenläden, Landwirten oder Schuhläden, die bei Lokaso mitmachen“, sagt Schulte. Es nennt es das „Da haben wir schon immer gekauft“-Gefühl, das zählt. Der Kunde wolle diese Emotionen haben, sei aber zu faul, um in den Laden zu gehen, erläutert er.
Wer online bei Lokaso einkauft, sieht alle teilnehmenden Läden. Mit ein paar Klicks kann jeder versandkostenfrei und zum Ladenpreis bestellen. Die Lieferung erfolgt am selben Tag, dank des Lokaso-Lieferdienstes. Schultes Ziel ist, den Läden den Online-Vertrieb möglichst leicht zu machen. "Sie müssen bloß die bestellte Ware irgendwo hinstellen und den Rest erledigen wir." Abgerechnet wird erst an der Haustür der Kunden, denn „kein normaler Metzger schafft es, das Fleisch aufs Gramm genau abzuwiegen.“
Haben die Kunden ein Problem, hilft der Telefonservice weiter. „Man muss nicht für alles einen Button haben, man kann ja auch einfach mal miteinander reden“, sagt der 39-jährige Diplominformatiker. Als einen der größten Vorteile von Lokaso sieht Schulte, dass die Erlöse in Deutschland und zum größten Teil in der Region bleiben. Wer bei Amazon einkauft, schicke sein Geld oft außer Landes, moniert er.
Wer seine Region beim Lebensmitteleinkauf bedenken möchte, muss dafür oft auch ein paar Euro mehr auf die Ladentheke legen. Die Preisdifferenzen zwischen Produkten aus der Region und solchen, die aus anderen Gebieten oder Ländern kommen, schrumpfen laut der Konsumpsychologin Simonetta Carbonaro zwar, die Differenz sei aber noch immer da. „Oft versteckt sie sich hinter dem Komma“, sagt Carbonaro von der Strategieberatung Realise.
Ihr Kollege Votava sieht den Preisunterschied nicht als Problem an. „Wenn jemand ein gutes Frühstücksei wertschätzt, wird er dafür mehr ausgeben“, sagt Votava. Wenn die Kunden das Gefühl haben, sie könnten jederzeit bei dem Huhn vorbeifahren, können sie sich eher mit den Eiern identifizieren. „Identifikation schafft Kaufbereitschaft“. Das bestätigen auch Umfragen der Gesellschaft für Konsumforschung. 50 Prozent der Deutschen geben an, bereit zu sein, für Lebensmittel aus der Region mehr Geld auszugeben. 2010 waren es noch 43 Prozent.
Julian Hans erlebt in seinem Laden jeden Tag mindestens eine Diskussion über den Preis. „Für gute Qualität muss man einfach zahlen“, sagt der Dortmunder. Dafür sind seine Kunden – unter ihnen auch viele Studenten – in der Regel auch bereit. „Das, was die Menschen essen möchten, soll gut sein“, sagt er. Innerhalb von drei Jahren hat sich „Der Hans“ in Dortmund etabliert. Er ist optimistisch, dass die Nachfrage nach regionalen Produkten weiter steigen wird.