Unister Komplett den Überblick verloren

Teile des Mitte 2016 pleite gegangenen Internet-Konzerns Unister waren offenbar schon 2015 zahlungsunfähig. Das geht laut Medienberichten aus einem Gutachten des Insolvenzverwalters hervor. Offenbar hatten die Unister-Chefs den Überblick über ihr wachsendes Firmengeflecht verloren.

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Das Firmenschild von Unister Quelle: dpa

Beim Leipziger Internet-Konzern Unister wurden Millionen hin und her geschoben, in der Buchhaltung herrschte Chaos, auf dem Konto war schon lange Ebbe. In dem Gutachten, über das Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR berichten, übt Insolvenzverwalter Lucas Flöther heftige Kritik an der mangelhaften Buchhaltung in dem Konzern, die ihm eine Übersicht über die finanzielle Lage bis heute stark erschwerten. Auf allen Konten des Unternehmens fanden sich gerade noch knapp 4000 Euro liquide Mittel. Es sei „nicht auszuschließen, dass einzelne Gesellschaften des Unister-Konzerns bereits seit dem Jahr 2015 zahlungsunfähig sind“.

Theoretisch könnte sogar gegen den einstigen Unister-Chef Thomas Wagner „Ansprüche wegen verspäteter Insolvenz-Antragstellung bestanden haben“, heißt es in dem Gutachten. Wagner, Gründer und Chef von Unister, war Mitte Juli bei einem Flugzeugabsturz in Slowenien ums Leben gekommen. Er hatte zuvor in Italien vergeblich versucht, frisches Geld aufzutreiben. Auf dem Rückweg aus Venedig stürzte das Flugzeug von Wagner ab.

Was in Venedig genau passiert ist, ist nicht geklärt. Insidern zufolge soll Wagner einem „venezianischen Geschäftsmann“ rund eine Million Euro in bar übergeben und im Gegenzug einen deutlich höheren Barkredit in Schweizer Franken erhalten haben. Bei den Franken soll es sich aber größtenteils um Blüten gehandelt haben, was Wagner jedoch angeblich erst später auffiel.

Die Unister-Insolvenz - Ein Wirtschaftskrimi?

So lag dem MDR-Magazin „exakt“ eine Bestätigung der italienischen Polizei vor, wonach Wagner vor dem geplanten Rückflug nach Deutschland in Venedig noch Anzeige erstattet hat. Zudem sagte ein Sprecher der slowenischen Polizei dem MDR, an der Absturzstelle habe man „italienische Dokumente“ gefunden - also ein Skript der Anzeige.

Demnach sei Wagner in Venedig betrogen worden, es sei um hohe Summen gegangen. Zudem habe man am Unglücksort 10.000 Schweizer Franken gefunden. Dabei könnte es sich theoretisch um das echte Geld handeln, mit dem die Blüten verdeckt worden sein sollen. Nach dem Tod des Gründers musste die Unister-Holding und andere Beteiligungen Insolvenz anmelden.

Der Absturz war nicht die Ursache für die Insolvenz, sondern der Auslöser. Unternehmenskenner berichteten schon seinerzeit, die Finanzsituation sei seit Langem extrem angespannt gewesen. Sogar von „Insolvenzverschleppung“ war die Rede. Ein Vorwurf, um den sich seitdem auch Insolvenzverwalter Flöther kümmert. Der kommt nun zu dem Schluss, das auf Unister ein Schuldenberg von 58 Millionen Euro laste. Dem stünden nicht einmal 14 Millionen Euro Vermögen gegenüber.

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