Urlaubsguru und Co Das Geschäft mit den Urlaubsschnäppchen

Bald Herbstferien und noch keine billige Reise gefunden? Kein Problem: Anbieter wie Urlaubsguru oder Urlaubspiraten filtern günstige Flüge, Hotels oder Reisen aus dem Web. Doch nicht immer gibt es pures Urlaubsglück.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Entspannter Urlaub: Bei günstigen Angeboten können Blogs helfen. Doch Vorsicht: Die Suche kann auch frustrierend sein. Quelle: dpa

Eine Woche Urlaub auf Fuerteventura für 199 Euro? Mit Flug und Hotel? Oder 15 Tage Karibik für 806 Euro – im Fünf-Sterne-Hotel? Solche Angebote klingen fast zu schön, um wahr zu sein. Diese Schnäppchentrips öffentlich zu machen, ist das Konzept von Internet-Reiseblogs, die sich Urlaubspiraten oder Urlaubsguru nennen. Deren Betreiber sind nicht die Anbieter dieser Traumreisen, sondern sie suchen lediglich nach billigen Deals. Doch Experten mahnen zur Vorsicht: Die vermeintlich günstigen Reisen, die dann in den Blogs veröffentlich werden, können auch zu Frust bei Urlaubssuchenden führen. Denn sie sind nur temporär verfügbar und zumeist stark limitiert.

Daniel Krahn, 32, zählt zu den Gründern eines solchen Schnäppchenblogs. Gemeinsam mit seinem Freund Daniel Marx, 28, betreibt er seit Juli 2012 die Seite Urlaubsguru.de. „Am Anfang habe ich für mich selbst nach günstigen Reisen im Internet gesucht, bei denen ich viel Geld sparen konnte“, sagt Krahn, der vorher bei einer Tageszeitung als Medienberater und freier Journalist tätig war. Erst habe er nur für Freunde Reisen gesucht, dann für die Freunde der Freunde.

Viele Kunden, wenig Marge

Aus dem Suchen und Finden entstand letztlich Urlaubsguru, aus dem Hobby ein Geschäftsmodell. In einem Büro am Flughafen in Dortmund gehen für Krahn und den IT-Ingenieur Marx mittlerweile bis zu 70 Mitarbeiter täglich auf die Suche nach billigen Reisen.

Die beiden Jungunternehmer starteten zunächst mit dem Veröffentlichen von günstigen Angeboten und Urlaubsberichten. Der Durchbruch sei dann Anfang 2013 mit einem „Knaller-Angebot“ gekommen, wie Krahn sagt: „Für sechs Euro gab es eine dreitägige Reise nach Budapest – inklusive Hotel“, erinnert er sich. Das Angebot verbreitete sich über die sozialen Netzwerke, innerhalb kurzer Zeit erlangte der Name der Seite so Bekanntheit. So kamen immer mehr Besucher auf die Website. Im Juli 2014 klickten nach Betreiberangaben rund zwölf Millionen Besucher auf die Seite, über anderthalb Millionen Nutzer folgen dem Blog auf Facebook. Damit gehört Urlaubsguru aktuell zu den beliebtesten Reise-Schnäppchen-Portalen im Netz.

Der Erfolg von Schnäppchenblogs wie Urlaubsguru hat einen speziellen Namen: Affiliate-Marketing. Dabei handelt es sich um ein System, bei dem der kommerzielle Anbieter seinem Vertriebspartner Provisionen für weitervermittelte Produkte oder Angebote zahlt. In diesem Fall sind es die Reiseanbieter, die den Schnäppchenblog-Betreibern Geld dafür zahlen, dass Blogbesucher via Link auf ihre Angebotsseite kommen und die gewünschte Reise dort buchen. Urlaubsguru oder Urlaubspiraten verkaufen die Reisen also nicht selbst, sondern machen Nutzer nur auf Angebote der Reisveranstalter aufmerksam.

In der Regel sind die Provisionen bei diesen „Pay-per-Sale“- oder „Pay-per-Click“-Modellen überschaubar. „Die Gewinnmargen liegen im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Hier macht es sicherlich die Summe“, sagt Jan Mauelshagen, Professor für Reiseveranstaltermanagement an der Hochschule Worms. Konkrete Zahlen zu Umsätzen in dieser neuen Internetsparte liegen nicht vor.


Für Schnäppchen gibt es keine Suchmaschine

Auch bei Urlaubsguru hält sich Jungunternehmer Krahn bedeckt. Seine GmbH hat zwar eine Publizitätspflicht, was den Jahresabschluss betrifft, allerdings ist die Firma noch so jung, dass bisher keine Details öffentlich sind. Urlaubsguru sei aber komplett selbstfinanziert und habe keine Investoren ins Boot geholt, sagt Krahn. „Wenn man ein hochgradig reiseaffines Publikum mit den passenden Angeboten anspricht, kann am Ende durchaus ein positiver Deckungsbeitrag übrig bleiben", schätzt Experte Mauelshagen.

Für die Urlaubsgurus bedeutet das aber tagtäglich intensive Recherche nach lukrativen Angeboten. „Für so etwas gibt es ja keine Suchmaschinen“, erklärt Krahn: „Wir müssen jeden Morgen eigenständig wieder nach Schnäppchen suchen.“

„Erst mal auf das Ticket warten“

Bei Flügen können das sogenannte „Error Fares“ sein, Fehler im hochkomplizierten Buchungssystem der Fluglinien. Eine fehlende Null im Gesamtflugpreis oder das Fehlen des Kerosinzuschlags führt dann plötzlich zu einem richtigen Schnäppchen. Da kann dann mal ein Hin- und Rückflug nach New York nur 44 Euro kosten.

„Wir weisen bei diesen Flügen immer darauf hin, dass man nach der Buchung die Füße still halten und erst mal auf das Ticket warten soll“, erklärt Urlaubsguru Krahn. Sonst könnten die Fluggesellschaften den Preis zurückziehen. „Viele Airlines akzeptieren dann aber aus Kulanz den fehlerhaften Flugpreis“, sagt Krahn. Eine Garantie für den Erhalt des Fluges habe man aber nicht. Im schlechtesten Fall wird der Flug schlichtweg wieder storniert.

Der Reise-Schnäppchen-Blog von Krahn und Marx arbeitet mittlerweile mit 50 Reiseportalen zusammen, die verschiedene Angebote offerieren und den Blogbetreiben unterschiedliche Provisionen zahlen. „Von Fernreisen über Flugtickets bis Busfahrkarten – das sind alles unterschiedliche Gewinnmargen“, erläutert Krahn.

Für etablierte Anbieter wie Opodo oder Lastminute.de seien Schnäppchenblogs schlichtweg ein weiteres Instrument, um Kunden zu gewinnen, sagt Experte Mauelshagen: „Ob Reiseportale Kunden über Google- und Fernsehwerbung ansprechen oder weitere Vermittler wie die Schnäppchenblogs dafür bezahlen, ist letztlich eine rein betriebswirtschaftliche Entscheidung.“


„Wir sind ja kein Reisebüro“

Doch es gibt auch Fallstricke bei den Schnäppchenblogs, auf die Urlaubssuchende aufpassen sollten: „Wir sehen nicht, wie oft eine Reise verfügbar ist“, erläutert Urlaubsguru Krahn. „Umso heißer der Preis ist, desto schneller müssen die Leute dann reagieren.“ Sonst sei die Enttäuschung groß, dass die Traumreise plötzlich doch nicht mehr verfügbar sei. Vielfach würden die Blogbetreiber dann den Frust der Nutzer abbekommen, schildert Krahn. „Aber wir sind ja kein Reisebüro.“

Auch Reisemanagement-Experte Mauelshagen sieht hier Konfliktpotenzial: „Die Leute verstehen und hinterfragen vielfach gar nicht das Geschäftsmodell der Blogs und den Charakter eines Schnäppchens.“

Neutral bleiben statt Provision kassieren

Jedes Angebot sei nur eine sekundenaktuelle Aufnahme. „Es ist paradox: Je besser Blogs ihren Job machen, desto eher findet man auch frustrierte Kunden, die behaupten, dass solche Angebote eh nie buchbar seien und die dahinter Lug und Trug vermuten“, folgert Mauelshagen. Beim Verband Internet Reisebetrieb (VIR) bewertet man den enormen Hype um die Schnäppchenblogs ebenfalls nüchtern. Besonders bei der Leistungsbeschreibung der einzelnen Angebote müsse der Kunde gezielt hinschauen, erklärt VIR-Vorstand Michael Buller: „Manchmal weiß man nicht genau, ob zum Beispiel ein Flughafentransfer inklusive ist.“ Dennoch schienen die Blogs für Konsumenten notwendige Hilfestellungen zu sein, konstatiert Buller.

Diese Hilfe wollen die Urlaubsgurus nun auch außerhalb des deutschen Markts leisten. In elf Ländern sind die Betreiber mit der namentlich leicht abgewandelten Marke Holidayguru vertreten. Und es soll mit den Gewinnen aus dem bisherigen Geschäft noch weiter expandiert werden. „Wir glauben, dass der Markt noch lange nicht erschöpft ist“, sagt Blogbetreiber Krahn. Experte Mauelshagen sieht ebenfalls Wachstumschancen: „Es kann durchaus sein, dass es im Ausland noch besser funktioniert, weil dort zum Teil weniger Transparenz auf den jeweiligen Reisemärkten herrscht.“

Doch ob sich die vielen Reise-Schnäppchen-Blogs langfristig halten werden, sieht VIR-Vorstand Buller skeptisch: „Es werden sich dann nur die durchsetzen, die neutral bleiben und sich nicht nur an Provisionen orientieren.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%