US-Einzelhandel So wappnet sich Walmart gegen den Lidl-Angriff

Die größte Discounterkette der Welt Lidl will die erste US-Filiale eröffnen. Die Expansion des Billigheimers bereitet Walmart Sorgen. Wie der US-Einzelhändler seinen Heimatmarkt gegen die Deutschen verteidigen will.

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Walmart Quelle: Reuters

Seit einiger Zeit gibt es nur ein Thema im US-Einzelhandel für Lebensmittel: Der Markteintritt von Lidl in diesem Sommer. Am 15. Juni soll die erste Filiale des deutschen Discounters eröffnet werden, wie Lidl in dieser Woche bekanntgegeben hat. Insgesamt 20 werden 2017 in Virginia, North Carolina und South Carolina aufgemacht. Im nächsten Jahr kommen 80 weitere Filialen an der US-Ostküste von Georgia bis New Jersey dazu. Die Mitarbeiteranzahl von derzeit rund 2.000 wächst auf 5.000.

Für das Jahr 2018 peilt die Schwarz-Gruppe, zu der neben Lidl auch Kaufland gehört, mindestens einen Umsatz von 100 Milliarden Euro (zum Vergleich: 90,2 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2016/17) an, wie Chef Klaus Gehrig im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Freitagsausgabe) erklärt. Dafür will Gering Abläufe in der Discountkette vereinfachen. „Es ist zwangsläufig, dass man mal etwas Speck ansetzt“, sagte Gehrig und fügte hinzu: „Aber jetzt wird alles auf Null gestellt. Jeder Arbeitsablauf wird geprüft.“ Es solle weniger Besprechungen geben und jede solle ein Ergebnis bringen. „Die Organisationshandbücher müsste man alle zerreißen und neu schreiben.“

Beim Name des deutschen Discounters werden bei Walmart-Managern düstere Erinnerungen wach. Denn als Lidl 1994 in Großbritannien aufschlug, sah sich die Walmart-Tochter Asda einem völlig neuen Konkurrenten gegenüber. Seit 13 Quartalen wuchsen die Umsätze von Asda nicht mehr, während Lidl zusammen mit Aldi Marktanteile gewann. Zusammen beherrschen die Deutschen dort jetzt zwölf Prozent der britischen Marktes, nicht zuletzt zum Nachteil von Asda.

Um einer ähnlichen Niederlage im Heimatmarkt zu vermeiden, bereitet sich Walmart seit einiger Zeit vor: „Seit zwei Jahren positionieren wir uns, um besser im Wettbewerb zu bestehen“, sagte Vorstandschef Doug McMillon kürzlich dem „Wall Street Journal“. So entwickelte Walmart nach dem Vorbild von Lidl mehr Eigenmarken, senkt die Preise von Produkten und versuchen das Bezahlen mit dem Smartphone zu beschleunigen.

Die Läden müssten so bequem für den Kunden werden wie nur möglich, meinte McMillon. Laut dem Manager lohnen sich die Investitionen bereits, die Umsätze steigen. „Es gibt noch viel zu tun“, sagte McMillon, „aber wir sind auf dem richtigen Weg”.

Dank steigender Kundenbesuche und Online-Käufe hat Walmart etwas mehr umgesetzt als erwartet. Die Erlöse wuchsen in dem am 30. April beendeten Quartal um 1,4 Prozent, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Analysten hatten mit 1,3 Prozent gerechnet. Zu dem Ergebnis trug ein um 63 Prozent im Vergleich zum Vorquartal gestiegener Online-Umsatz bei.

Der Überschuss lag wegen einer höheren Steuerbelastung mit 3,04 Milliarden Dollar einen Tick unter dem ein Jahr zuvor erreichten Ergebnis. Für das laufende zweite Quartal peilt Wal-Mart ein Umsatzplus zwischen 1,5 und 2,0 Prozent an. Die Bilanz und die Prognosen kamen vorbörslich gut an: Der Aktienkurs legte um 1,2 Prozent zu.

Das Image des US-Vorzeigekonzerns ist ramponiert

Zuletzt hatte Walmart zu sehr darauf geschielt, seinen Aktionären Gewinne zu liefern. Der Familienkonzern, der den Nachfahren von Walmart-Gründer Sam Walton gehört, sparte an vielem, was ihn einst groß und berühmt gemacht hatte: an qualifizierten Mitarbeitern, an Service und Ausstattung. Die Folge: Der Umsatz des Konzerns sank zum ersten Mal in der Geschichte von Walmart.

Das Image des Konzerns mit 2,2 Millionen Angestellten und über 500 Milliarden Dollar Umsatz war durch die Sparpolitik ramponiert. Kunden beschwerten sich über leere Regale und zu wenige Verkäufer. McMillon musste und muss nicht nur das Image des US-Vorzeigekonzerns polieren, sondern sich auch gegen immer stärkere Konkurrenten aus Ausland wehren.

McMillon setzt bei seiner Aufholjagd vor allem auf das Digitalgeschäft. So kaufte er im September das Online-Start-up Jet.com für 3,3 Milliarden Dollar, im Januar griff er beim US-Schuhversender Shoebuy zu und kaufte ihn für 70 Millionen Dollar.

Auch andere Konkurrenten bereiten sich auf Lidl vor. So besuchten Manager der Supermarktkette Kroger verschiedene Städte in Europa, um sich dort Discounter anzusehen und Tipps zu holen, wie man ihnen am besten begegnet. Kroger plant, Preise zu senken und Eigenmarken aufzubauen. Auch kaufte Kroger vor wenigen Monaten den New Yorker Käsespezialisten Murray's Cheese, nicht zuletzt, um mit dessen ausgesuchten Produkten Lidl mit seinen europäischen Flair Paroli bieten zu können.

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