Verdacht auf Untreue Der tiefe Fall des Anton Schlecker

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Einst ein Vermögen von zwei Milliarden Euro


Bei Insolvenzfällen wird routinemäßig die Staatsanwaltschaft informiert, im Fall Schlecker gaben die zunächst zuständigen Ulmer Ermittlungsbehörden die Aufgabe an die Kollegen in Stuttgart ab, wo die Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Wirtschaftsstrafsachen sitzt. Schlecker hatte Ende Januar Insolvenz angemeldet. Ende Juni schlossen deutschlandweit die letzten Filialen, bundesweit verloren rund 25.000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz. Nach der Pleite wurden wiederholt Vorwürfe laut, vor Anmeldung der Insolvenz seien Vermögenswerte beiseitegeschafft worden. Sie seien etwa auf Schleckers Ehefrau oder seine Kinder überschrieben worden. Diese Vorwürfe hatte die Familie stets zurückgewiesen.

Hinweise auf Ungereimtheiten gab es früh

Die WirtschaftsWoche hatte schon Mitte Juni die Fragen aufgeworfen, ob Anton Schlecker vor der Pleite des Drogerie-Imperiums Millionenbeträge an seine Familie verschoben hat. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz sah bereits zu diesem Zeitpunkt erste Hinweise "auf anfechtbare Rechtshandlungen". Dazu zählten etwa Geldschenkungen und Last-Minute-Rückzahlungen von Krediten. Ein Sachverständigengutachten vom vom Juni belegte, dass es bei Anton Schlecker nichts mehr zu holen gab.

Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung hatte der Firmenpatriarch noch 18.000 Euro auf seinem privaten Sparkassen-Konto. Schlecker gab dem Gutachten zufolge an, weder über Lebens- und Rentenversicherungen noch über Schiffe und Villen zu verfügen. Wo aber war das Vermögen das 2011 laut Manager Magazin 1,95 Milliarden Euro betragen haben soll hingekommen? Bei seinen bisherigen Ermittlungen, schrieb Geiwitz, seien „insbesondere Zahlungsströme an Familienmitglieder“ untersucht worden, darunter zum Beispiel „Unterlagen zu Grundstücksübertragungen in den letzten zehn Jahren“. Das Resultat: Geiwitz sieht bei mehreren Sachverhalten möglicherweise „anfechtbare Rechtshandlungen“.

Laut dem Bericht zahlte Anton Schlecker noch am 20. Januar 2012 sieben Millionen Euro an das Logistikunternehmen LDG zurück. Am 23. Januar meldete er Insolvenz an. „Die Zahlung dürfte“, so Geiwitz, „anfechtbar sein.“ LDG gehört Schleckers Kindern Meike und Lars.

Sie hatten dem väterlichen Konzern über die LDG zuvor ein Darlehen in zweistelliger Millionenhöhe gewährt. Last-Minute-Rückzahlungen von Krediten kurz vor einer Insolvenz gelten unter Verwaltern generell als problematisch, da oft der Verdacht nahe liegt, das auf diesem Weg der Insolvenzmasse Geld entzogen wird, um bestimmte Gläubiger zu bevorzugen.

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