Verkehr Deutsche Bahn prüft Ausbau von Fernbuslinien

Seit der Liberalisierung des Marktes rollen immer mehr Busse über Deutschlands Fernstraßen. Nun liebäugelt auch die Deutsche Bahn mit dem Geschäft. Die Konjunkturschwäche macht dem Unternehmen zu schaffen.

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Bald auch im Personenverkehr möglicherweise nicht mehr nur auf der Schiene unterwegs: Fahrzeug der Deutschen Bahn. Quelle: obs

Die Deutsche Bahn reagiert auf den Boom privater Fernbus-Betreiber in Deutschland und prüft den Ausbau eigener Fernbuslinien. Manfred Rudhart, Vorstandsvorsitzender von DB Regio, sagte der WirtschaftsWoche: „Meine Kollegen von DB Fernverkehr prüfen gerade, welche Busstrecken die ICE- und Intercity-Verbindungen der Deutschen Bahn sinnvoll ergänzen könnten.“ Weitere Strecken durch Deutschland „schließe ich nicht aus“, so Rudhart.
Die Pläne der Deutschen Bahn für einen Ausbau der Fernbusstrecken sind damit offenbar weiter gediehen als bisher angenommen. Bislang hatte der Konzern behauptet, dass man die Entwicklungen des Fernbusmarktes „beobachten“ wolle. Eine Zeitlang hieß es gar, die Bahn wolle sich nicht weiter engagieren, obwohl sie unter der Marke "Berlin Linien Bus" (BLB) bereits seit Jahren Fernbus-Linien vor allem nach Berlin anbietet. Der Aufbau einer neuen Strecke innerhalb Deutschlands erfolgte dann erstmals im April dieses Jahres, als die Bahn unter der Marke „IC Bus“ die Strecke zwischen München und Freiburg startete. Weitere Strecken dürften bald folgen.

Die Deutschen Bahn muss sich offenbar etwas einfallen lassen, um der weltweiten Konjunkturschwäche zu begegnen. „Härtere Zeiten für die Bahn“ und „Alle sind betroffen“, lauten die Überschriften in der Bahn-Mitarbeiterzeitschrift „DB Welt“. Darunter sind die Köpfe aller Vorstände mit kurzen Zitaten abgebildet. „Die weltweite Konjunkturabschwächung spüren wir deutlich“, sagt dort etwa Bahnchef Rüdiger Grube. „Jetzt gilt es im Interesse aller Verantwortung zu übernehmen – ein jeder bei seinen Aufgaben.“ Und im Konzern heißt es weiter, dass damit das alte Ziel eines weiteren Rekordgewinns erledigt ist. Statt der angepeilten 2,9 Milliarden Euro würden es 2013 wohl eher 2,6 Milliarden werden.

Die von Grube genannten weltweite Konjunkturschwäche trifft in erster Linie den Güterverkehr, sowohl auf der Schiene als auch die internationale Logistik der Tochter Schenker (Lkw, Flugzeug, Schiff). Das allein ist es jedoch nicht, wie Bahn-Manager nach einer Reihe von Strategiesitzungen bestätigen. Das Unternehmen wird von Problemen eingeholt, die sich in Zeiten brummender Konjunktur kaschieren ließen.

Beispiel Güterbahn: Bereits 2011 und 2012 kämpfte die Sparte mit der Gewinnschwelle. 2012 rettete sie sich in Deutschland gerade so in die schwarzen Zahlen. Dabei half vor allem die Verschrottung tausender Güterwagen, deren Wartung so nichts mehr kostete. Zudem wurden die Preise kräftig angehoben und eine Reihe von Transporten aufgegeben. Der "Aktionsplan Deutschland" hat jedoch eine Kehrseite: Die kleinen Bahn-Konkurrenten konnten ihren Marktanteil 2012 deutlich ausweiten. Der einstige Quasi-Monopolist hat mittlerweile fast 30 Prozent verloren.


Mangelnde Pünktlichkeit als Dauerbaustelle

"In Boom-Zeiten konnten wir unsere Züge nicht rechtzeitig zu den Kunden bringen, und selbst jetzt in der Flaute ist das Problem noch nicht behoben", klagt ein Güterverkehrsexperte des Unternehmens. Mangelnde Pünktlichkeit gilt als Dauerbaustelle im Konzern. Zusammen mit der Preiserhöhung treibe dies die Kunden zur Konkurrenz. 2012 sackte die Verkehrsleistung der Güterbahn um über sechs Prozent ab, die der Konkurrenz stieg. In diesem Jahr würden wieder rund 7000 Waggons verschrottet, um nicht in die Verlustzone zu geraten, sagt der Bahn-Experte. Dabei hat das Unternehmen den Schienengüterverkehr als einen der Wachstumstreiber in seiner "Strategie 2020" ausgemacht und sieht ein Transportmengenplus von 35 Prozent.

Beispiel Regionalverkehr: Seit Gründung der DB AG im Jahr 1994 war der Nahverkehr mit seinen Pendlerzügen der wichtigste Gewinnbringern des Unternehmen. Die Bundesländer vergaben lange die Aufträge ohne Ausschreibung an den Staatskonzern, so dass die Tochter satte Renditen erwirtschaften konnte. Doch Zug um Zug werden die Verkehrsverträge neu ausgeschrieben, und die Konkurrenz gewinnt auch hier Marktanteile, mittlerweile sind es knapp 15 Prozent der Verkehrsleistung.

Und die Strecken, die die der Staatskonzern weiter befährt, liefern nicht mehr die Renditen wie vor zehn Jahren. 2012 verlor DB Regio erstmals seine Rolle als wichtigster Gewinnlieferant an das Schienennetz. Der Wettbewerb hinterlasse "deutliche Spuren", räumt dann auch Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg in der "DB Welt" ein.

Neben dem staatlich subventionierten Schienennetz war es so 2012 vor allem der Fernverkehr, der dem Konzern ein Rekordergebnis von 2,7 Milliarden Euro einbrachte. Angesichts hoher Spritpreise steigen Autofahrer auf IC oder ICE um, so dass die Sparten ihren Gewinn mehr als verdoppeln konnte. Das Geschäft läuft zwar weiter gut. "Um diesen positiven Trend aber fortzusetzen, kämpfen wir weiter darum, das wir endlich die lange bestellten, neuen zusätzlichen Züge für unsere Kunden in Betrieb nehmen können", klagt Homburg. Tatsächlich hat die Bahnindustrie wiederholt Termine nicht gehalten. Richtig ist aber auch, dass das Unternehmen mit Blick auf den früher geplanten Börsengang über Jahre erst gar nichts bestellte.

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