Versandriese Sieben Gründe, warum Amazon so mächtig ist

Stationäre Händler, Online-Shops, Verlage - Amazon macht alle platt. Warum das System des Versandriesen unschlagbar ist.

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Längst ist Amazon zu einer großen Bedrohung für viele Händler geworden. Trotzdem führt für viele kein Weg an dem Online-Riesen vorbei. Quelle: dpa

“Erpressung!”, schreien sie. Deutschlands Buchbranche ist wütend. Weil Amazon mehr Geld an Ebooks verdienen will, verlangt das Unternehmen von den Verlagen höhere Rabatte. Wer die nicht gewährt, hat Pech gehabt: Seine Bücher werden von dem Versandhändler offenbar nur noch mit Verspätung ausgeliefert.

Dieses Geschäfts-Gebaren ist schon aus den USA bekannt. In Europa betroffen ist nun offenbar der schwedische Konzern Bonnier, zu dem deutsche Verlage wie Ullstein, Piper und Carlsen gehören.

„Amazon lässt seine Maske fallen und missbraucht mittlerweile seine Marktstellung derartig, dass man von Erpressung der Verlage sprechen kann“, wettert Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Vom Online-Riesen gibt es keine Stellungnahme. Chef Jeff Bezos und seine Gefolgsleute zucken vermutlich nur mit Schultern. Amazon ist so mächtig, dass sich das Unternehmen einen Machtkampf mit den Verlagen erlauben kann - wie eigentlich fast alles.

Gerrit Heinemann, Leiter eWeb Research Center an der Hochschule Niederrhein, ist davon überzeugt, dass der Online-Händler in den vergangenen Jahren eine bedrohliche Machtposition aufgebaut hat. „Amazon ist eine Feuerwalze, die in den USA schon Teile des Einzelhandels plattgemacht und in Deutschland den Online-Buchhandel zerhackt hat. Weitere Märkte werden auch hier folgen“, sagt Heinemann. „Diese Walze hält niemand auf.”

Sieben Erfolgsgründe

Dass Amazon unbesiegbar scheint, hat mindestens sieben Gründe. Sie bilden das Fundament für die Macht im Online-Handel.
1. Grund: Amazon kontrolliert ganze Marktteile
An Amazon führt kaum ein Weg vorbei. Beispiel Buchmarkt: Zwei von drei im Internet bestellten Büchern werden laut Schätzungen schon jetzt über Amazon vertrieben.

Kein Wunder, dass der Börsenverein des deutschen Buchhandels mittlerweile laut nach dem Einschreiten des Kartellamts ruft. Doch das rührt sich bislang nicht.

Selbst Schuld, sagt Gerrit Heinemann. “Der Börsenverein selbst verwässert die Zahlen, spricht von einem insgesamt wachsenden Markt und 12 Milliarden Umsatz”, kritisiert er die letzten Positiv-Meldungen aus der Branche. “Dass Amazon aber geschätzt 75 Prozent Marktanteil am Online-Buchhandel hat, wird gar nicht gesehen.”

Die wertvollsten Marken der Welt (Stand: Mai 2014)

Ein großer Fehler

Weil das Kartellamt vor bislang vor allem dem Gesamtmarkt im Blick hat, greift es nur selten ein. Ein großer Fehler, glauben nicht nur Verlage und Buchhändler. “Die Abhängigkeit mancher Verlage ist schon jetzt so groß, dass sie aus dieser nicht mehr rauskommen”, sagt Heinemann. Das zeige der jüngste Streit mit der Bonnier-Gruppe.

Manche Fachverlage machen schon jetzt mehr als 50 Prozent ihres gesamten Umsatzes über Amazon. Aber auch das Geschäft der meisten Publikumsverlage würde ohne Amazon wohl massiv leiden.

Der Shop-Killer


Verschärft wird Amazons Herrschaft auf dem Buchmarkt durch den Bedeutungsgewinn der Ebooks. Mit seinem Kindle-Angebot beherrscht Amazon weltweit den Ebook-Markt. In Deutschland kommt der Konzern beim Verkauf von elektronischer Literatur auf einen Marktanteil von mehr als 45 Prozent.

Und das, obwohl sich führende Buchhändler zusammengeschlossen haben, um Amazon mit einem eigenen Ebook-Reader namens „Tolino“ Paroli zu bieten. Gemeinsam kommen die Gegenspieler Thalia, Weltbild, buecher.de und Hugendubel auf einen Marktanteil von immerhin 36 Prozent. Die deutsche Tolino-Initiative als Gegenmaßnahme zu Amazon ist einmalig auf der Welt und gibt es so in keinem Land. Trotzdem hat Amazon auch hier nach wie vor eine dominierende Marktstellung.

Weiteren Druck übt Amazon auf die Buchbranche aus, weil das Unternehmen mittlerweile selbst als Verlag fungiert und Belletristik als E-Book auf dem eigenen Lesegerät Kindle sowie als Printausgaben herausbringt.

Macht ausgebaut

Nicht nur bei Büchern, sondern über alle Produktbereiche hinweg hat Amazon seine Macht ausgebaut. Das Unternehmen kontrolliert ein Viertel des deutschen Web-Handels. Das Produktportfolio reicht von Elektroartikeln, über Kleidung bis hin zu Gartenmöbeln. „56 Millionen Produkte hat Amazon alleine in Deutschland im Angebot“, sagt Heinemann. Verkauft werden sie einerseits vom Online-Händler direkt, andererseits aber auch von externen Anbietern auf dem Amazon-Marktplatz.

Laut Schätzungen des Instituts für Handelsforschung hat Amazon in Deutschland im vergangenen Jahr einen Umsatz von 6,48 Milliarden Euro mit seinem Shop gemacht. Damit deklassiert der Gigant Konkurrenten wie otto.de (2,27 Milliarden Euro) und Zalando (0,85 Milliarden Euro).

Rechnet man die Provisionen hinzu, die das Unternehmen bei Verkäufen auf dem Amazon-Marktplatz erhält sowie durch Web-Services erzielt, steigt Amazons Umsatz noch weiter: 2013 setzte das Unternehmen knapp 7,8 Milliarden Euro in Deutschland um. Das Handelsvolumen aller Waren, die über Amazon verkauft werden, liegt laut Experten bei mehr als 10 Milliarden Euro.

Die Marktmacht wird Folgen für die Branche haben. „90 Prozent aller reinen Online-Shops werden nicht überleben“, sagt Branchen-Kenner Michael Mohr. Der Managementberater hat mit Experten verschiedene Analysen durchgeführt und Studien ausgewertet. Das Ergebnis: Bis spätestens 2020 geht der Großteil der Online-Shops ein, weil sie gegen die Giganten des Online-Einkaufs keine Chance haben.

Nummer eins der Shop-Killer ist und bleibt das Unternehmen aus Seattle. Vom Boom des Onlineshopping profitiert Amazon stärker als jeder andere.

Was dem stationären Handel an Einnahmen verloren geht, fließt zum Großteil auf das Konto des US-Unternehmens. Dass der Einzelhandel unter der Netz-Konkurrenz leidet, ist schon lange kein Geheimnis mehr.

Nicht nur Schwarzmaler sagen das Sterben vieler Geschäfte voraus. „Amazon hat dem Non-Food-Handel in Deutschland allein im vergangenen Jahr rund ein Prozent Marktanteil abgenommen”, rechnet Gerrit Heinemann vor.

Besonders perfide: Die bedrohten Händler selbst spielen Amazon in die Karten. Seit einem genialen Schachzug sind sie dem Unternehmen ausgeliefert.

König Kunde, Sklave Händler

2. Grund: Amazon bindet externe Händler ein
Es war eine der kühnsten Entscheidungen von Amazon.com-Gründer Jeff Bezos: Als seine Infrastruktur während der Dot.com-Krise nicht mehr ausgelastet war, öffnete er seine Webseite der Konkurrenz. Externe Händler konnten ihre Waren neben den Angeboten von Amazon listen und im Preis sogar unterbieten. Mit einem Streich hatte der selbsternannte größte Online-Händler des Planeten sein Sortiment erweitert, ohne eigenes Risiko eingehen zu müssen. Bei jedem Kauf kassierte Amazon eine Provision.

Die zehn beliebtesten Produkte bei Amazon
Platz 10:Das "Samsung Star S5230" belegt den zehnten Platz im Ranking der meistgekauften Produkte auf Amazon. Das Handy hat einen 3,0-Zoll-Touchscreen mit "VibeTonz" Funktion (Vibrationsfunktion beim Berühren des Screens). Zusätzlich ist das Handy mit einer 3,2 Megapixel Kamera, MicroSD-Steckplatz, virtuelle QWERTZ- und 3x4 Tastatur, innovativer Bedienbarkeit dank Widgets, MP3-Player und UKW-Radio mit RDS-Funktion ausgestattet. Amazon-Preis: ab 80,99 Euro Quelle: PR
Platz 9:Der Lebensfreude Kalender hilft Lesern alle zehn Tage mit Tipps, die aufbauen und dazu anregen sollen, sein eigenes Leben und das seiner Mitmenschen positiver zu gestalten. 2013 wurden bereits 170.000 Exemplare verkauft, viele davon über den online-Händler Amazon.Amazon-Preis: 6,95 Euro Quelle: PR
Platz 8:Ein Netzteil schafft es auf den achten Platz. Das Amazon "PowerFast" ist ein Ladegerät für den Kindle-Tablet-PC. Das Kindle Fire HD 8.9 kann mit dem Netzteil in unter fünf Stunden, das Kindle Fire HD 7, das Kindle Fire und der eReader innerhalb von vier Stunden, aufgeladen werden.Amazon Preis: 14,99 Euro Quelle: PR
Platz 7: Die "SanDisk SDHC"-Speicherkarte mit 4 GB ist ideal als Speicherplatz für Bilder und Videos von Standard-Digitalkameras geeignet. Kompatibel ist die SanDisk Speicherkarte mit Kameras, Notebooks, Tablets und anderen Geräten.Amazon Preis: 7,50 Euro Quelle: PR
Platz 6:Speicherkarten sind beliebte Produkte auf Amazon. Die "Transcend Extreme-Speed SDHC 16 GB Class 10" sichert sich den fünften Platz der meist verkauften Produkte auf Amazon. Die 16 GB Speicherkapazität bietet Platz für über 3.200 hochauflösende Megapixel-Fotos.Amazon Preis: 11,08 Euro Quelle: PR
Platz 5:Das "Kindle Paperwhite" von Amazon belegt den fünften Platz. Mit dem "Kindle Paperwhite" lassen sich elektronische Bücher, Zeitschriften und Zeitungen lesen. Leserunfreundliche Spiegeleffekte bei hellem Sonnenlicht sind von gestern. Nach Angaben von Amazon kann auf dem Gerät 30% leichter gelesen werden als auf einem Apple Ipad und der Akku des Paperwhite soll wochenlang halten.Amazon Preis: 129,00 Euro Lesen Sie "Praxistest - Wie gut ist der neue Kindle Paperwhite?" Quelle: REUTERS
Platz 4:Auch die Speicherkarte "Transcend Extreme-Speed SDHC 8 GB Class 10" ist bei Amazon sehr begehrt. Sie gilt als beliebteste Speicherkarte, die in den letzten 15 Jahren auf Amazon verkauft wurde. Auf ihr lassen sich 1.600 hochauflösende 10 Megapixel-Fotos abspeichern.Amazon Preis: 9,11 Euro Quelle: PR

Niedrigpreis-Strategie

Der Wettbewerb um den niedrigsten Preis steigerte zudem den Kaufanreiz. Amazon diente plötzlich als Preisbarometer. Zudem bot Bezos externen Händlern an, gegen zusätzlichen Obolus die Infrastruktur von Amazon zu nutzen. Lager, Verkauf und Versand übernahm Amazon. Der Händler musste sich nur noch ums Marketing kümmern.

Im vergangenen Jahr verkauften weltweit über zwei Millionen externe Händler erstmals mehr als eine Milliarde Produkte über die Handelsplattform. Analysten schätzen, dass sie bereits rund die Hälfte von Amazons Warenströmen ausmachen.

Damit hat sich das Unternehmen als Logistikanbieter etabliert. Die über externe Händler erzielten Provisionen und Dienstleistungsgebühren sollen bereits 15 Prozent von Amazon Jahresumsatz von 74 Milliarden Dollar ausmachen.

Obwohl viele Händler über die Bedingungen von Amazon fluchen: Der Umsatz, den sie über den Marketplace generieren, ist längst zu groß, als das sie auf ihn verzichten könnten.

Warum die Deutschen Online-Shopper sind

3. Grund: Amazon ist Service-König
Um weiter zu wachsen, hat Amazon eine Masche von nahezu boshafter Genialität entwickelt: Das Unternehmen gibt den Kunden tatsächlich, was sie wollen. Neben der riesigen Produktauswahl sind das vor allem guter Service und Geschwindigkeit.
Schon die Webseite des Händlers lädt so schnell wie kaum eine andere, die Produkte werden übersichtlich und barrierefrei präsentiert. Die Produktempfehlungen sind dank eines ausgeklügelten Algorithmus passgenauer als die meisten Geburtstagsgeschenke der Verwandtschaft.

„Die sind einfach mit Abstand die Besten”, gibt auch Amazon-Kritiker Heinemann zu. Kunden, die Informationen nicht über die detaillierten Produktinformationen oder die Kundenbewertungen finden, können sich mittlerweile telefonisch beraten lassen. Ein Service, den kaum ein anderes Unternehmen in dieser Qualität bietet.

In den Aufbau der Logistik steckt Amazon viel Geld. Regelmäßig werden neue Logistikzentren eröffnet und die alten modernisiert, um die Bestellwünsche der Kunden so schnell wie möglich erfüllen zu können.

Bei Reklamationen gilt Amazon als extrem kundenfreundlich. Im Zweifel soll lieber das Unternehmen die Kosten tragen - oder besser noch die externen Händler. Beschwerden werden ernstgenommen, Händler mit zu vielen negativen Wertungen kurzerhand vom Marktplatz verbannt.

Eigene Ökosysteme


Jahrelang führte Amazon deshalb in Deutschland die Liste der beliebtesten Händler an. Erst vor wenigen Monaten wurde es erstmals von der Drogeriekette dm überholt. Wohl auch, weil die Kritik an Amazon zunehmend lauter wurde.

Dass das Unternehmen den Kunden diesen traumhaften Service bieten kann, geht häufig zu Lasten anderer. So ächzen die Lieferdienste unter Amazons Keine-Versand-Kosten-Mentalität. Sie müssen deshalb die Touren zu niedrigen Preisen, wiederholte Anfahrten und die kostenlosen Retouren drücken die Margen weiter.

Auch zu den eigenen Angestellten ist Amazon weniger freundlich als zu seinen Kunden. Wohl nicht völlig grundlos wurde Jeff Bezos zuletzt zum schlechtesten Chef der Welt gewählt. Die Arbeitsbedingungen bei Amazon sind hart, der Lohn nicht besonders hoch.

Diese Strombergs gibt es wirklich
Jeff BezosDer Gründer und Chef des Versandriesen Amazon soll seinen Mitarbeitern gegenüber einen harten Ton anschlagen. Der Businessweek-Reporter Brad Stone sammelte in seinem Buch über Amazon die gemeinsten Sprüche von Jeff Bezos. Darunter: „Bist du faul oder nur inkompetent?“ oder „Warum verschwendest du mein Leben?“ Stone sprach für die Recherchen zu seinem Buch mit vielen ehemaligen Mitarbeitern, diese berichteten von einer „Gladiatoren-Kultur“ im Unternehmen. „Wenn du nicht gut bist, frisst Jeff dich und spuckt dich aus. Und wenn du gut bist, dann springt er dir auf den Rücken und reitet dich zu Schaden", sagt ein Amazon-Mitarbeiter. Quelle: AP
Sergio MarchionneDer Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne gilt als zielorientiert, taktisch und rücksichtslos. Seine Mitarbeiter nennen den Firmenflieger, mit dem Marchionne zwischen Detroit und Turin pendelt, „Air Findus“ – Findus ist eine Tiefkühlmarke und soll das eisige Klima beschreiben, das Marchionne verbreitet. Über den Manager kursieren einige fiese Geschichten. Zum Beispiel soll Marchionne den Ehefrauen seiner Mitarbeiter Blumen nach Hause geschickt haben, als Entschuldigung, weil ihre Ehemänner am Wochenende arbeiten mussten. Allerdings sollten diese wohl nur ins Büro kommen, um sich ihre Kündigung abzuholen. Marchionne soll schon viele gestandene Manager zum Weinen gebracht haben, besonders berüchtigt ist er für seine persönlichen Beschimpfungen. Quelle: Bloomberg
Richard FuldFuld war der letzte Chef der Investmentbank Lehman Brothers, bevor das Unternehmen im September 2008 Pleite ging und für einen ersten dramatischen Höhepunkt der Finanzkrise sorgte. Fuld gilt als extrem eitel und ehrgeizig. Weil er seine Mitarbeiter so gern und häufig anbrüllte, hatte er den Spitznamen Gorilla. Damit schien er allerdings keine Probleme zu haben, so soll er sich sogar ein ausgestopftes Exemplar in sein Büro gestellt haben. Noch mehr als seine Mitarbeiter, haben nur Fulds Gegner zu befürchten. In einem internen Firmenvideo drohte er seinen Widersachern an, ihnen das Herz bei lebendigem Leib herauszureißen und es zu verschlingen. Quelle: Reuters
Anton SchleckerAnton Schlecker war schon vor seiner Pleite ein unbeliebter Chef. Der Spiegel nannte ihn sogar den „meistgehassten Arbeitgeber der Republik“. Denn um seine Ware billig anbieten zu können, sparte der ehemalige Drogeriekönig vor allem an seinen Mitarbeitern. So bezahlte er Filialleiterinnen oft wie einfache Verkäuferinnen, kranken Mitarbeitern strich er den Lohn und Überstunden wurden ebenfalls nicht vergütet. 1998 wurde Schlecker für sein Lohn-Dumping bestraft. Das Amtsgericht Stuttgart verurteilt Anton und seine Frau Christa Schlecker wegen Betrugs zu Bewährungsstrafen. Der Strafbestand: Die beiden hatten viele ihrer Mitarbeiter unter Tarif bezahlt, in den Arbeitsverträgen stand jedoch das Gegenteil. Quelle: dapd
Ferdinand PiëchUnnahbar, unerbittlich und unbequem – der Diplomingenieur und ehemalige VW-Chef Ferdinand Piëch gilt als einer der mächtigsten Manager seiner Epoche, aber menschlich als schwierig. Der Autor Wolfgang Fürweger hat eine Biografie über ihn verfasst. Darin beschreibt er Piëch als einen Menschen, der keine Fehler verzeiht und gnadenlos jeden Manager abschießt, dem er Fehler vorwerfe. Diese Erfahrung mussten schon einige machen. Als Piëch 1988 Chef bei Audi wurde, verabschiedete er rasch den damaligen Finanzvorstand. Er sei ihm zu „brav“ gewesen und er feuere lieber einen unpassenden Topmanager als eine Schwächung des Unternehmens zu riskieren. Für seine Auftritte soll Piëch besonders gerne Vorstandssitzungen benutzt haben. Bei VW soll er während einer solchen Zusammenkunft zu einem Bereichsleiter, der dürftige Zahlen präsentierte, gesagt haben: „Ach, das schätzen wir so an Ihnen – immer wenn Sie kommen, gibt es schlechte Nachrichten“. Wenig später war der Manager auch offiziell seinen Job los. Quelle: dapd
Steve BallmerBill Gates Nachfolger bei Microsoft wurde vom US-Magazin Forbes schon einmal zum schlechtesten Chef aller großen amerikanischen Geschäftsführer gewählt. Die Begründung: Ballmer habe vor allem die schnell wachsenden Sparten Smartphone und Tablet vernachlässigt. Doch nicht nur die Presse zweifelte Ballmers Chefqualitäten an, auch seine Mitarbeiter konnte er nicht überzeugen. So soll Ballmer nach der Kündigung des Entwicklers Mark Lucovsky komplett ausgerastet sein. Lucovsky war einer der Miterfinder von Windows und wechselte nach 16 Jahren bei Microsoft zum Konkurrenten Google.  Ballmer habe mit Möbeln um sich geworfen und auf den Google-Chef Eric Schmidt geschimpft haben: "Ich werde diesen Kerl begraben!", soll er gebrüllt haben und: "Ich werde Google verdammt noch mal killen!" Quelle: REUTERS
Léo ApothekerSchonungslos direkt und frei von Diplomatie lauten einige der ihm zugeschriebenen Eigenschaften. Zwar sei der ehemalige Chef der Technologiekonzerne Hewlett Packard und SAP analytisch brilliant, aber dafür hapere es im Zwischenmenschlichen umso mehr. SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp kritisierte Apotheker nach seinem Abgang beim Walldorfer Konzern in aller Öffentlichkeit: Er hätte für zu viel negative Stimmung im Konzern gesorgt. Quelle: REUTERS


Seit Monaten tobt ein Streit zwischen der Gewerkschaft Verdi und Amazon, weil es für Angestellte keinen Tarifvertrag nach den Bedingungen des Einzel- und Versandhandels gibt. Als sich Undercover-Reporter 2013 in ein Logistikzentrum einschleusten, erlebten sie Schikane und knallharte Arbeitsbedingungen.

Nach den Enthüllungen hagelte es Kritik, Boykott-Aufrufe machten die Runde. Langfristige Auswirkungen blieben aus. „Der Kunde ist gnadenlos”, sagt Heinemann. „Kein Händler sollte erwarten, dass der plötzlich ein schlechtes Gewissen bekommt und Amazon den Rücken zukehrt.”

Die beliebtesten deutschen Händler

4. Grund: Amazon bindet seine Kunden
Schon der normale Service von Amazon gilt als hervorragend. Doch das Unternehmen bietet mehr. Wer den kostenpflichtigen Service Amazon Prime bucht, erhält unter anderem das ersprechen auf eine schnellstmögliche und kostenlose Lieferung. Zudem bekommt er Zugriff auf die unternehmenseigene Online-Videothek mit mehreren tausend Filmen und Serien.

Der Gedanke hinter der Prime-Strategie ist einfach: Gute Kunden werden belohnt und noch enger an das Unternehmen gebunden. Kunden, die nicht extra Geld für Prime ausgeben wollen, können zumindest ein Abo auf bestimmte Produkte abschließen. Dann kommen Kaffeepads oder Windeln regelmäßig ins Haus, ohne Bestellung.

An anderer Stelle hat Amazon die Strategie der Kundenbindung längst auf die Spitze getrieben und setzt auf ein Closed-Shop-System. Wer Amazons Ebook-Reader Kindle kauft, kann nur noch vom Online-Händler seine Bücher beziehen. Ein Ausweichen auf die Konkurrenz ist unmöglich.

Dem Kunden ist das freilich meist egal. Amazons Angebot ist größer als das der Konkurrenz. Das ist das Geniale: Wer einmal Teil des Amazon-Systems ist, wird sich schwer tun, es wieder zu verlassen. Auch, weil er es gar nicht mehr möchte.
Die Idee des eigenen Services baut Amazon konsequent aus. Es gibt einen Dienst für Musik-Downloads und einen für Filme und Serien. Für jedes gut laufende Digital-Produkt hat Amazon einen eigenen Service.

Markenmacht und Investitionen

5. Grund: Die Markenmacht
Ein weiterer Pfeiler des Amazon-Erfolgs ist die schiere Markenmacht der Amerikaner. Längst ist der zu einem breiten Lächeln gekrümmte Pfeil, den Amazon als Logo auf die Warenkartons druckt, zu einem weltweit Symbol für E-Commerce geworden.

In dem aktuellen Markenwert-Ranking des Marktforschungsunternehmen Millward Brown rangiert Amazon mit rund 64 Milliarden Dollar unter den zehn wertvollsten Marken der Welt. Und Amazon tut einiges dafür, dass das auch so bleibt.

Egal nach welchen Produkten Verbraucher im Netz auch fahnden, fast immer werden sie auf Amazon stoßen. Dafür sorgt zum einen der ohnehin hohe Bekanntheitswert - zum anderen massives Suchmaschinenmarketing.

Welche Waren wir am liebsten bestellen
Platz 10: Telekommunikation, Handy, ZubehörEin neues Handy, eine neue Handyhülle oder vielleicht ein neues Headset? Waren aus dem Bereich Telekommunikation, Handy und Zubehör sind beliebt. Sie liegen im ersten Quartal auf dem zehnten Platz der am meisten per Internet oder Versandhandel bestellten Produkte. Im ersten Quartal des vergangenen Jahres betrug die Zahl noch 327 Millionen Euro, in diesem Jahr ist sie zwischen Januar und März auf 347 Millionen Euro angestiegen. Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (Bevh) hat die zehn Warengruppen ermittelt, für die die Deutschen zwischen Januar und März am meisten Geld ausgegeben haben. Die Studie, die Handelsblatt Online exklusiv vorliegt, wertet Waren des interaktiven Handels – also des Versandhandels und der Onlinebestellungen – aus. Quelle: dpa
Platz 9: Möbel und DekorationDie Warengruppe „Möbel und Dekoration“ landet auf dem neunten Platz. Immer mehr Sofas, Schränke und Vase werden nicht mehr im Warenhaus, sondern per Katalog oder Online gekauft: In den ersten drei Monaten 2013 lag die Zahl bei 321 Millionen Euro. In diesem Jahr waren es sogar 438 Millionen Euro. Quelle: dpa
Platz 8: Hobby- und FreizeitartikelAuf dem achten Platz rangiert die Kategorie „Hobby und Freizeitartikel“. Um einen passenden Ausgleich zum Alltag zu schaffen, bestellen Kunden gerne per Versand oder Online Produkte für ihr Hobby. Auch in diesem Bereich ist die Zahl der verkauften Waren höher als im Vorjahr: 2013 lag sie bei 390 Millionen, dieses Jahr bei 490 Millionen Euro. Quelle: dpa
Platz 7: Computer und ZubehörDie Deutschen kaufen technische Geräte immer häufiger im Netz oder bestellen sie sich per Katalog. Während der ersten drei Monate stieg die Zahl der verkauften Computer-Artikel auf 495 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 107 Millionen Euro weniger. Quelle: AP
Platz 6: Bild- und TonträgerSchallplatten, CDs und DVDs werden langsam von digitalen Diensten wie iTunes, Spotify oder Streamingangeboten abgelöst. Dementsprechend ist auch die Zahl der bestellten Bild- und Tonträger deutlich zurückgegangen. Gaben die Deutschen im ersten Quartal 2013 noch 711 Millionen Euro dafür aus, waren es im gleichen Zeitraum 2014 nur noch 518 Millionen Euro. Quelle: dpa
Platz 5: Haushaltwaren und -geräteDas Interesse an dem Versand von Kaffeemaschinen, Mixern und Staubsaugern sinkt ebenfalls. Zwischen Januar und März 2013 bestellten die Deutschen entsprechende Haushaltsgeräte im Wert von 664 Millionen Euro. 2014 waren es im gleichen Zeitraum nur noch 583 Millionen Euro. Quelle: dpa
Platz 4: SchuheStatt die Schuhe im Geschäft anzuprobieren, ordern die Deutschen ihre Sportschuhe, Pumps oder Stiefel inzwischen lieber per Katalog oder im Netz. 2013 kauften sie 2013 Waren für insgesamt 542 Millionen Euro zwischen Januar und März, 2014 waren es 790 Millionen Euro – ein Anstieg von etwa einem Drittel. Quelle: dpa

Sucht ein Google-Nutzer etwa nach „Tischtenniskelle“, „Flachbildfernseher“ oder „Turnschuhe“, erscheinen im Umfeld der Trefferliste Werbeanzeigen von Anbietern, die das Gewünschte liefern – Amazon fehlt bei den zentralen Begriffen so gut wie nie. Die Stichwörter versteigert Google an die Meistbietenden. Sobald ein Nutzer auf die Werbung klickt, wird ein Betrag fällig.

Insgesamt an die zwei Millionen Suchbegriffe soll der deutsche Amazon-Ableger so direkt bei Google geschaltet haben, geht aus einer Analyse von Wolfgang Thomas, Chef der Hamburger Online-Agentur NetzwerkReklame, hervor.

Zum Vergleich: Bei Ebay sind es 1,4 Millionen Suchbegriffe, der direkte Amazon-Wettbewerber Otto kommt nur rund 350.000 so genannte AdWords.

Der Abstand ist gewaltig, die Kosten für Amazon wohl auch. Doch zusammen mit dem personalisierten E-Mail-Marketing sorgt das Werbe-Großaufgebot letztlich dafür, dass beim Thema Shopping im Netz niemand an den Amerikanern vorbei kommt.

Das gilt nicht nur für die Kunden. Auch Markenhersteller dürften sich nicht nur aus Angst vor dem Umsatzschwund zweimal überlegen, ob sie darauf verzichten, über den Online-Händler zu verkaufen. Ohne Amazon-Präsenz dürfte ein Großteil der Web-Sichtbarkeit vieler Hersteller schwinden.

Die besten Zitate von Amazon-Gründer Jeff Bezos

6. Grund: Amazon investiert
Auf den ersten Blick sehen Amazons Geschäftszahlen bescheiden aus. Der Online-Händler setzte im vergangenen Jahr 74 Milliarden Dollar um, 13 Milliarden Dollar mehr als im Vorjahr. Doch der Gewinn ist bei Amazon stets gering. Im vergangenen Jahr waren es nur 274 Millionen Dollar. 2012 wies der Online-Händler sogar einen Verlust von 39 Millionen Dollar aus.

Zum Vergleich: Walmart, der größte Handelskonzern der Welt, setzte im gerade zu Ende gegangenen Geschäftsjahr 476 Milliarden Dollar um, bei einem Gewinn von 16 Milliarden Dollar. Trotzdem erreicht Amazon an der Börse eine Bewertung von 135 Milliarden Dollar, mehr als die Hälfte von Walmarts mit 248 Milliarden Dollar.

Das liegt am Vertrauen der Anleger: Sie glauben, dass Amazon seine Wachstumsjahre im Gegensatz zu Walmart noch immer vor sich hat. Der Grund: Statt Geld zu horten, gibt Jeff Bezos aus.

Der Amazon-Gründer baut Zukunftstechnologien wie die Kindle-Flachtablets und sein eigenes Online-Videoangebot aus. Das Unternehmen investiert in neue Premiumprodukte und den Zauberstab Dash, der Produkte auf Sprachbefehl bestellt. Zudem steckt Amazon viel Geld in die Verbesserung der Logistik.

Für großes Aufsehen sorgten die Ankündigungen von der Paketauslieferung per Drohne und der Lieferung von Lebensmitteln. Noch in diesem Jahr will Amazon 10.000 Roboter in seinen Logistikzentren installieren, um die Bearbeitungszeit zu verkürzen.

Zwei Maximen scheinen Bezos Handeln zu bestimmen: Er will möglichst jeden Bedarf der Kunden decken können - und er will es ihnen schnellstmöglich liefern.

Die Quelle der Macht


Solange er die Börse hinter sich hat, kann Amazon-Chef Jeff Bezos weitere riskante Expansionen finanzieren. Unklar ist allerdings, wie strapazierfähig die Geduld seiner Aktionäre noch ist. Weil die Kosten aus dem Ruder liefen, musste Amazon kürzlich die Kosten für seinen Lieferaboservice von 79 auf 99 Dollar pro Jahr erhöhen.

Noch bleiben sie ihm treu. Denn: Die Fähigkeit neue Wege zu gehen, hat Amazon wenige Niederlagen, aber viele Erfolge beschert.

Der vielleicht größte: Amazon ist mittlerweile der weltweit führende Anbieter von Cloud-Computing-Services. Privat-Nutzer legen Urlaubs-Bilder, Musik und Dokumente auf den Server des Internetgiganten ab. Unternehmen gleich ihre ganzen Daten. Die Preise sind fair, der Service hervorragend.

Das Cloud-Angebot stärkt Amazons Zugriff auf die vielleicht wertvollste Ressource im Internet-Zeitalter: Daten.

Die besten deutschen Online-Shops
Qualität von OnlineshopsIn Zusammenarbeit mit dotSource hat das ECC Köln Kunden von 77 Online-Shops aus sieben unterschiedlichen Branchen nach ihrer Zufriedenheit befragt.Bewertung: Die in Klammern angegeben Punktzahl zeigt an, welchen Online-Shop-Index ein Shop erreicht hat. In die Berechnung des Online-Shop-Index fließen die Zufriedenheit der Kunden mit den in der ECC-Erfolgsfaktorenstudie untersuchten Einzelkriterien sowie die Kundenbindung ein. Ein Wert von 100 Punkten entspricht der maximalen Zufriedenheit und Kundenbindung. Das Ranking erhebt nicht den Anspruch zu beurteilen, dass ein Online-Shop allgemein besser ist als ein anderer. Es besagt, welche Online-Shops es besser schaffen als andere, ihre eigenen Kunden zufriedenzustellen. Die vollständige Studie finden Sie kostenpflichtig hier. Quelle: dpa Picture-Alliance
Rang 10: Deichmann (74,9 Punkte) Quelle: dpa Picture-Alliance
Rang 9: Hugo Boss (75,2 Punkte)Als zweiter Modeanbieter hat es Hugo Boss unter die Spitzenreiter geschafft. Die Befragten waren von den Zusatzinformationen zu Produkten sowie von den Kaufempfehlungen besonders angetan. Quelle: dpa
Rang 8: s.Oliver (75,2 Punkte) Quelle: dpa Picture-Alliance
Rang 7: Ernsting’s Family (75,4 Punkte) Quelle: PR
Rang 6: myTime.de (75,4 Punkte)       Quelle: PR
Rang 5: zooplus (76,2 Punkte) Quelle: Screenshot

7. Grund: Amazon kennt uns genau
Amazon lernt ständig - bei jedem Kauf, jedem Besuch, jedem Mausklick. Jede Bewegung, die der Kunde im Online-Shop macht, wird registriert und ausgewertet.

Der gute Kundenservice rührt vor allem daher, dass Amazon in den vergangenen 20 Jahren genau gelernt hat, was Kunden wollen. Der Konzern weiß, was wir uns gekauft, gewünscht oder nur verstohlen angesehen haben.

Auch die Kooperation mit anderen Händlern ist mehr als ein Mittel zur Umsatzsteigerung. Amazon luchst ihnen nicht nur die Provision, sondern gleich das Gespür für Trends ab. „Der Marktplatz ist für Amazon eine Lernplattform”, sagt Heinemann. „Was dort gut läuft, kommt ins eigene Programm.”

Genauso profitiert Amazon von den eigenen Services. Kein Marktforschungsunternehmen muss prüfen, welche Musik und welche Filme gerade angesagt sind. Ein paar Klicks in den eigenen Statistiken genügen und Amazon kann sein Angebot zielgenau neu ausrichten. Eigentlich ist nicht einmal das nötig. Ein Algorithmus wacht im Hintergrund über die perfekte Aussteuerung der Seite.

Die Strategie ist daher offensichtlich: „Frequenz schaffen, Daten schaufeln, Wettbewerb stärken”, fasst Heinemann zusammen. „So lange, bis Amazon nicht nur bei E-Büchern Monopolist ist.”

Gegen die Entwicklung kommt kaum jemand an. Für die Kleinen und die Newcomer ist nahezu unmöglich, binnen kurzer Zeit eine ähnliche Datenmacht aufzubauen. Nur wenige große, haben das Potential gleichzuziehen.
Aber egal ob Amazon, Alibaba, Ebay oder dem hierzulande eher unbekannten japanischen Shop Rakuten: „Der Kampf der Giganten findet zudem gänzlich ohne deutsche Beteiligung statt”, sagt Heinemann. „Wir haben dem nichts entgegenzusetzen.”

Selbst der rasant gewachsene Zalando spielt gemessen am Umsatzranking nur in einer viel tieferen Liga.

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