“Erpressung!”, schreien sie. Deutschlands Buchbranche ist wütend. Weil Amazon mehr Geld an Ebooks verdienen will, verlangt das Unternehmen von den Verlagen höhere Rabatte. Wer die nicht gewährt, hat Pech gehabt: Seine Bücher werden von dem Versandhändler offenbar nur noch mit Verspätung ausgeliefert.
Dieses Geschäfts-Gebaren ist schon aus den USA bekannt. In Europa betroffen ist nun offenbar der schwedische Konzern Bonnier, zu dem deutsche Verlage wie Ullstein, Piper und Carlsen gehören.
„Amazon lässt seine Maske fallen und missbraucht mittlerweile seine Marktstellung derartig, dass man von Erpressung der Verlage sprechen kann“, wettert Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.
Vom Online-Riesen gibt es keine Stellungnahme. Chef Jeff Bezos und seine Gefolgsleute zucken vermutlich nur mit Schultern. Amazon ist so mächtig, dass sich das Unternehmen einen Machtkampf mit den Verlagen erlauben kann - wie eigentlich fast alles.
Gerrit Heinemann, Leiter eWeb Research Center an der Hochschule Niederrhein, ist davon überzeugt, dass der Online-Händler in den vergangenen Jahren eine bedrohliche Machtposition aufgebaut hat. „Amazon ist eine Feuerwalze, die in den USA schon Teile des Einzelhandels plattgemacht und in Deutschland den Online-Buchhandel zerhackt hat. Weitere Märkte werden auch hier folgen“, sagt Heinemann. „Diese Walze hält niemand auf.”
Sieben Erfolgsgründe
Dass Amazon unbesiegbar scheint, hat mindestens sieben Gründe. Sie bilden das Fundament für die Macht im Online-Handel.
1. Grund: Amazon kontrolliert ganze Marktteile
An Amazon führt kaum ein Weg vorbei. Beispiel Buchmarkt: Zwei von drei im Internet bestellten Büchern werden laut Schätzungen schon jetzt über Amazon vertrieben.
Kein Wunder, dass der Börsenverein des deutschen Buchhandels mittlerweile laut nach dem Einschreiten des Kartellamts ruft. Doch das rührt sich bislang nicht.
Selbst Schuld, sagt Gerrit Heinemann. “Der Börsenverein selbst verwässert die Zahlen, spricht von einem insgesamt wachsenden Markt und 12 Milliarden Umsatz”, kritisiert er die letzten Positiv-Meldungen aus der Branche. “Dass Amazon aber geschätzt 75 Prozent Marktanteil am Online-Buchhandel hat, wird gar nicht gesehen.”
Die wertvollsten Marken der Welt (Stand: Mai 2014)
Amazon
Markenwert: 64,3 Milliarden Dollar
Veränderung zum Vorjahr (in Prozent): plus 41 Prozent
Marlboro
Markenwert: 67,3 Milliarden Dollar
Veränderung zum Vorjahr (in Prozent): minus 3 Prozent
AT&T
Markenwert: 77,9 Milliarden Dollar
Veränderung zum Vorjahr (in Prozent): plus 3 Prozent
Visa
Markenwert: 79,2 Milliarden Dollar
Veränderung zum Vorjahr (in Prozent): plus 41 Prozent
Coca Cola
Markenwert: 80,7 Milliarden Dollar
Veränderung zum Vorjahr (in Prozent): plus 3 Prozent
McDonald's
Markenwert: 85,7 Milliarden Dollar
Veränderung zum Vorjahr (in Prozent): minus 5 Prozent
Microsoft
Markenwert: 90,2 Milliarden Dollar
Veränderung zum Vorjahr (in Prozent): plus 29 Prozent
IBM
Markenwert: 107,5 Milliarden Dollar
Veränderung zum Vorjahr (in Prozent): minus 4 Prozent
Apple
Markenwert: 147,9 Milliarden Dollar
Veränderung zum Vorjahr (in Prozent): minus 20 Prozent
Markenwert: 158,8 Milliarden Dollar
Veränderung zum Vorjahr (in Prozent): plus 40 Prozent
BrandZ
Ein großer Fehler
Weil das Kartellamt vor bislang vor allem dem Gesamtmarkt im Blick hat, greift es nur selten ein. Ein großer Fehler, glauben nicht nur Verlage und Buchhändler. “Die Abhängigkeit mancher Verlage ist schon jetzt so groß, dass sie aus dieser nicht mehr rauskommen”, sagt Heinemann. Das zeige der jüngste Streit mit der Bonnier-Gruppe.
Manche Fachverlage machen schon jetzt mehr als 50 Prozent ihres gesamten Umsatzes über Amazon. Aber auch das Geschäft der meisten Publikumsverlage würde ohne Amazon wohl massiv leiden.
Der Shop-Killer
Verschärft wird Amazons Herrschaft auf dem Buchmarkt durch den Bedeutungsgewinn der Ebooks. Mit seinem Kindle-Angebot beherrscht Amazon weltweit den Ebook-Markt. In Deutschland kommt der Konzern beim Verkauf von elektronischer Literatur auf einen Marktanteil von mehr als 45 Prozent.
Und das, obwohl sich führende Buchhändler zusammengeschlossen haben, um Amazon mit einem eigenen Ebook-Reader namens „Tolino“ Paroli zu bieten. Gemeinsam kommen die Gegenspieler Thalia, Weltbild, buecher.de und Hugendubel auf einen Marktanteil von immerhin 36 Prozent. Die deutsche Tolino-Initiative als Gegenmaßnahme zu Amazon ist einmalig auf der Welt und gibt es so in keinem Land. Trotzdem hat Amazon auch hier nach wie vor eine dominierende Marktstellung.
Weiteren Druck übt Amazon auf die Buchbranche aus, weil das Unternehmen mittlerweile selbst als Verlag fungiert und Belletristik als E-Book auf dem eigenen Lesegerät Kindle sowie als Printausgaben herausbringt.
Macht ausgebaut
Nicht nur bei Büchern, sondern über alle Produktbereiche hinweg hat Amazon seine Macht ausgebaut. Das Unternehmen kontrolliert ein Viertel des deutschen Web-Handels. Das Produktportfolio reicht von Elektroartikeln, über Kleidung bis hin zu Gartenmöbeln. „56 Millionen Produkte hat Amazon alleine in Deutschland im Angebot“, sagt Heinemann. Verkauft werden sie einerseits vom Online-Händler direkt, andererseits aber auch von externen Anbietern auf dem Amazon-Marktplatz.
Laut Schätzungen des Instituts für Handelsforschung hat Amazon in Deutschland im vergangenen Jahr einen Umsatz von 6,48 Milliarden Euro mit seinem Shop gemacht. Damit deklassiert der Gigant Konkurrenten wie otto.de (2,27 Milliarden Euro) und Zalando (0,85 Milliarden Euro).
Rechnet man die Provisionen hinzu, die das Unternehmen bei Verkäufen auf dem Amazon-Marktplatz erhält sowie durch Web-Services erzielt, steigt Amazons Umsatz noch weiter: 2013 setzte das Unternehmen knapp 7,8 Milliarden Euro in Deutschland um. Das Handelsvolumen aller Waren, die über Amazon verkauft werden, liegt laut Experten bei mehr als 10 Milliarden Euro.
Die Marktmacht wird Folgen für die Branche haben. „90 Prozent aller reinen Online-Shops werden nicht überleben“, sagt Branchen-Kenner Michael Mohr. Der Managementberater hat mit Experten verschiedene Analysen durchgeführt und Studien ausgewertet. Das Ergebnis: Bis spätestens 2020 geht der Großteil der Online-Shops ein, weil sie gegen die Giganten des Online-Einkaufs keine Chance haben.
Nummer eins der Shop-Killer ist und bleibt das Unternehmen aus Seattle. Vom Boom des Onlineshopping profitiert Amazon stärker als jeder andere.
Was dem stationären Handel an Einnahmen verloren geht, fließt zum Großteil auf das Konto des US-Unternehmens. Dass der Einzelhandel unter der Netz-Konkurrenz leidet, ist schon lange kein Geheimnis mehr.
Nicht nur Schwarzmaler sagen das Sterben vieler Geschäfte voraus. „Amazon hat dem Non-Food-Handel in Deutschland allein im vergangenen Jahr rund ein Prozent Marktanteil abgenommen”, rechnet Gerrit Heinemann vor.
Besonders perfide: Die bedrohten Händler selbst spielen Amazon in die Karten. Seit einem genialen Schachzug sind sie dem Unternehmen ausgeliefert.
König Kunde, Sklave Händler
2. Grund: Amazon bindet externe Händler ein
Es war eine der kühnsten Entscheidungen von Amazon.com-Gründer Jeff Bezos: Als seine Infrastruktur während der Dot.com-Krise nicht mehr ausgelastet war, öffnete er seine Webseite der Konkurrenz. Externe Händler konnten ihre Waren neben den Angeboten von Amazon listen und im Preis sogar unterbieten. Mit einem Streich hatte der selbsternannte größte Online-Händler des Planeten sein Sortiment erweitert, ohne eigenes Risiko eingehen zu müssen. Bei jedem Kauf kassierte Amazon eine Provision.
Niedrigpreis-Strategie
Der Wettbewerb um den niedrigsten Preis steigerte zudem den Kaufanreiz. Amazon diente plötzlich als Preisbarometer. Zudem bot Bezos externen Händlern an, gegen zusätzlichen Obolus die Infrastruktur von Amazon zu nutzen. Lager, Verkauf und Versand übernahm Amazon. Der Händler musste sich nur noch ums Marketing kümmern.
Im vergangenen Jahr verkauften weltweit über zwei Millionen externe Händler erstmals mehr als eine Milliarde Produkte über die Handelsplattform. Analysten schätzen, dass sie bereits rund die Hälfte von Amazons Warenströmen ausmachen.
Damit hat sich das Unternehmen als Logistikanbieter etabliert. Die über externe Händler erzielten Provisionen und Dienstleistungsgebühren sollen bereits 15 Prozent von Amazon Jahresumsatz von 74 Milliarden Dollar ausmachen.
Obwohl viele Händler über die Bedingungen von Amazon fluchen: Der Umsatz, den sie über den Marketplace generieren, ist längst zu groß, als das sie auf ihn verzichten könnten.
Warum die Deutschen Online-Shopper sind
„Aus heutiger Sicht wäre das der Weg zurück in die Steinzeit“, lautete eine Antwort auf diese Frage. E-Commerce hat sich fest in den Alltag der meisten Menschen integriert. Die Deutschen sind insgesamt besonders positiv eingestellt. 61 Prozent der Deutschen Online-Shopper möchten auf diese bequeme Art des Einkaufs nicht mehr verzichten.
„Zu den Zeiten einkaufen, die in mein Leben passen“ nennen in Deutschland vier von fünf Konsumenten als wichtigsten Vorteil. Eine echte Zeitersparnis haben 57 Prozent festgestellt. Mehr Zeit zu haben, empfinden dabei die meisten Deutschen als eine Entlastung im Alltag: 63 Prozent geben an, „viel weniger Stress beim Einkaufen als früher in der Stadt“ zu haben. 55 Prozent geben an, sich entspannter zu fühlen.
„Genau das Produkt, das ich suche“ finden in der Regel zwei Drittel der Online-Shopper. Und zwar sehr schnell und zum günstigsten Preis. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) gibt an, im Internet oft besonders individuelle Produkte zu finden, 62 Prozent schätzen es, dass sie Produkte finden, „die man im Geschäft beziehungsweise via Katalog nicht bekommen würde“.
Die Mehrheit der Käufer erlebt sich im Internet als „empowered consumer“. Zwei Drittel der Online-Shopper halten sich für besser informiert über Angebote und Preise als früher, nutzen gerne Bewertungen anderer Kunden und meinen, dass Konsumenten heute durch Kommentarfunktion und Empfehlungen beim Online- Kauf viel mehr Einflussmöglichkeiten haben.
Quelle: Studie im Auftrag der Deutschen Post: Einkaufen 4.0 - der Einfluss von E-Commerce auf Lebensqualität und Einkaufsverhalten
3. Grund: Amazon ist Service-König
Um weiter zu wachsen, hat Amazon eine Masche von nahezu boshafter Genialität entwickelt: Das Unternehmen gibt den Kunden tatsächlich, was sie wollen. Neben der riesigen Produktauswahl sind das vor allem guter Service und Geschwindigkeit.
Schon die Webseite des Händlers lädt so schnell wie kaum eine andere, die Produkte werden übersichtlich und barrierefrei präsentiert. Die Produktempfehlungen sind dank eines ausgeklügelten Algorithmus passgenauer als die meisten Geburtstagsgeschenke der Verwandtschaft.
„Die sind einfach mit Abstand die Besten”, gibt auch Amazon-Kritiker Heinemann zu. Kunden, die Informationen nicht über die detaillierten Produktinformationen oder die Kundenbewertungen finden, können sich mittlerweile telefonisch beraten lassen. Ein Service, den kaum ein anderes Unternehmen in dieser Qualität bietet.
In den Aufbau der Logistik steckt Amazon viel Geld. Regelmäßig werden neue Logistikzentren eröffnet und die alten modernisiert, um die Bestellwünsche der Kunden so schnell wie möglich erfüllen zu können.
Bei Reklamationen gilt Amazon als extrem kundenfreundlich. Im Zweifel soll lieber das Unternehmen die Kosten tragen - oder besser noch die externen Händler. Beschwerden werden ernstgenommen, Händler mit zu vielen negativen Wertungen kurzerhand vom Marktplatz verbannt.
Eigene Ökosysteme
Jahrelang führte Amazon deshalb in Deutschland die Liste der beliebtesten Händler an. Erst vor wenigen Monaten wurde es erstmals von der Drogeriekette dm überholt. Wohl auch, weil die Kritik an Amazon zunehmend lauter wurde.
Dass das Unternehmen den Kunden diesen traumhaften Service bieten kann, geht häufig zu Lasten anderer. So ächzen die Lieferdienste unter Amazons Keine-Versand-Kosten-Mentalität. Sie müssen deshalb die Touren zu niedrigen Preisen, wiederholte Anfahrten und die kostenlosen Retouren drücken die Margen weiter.
Auch zu den eigenen Angestellten ist Amazon weniger freundlich als zu seinen Kunden. Wohl nicht völlig grundlos wurde Jeff Bezos zuletzt zum schlechtesten Chef der Welt gewählt. Die Arbeitsbedingungen bei Amazon sind hart, der Lohn nicht besonders hoch.
Seit Monaten tobt ein Streit zwischen der Gewerkschaft Verdi und Amazon, weil es für Angestellte keinen Tarifvertrag nach den Bedingungen des Einzel- und Versandhandels gibt. Als sich Undercover-Reporter 2013 in ein Logistikzentrum einschleusten, erlebten sie Schikane und knallharte Arbeitsbedingungen.
Nach den Enthüllungen hagelte es Kritik, Boykott-Aufrufe machten die Runde. Langfristige Auswirkungen blieben aus. „Der Kunde ist gnadenlos”, sagt Heinemann. „Kein Händler sollte erwarten, dass der plötzlich ein schlechtes Gewissen bekommt und Amazon den Rücken zukehrt.”
Die beliebtesten deutschen Händler
Die Beratungsfirma OC&C hat 30.000 Kunden in neun Ländern befragt. Die hier gezeigten Ergebnisse beziehen sich auf Deutschland. Die Kunden wurden unter anderem zu Preisen, Qualität, Service und Markenvertrauen befragt. Maximal waren 100 Punkte zu erreichen, ein Wert von mehr als 75 gilt als „sehr gut“.
Stand der Veröffentlichung: Dezember 2014.
eBay
Online-Auktionshaus
Indexwert: 79,3 (plus 1,9 Punkte gg. Vorjahr)
Kaufland
Lebensmittel
Indexwert: 79,4 (plus 2,2 Punkte gg. Vorjahr)
Müller
Drogerie
Indexwert: 79,8 (minus 0,2 Punkte gg. Vorjahr)
Globus
Lebensmittel
Indexwert: 79,9 (plus 1,8 Punkte gg. Vorjahr)
Thalia
Bücher
Indexwert: 80,3 (minus 0,7 Punkte gg. Vorjahr)
Douglas
Drogerie
Indexwert: 80,4 (minus 0,7 Punkte gg. Vorjahr)
Rossmann
Drogerie
Indexwert: 80,8 (plus 1,1 Punkte gg. Vorjahr)
Breuninger
Mode
Indexwert: 80,8 (plus 7,5 Punkte gg. Vorjahr)
Amazon
Multisortimenter
Indexwert: 85,0 (plus 2,4 Punkte gg. Vorjahr)
dm
Drogerie
Indexwert: 86,5 (plus 2,3 Punkte gg. Vorjahr)
4. Grund: Amazon bindet seine Kunden
Schon der normale Service von Amazon gilt als hervorragend. Doch das Unternehmen bietet mehr. Wer den kostenpflichtigen Service Amazon Prime bucht, erhält unter anderem das ersprechen auf eine schnellstmögliche und kostenlose Lieferung. Zudem bekommt er Zugriff auf die unternehmenseigene Online-Videothek mit mehreren tausend Filmen und Serien.
Der Gedanke hinter der Prime-Strategie ist einfach: Gute Kunden werden belohnt und noch enger an das Unternehmen gebunden. Kunden, die nicht extra Geld für Prime ausgeben wollen, können zumindest ein Abo auf bestimmte Produkte abschließen. Dann kommen Kaffeepads oder Windeln regelmäßig ins Haus, ohne Bestellung.
An anderer Stelle hat Amazon die Strategie der Kundenbindung längst auf die Spitze getrieben und setzt auf ein Closed-Shop-System. Wer Amazons Ebook-Reader Kindle kauft, kann nur noch vom Online-Händler seine Bücher beziehen. Ein Ausweichen auf die Konkurrenz ist unmöglich.
Dem Kunden ist das freilich meist egal. Amazons Angebot ist größer als das der Konkurrenz. Das ist das Geniale: Wer einmal Teil des Amazon-Systems ist, wird sich schwer tun, es wieder zu verlassen. Auch, weil er es gar nicht mehr möchte.
Die Idee des eigenen Services baut Amazon konsequent aus. Es gibt einen Dienst für Musik-Downloads und einen für Filme und Serien. Für jedes gut laufende Digital-Produkt hat Amazon einen eigenen Service.
Markenmacht und Investitionen
5. Grund: Die Markenmacht
Ein weiterer Pfeiler des Amazon-Erfolgs ist die schiere Markenmacht der Amerikaner. Längst ist der zu einem breiten Lächeln gekrümmte Pfeil, den Amazon als Logo auf die Warenkartons druckt, zu einem weltweit Symbol für E-Commerce geworden.
In dem aktuellen Markenwert-Ranking des Marktforschungsunternehmen Millward Brown rangiert Amazon mit rund 64 Milliarden Dollar unter den zehn wertvollsten Marken der Welt. Und Amazon tut einiges dafür, dass das auch so bleibt.
Egal nach welchen Produkten Verbraucher im Netz auch fahnden, fast immer werden sie auf Amazon stoßen. Dafür sorgt zum einen der ohnehin hohe Bekanntheitswert - zum anderen massives Suchmaschinenmarketing.
Sucht ein Google-Nutzer etwa nach „Tischtenniskelle“, „Flachbildfernseher“ oder „Turnschuhe“, erscheinen im Umfeld der Trefferliste Werbeanzeigen von Anbietern, die das Gewünschte liefern – Amazon fehlt bei den zentralen Begriffen so gut wie nie. Die Stichwörter versteigert Google an die Meistbietenden. Sobald ein Nutzer auf die Werbung klickt, wird ein Betrag fällig.
Insgesamt an die zwei Millionen Suchbegriffe soll der deutsche Amazon-Ableger so direkt bei Google geschaltet haben, geht aus einer Analyse von Wolfgang Thomas, Chef der Hamburger Online-Agentur NetzwerkReklame, hervor.
Zum Vergleich: Bei Ebay sind es 1,4 Millionen Suchbegriffe, der direkte Amazon-Wettbewerber Otto kommt nur rund 350.000 so genannte AdWords.
Der Abstand ist gewaltig, die Kosten für Amazon wohl auch. Doch zusammen mit dem personalisierten E-Mail-Marketing sorgt das Werbe-Großaufgebot letztlich dafür, dass beim Thema Shopping im Netz niemand an den Amerikanern vorbei kommt.
Das gilt nicht nur für die Kunden. Auch Markenhersteller dürften sich nicht nur aus Angst vor dem Umsatzschwund zweimal überlegen, ob sie darauf verzichten, über den Online-Händler zu verkaufen. Ohne Amazon-Präsenz dürfte ein Großteil der Web-Sichtbarkeit vieler Hersteller schwinden.
Die besten Zitate von Amazon-Gründer Jeff Bezos
Jeff Bezos ist eine der spektakulärsten Manager-Persönlichkeiten der Welt. Die Lebensgeschichte des Amazon-Gründers bietet eine unglaubliche Vielfalt und zahlreiche interessante Erzählungen. Der Top-Journalist und Bestsellerautor Richard L. Brand hat die Biografie in seinem Buch „Mr. Amazon“ (Ambition Verlag) aufgeschrieben. Die besten Zitate von Bezos finden sich auch darin und folgen nun.
„Wenn man eines beim Landleben lernt, dann ist es, sich auf sich selbst zu verlassen. Die Leute dort machen alles selbst. Und diese Eigenständigkeit kann man lernen.“
„Ich bin nicht der Typ, bei dem Frauen eine halbe Stunde nach dem Kennenlernen sagen: 'Wow, der ist klasse.' Ich bin eher albern und nicht ... also jedenfalls nicht so, dass irgendeine Frau über mich sagen würde: 'Oh mein Gott, genau so einen habe ich gesucht.'"
„Heute heben sich die Pommes selbst aus der Friteuse – und das, glauben Sie mir, ist ein echter technischer Fortschritt.“
(Bezos jobbte mit 13 Jahren in den Sommerferien für die Fast-Food-Kette und machte umgehend Vorschläge zur Optimierung der Abläufe)
„Die einzigen Male, die er überhaupt Thema wird, sind die, wenn ich beim Arzt nach meiner Krankengeschichte gefragt werde. Dann kreuze ich eben 'unbekannt' an.“
„Wenn etwas kaputt ist, machen wir es heil. Um etwas Neues durchzusetzen, muss man stur und zielstrebig sein, auch wenn es andere vielleicht unvernünftig finden.“
„Der einzige Grund, aus dem ich mich für das All interessierte, besteht darin, dass mich die NASA inspirierte, als ich fünf Jahre alt war.“
„Zu den wichtigsten Dingen, die mich Princeton lehrte, zählt die Einsicht, dass ich nicht klug genug bin, ein Physiker zu sein.“
(Auf der Universität änderte Bezos seine Fachrichtung und machte den Abschluss in Elektrotechnik und Informatik)
6. Grund: Amazon investiert
Auf den ersten Blick sehen Amazons Geschäftszahlen bescheiden aus. Der Online-Händler setzte im vergangenen Jahr 74 Milliarden Dollar um, 13 Milliarden Dollar mehr als im Vorjahr. Doch der Gewinn ist bei Amazon stets gering. Im vergangenen Jahr waren es nur 274 Millionen Dollar. 2012 wies der Online-Händler sogar einen Verlust von 39 Millionen Dollar aus.
Zum Vergleich: Walmart, der größte Handelskonzern der Welt, setzte im gerade zu Ende gegangenen Geschäftsjahr 476 Milliarden Dollar um, bei einem Gewinn von 16 Milliarden Dollar. Trotzdem erreicht Amazon an der Börse eine Bewertung von 135 Milliarden Dollar, mehr als die Hälfte von Walmarts mit 248 Milliarden Dollar.
Das liegt am Vertrauen der Anleger: Sie glauben, dass Amazon seine Wachstumsjahre im Gegensatz zu Walmart noch immer vor sich hat. Der Grund: Statt Geld zu horten, gibt Jeff Bezos aus.
Der Amazon-Gründer baut Zukunftstechnologien wie die Kindle-Flachtablets und sein eigenes Online-Videoangebot aus. Das Unternehmen investiert in neue Premiumprodukte und den Zauberstab Dash, der Produkte auf Sprachbefehl bestellt. Zudem steckt Amazon viel Geld in die Verbesserung der Logistik.
Für großes Aufsehen sorgten die Ankündigungen von der Paketauslieferung per Drohne und der Lieferung von Lebensmitteln. Noch in diesem Jahr will Amazon 10.000 Roboter in seinen Logistikzentren installieren, um die Bearbeitungszeit zu verkürzen.
Zwei Maximen scheinen Bezos Handeln zu bestimmen: Er will möglichst jeden Bedarf der Kunden decken können - und er will es ihnen schnellstmöglich liefern.
Die Quelle der Macht
Solange er die Börse hinter sich hat, kann Amazon-Chef Jeff Bezos weitere riskante Expansionen finanzieren. Unklar ist allerdings, wie strapazierfähig die Geduld seiner Aktionäre noch ist. Weil die Kosten aus dem Ruder liefen, musste Amazon kürzlich die Kosten für seinen Lieferaboservice von 79 auf 99 Dollar pro Jahr erhöhen.
Noch bleiben sie ihm treu. Denn: Die Fähigkeit neue Wege zu gehen, hat Amazon wenige Niederlagen, aber viele Erfolge beschert.
Der vielleicht größte: Amazon ist mittlerweile der weltweit führende Anbieter von Cloud-Computing-Services. Privat-Nutzer legen Urlaubs-Bilder, Musik und Dokumente auf den Server des Internetgiganten ab. Unternehmen gleich ihre ganzen Daten. Die Preise sind fair, der Service hervorragend.
Das Cloud-Angebot stärkt Amazons Zugriff auf die vielleicht wertvollste Ressource im Internet-Zeitalter: Daten.
7. Grund: Amazon kennt uns genau
Amazon lernt ständig - bei jedem Kauf, jedem Besuch, jedem Mausklick. Jede Bewegung, die der Kunde im Online-Shop macht, wird registriert und ausgewertet.
Der gute Kundenservice rührt vor allem daher, dass Amazon in den vergangenen 20 Jahren genau gelernt hat, was Kunden wollen. Der Konzern weiß, was wir uns gekauft, gewünscht oder nur verstohlen angesehen haben.
Auch die Kooperation mit anderen Händlern ist mehr als ein Mittel zur Umsatzsteigerung. Amazon luchst ihnen nicht nur die Provision, sondern gleich das Gespür für Trends ab. „Der Marktplatz ist für Amazon eine Lernplattform”, sagt Heinemann. „Was dort gut läuft, kommt ins eigene Programm.”
Genauso profitiert Amazon von den eigenen Services. Kein Marktforschungsunternehmen muss prüfen, welche Musik und welche Filme gerade angesagt sind. Ein paar Klicks in den eigenen Statistiken genügen und Amazon kann sein Angebot zielgenau neu ausrichten. Eigentlich ist nicht einmal das nötig. Ein Algorithmus wacht im Hintergrund über die perfekte Aussteuerung der Seite.
Die Strategie ist daher offensichtlich: „Frequenz schaffen, Daten schaufeln, Wettbewerb stärken”, fasst Heinemann zusammen. „So lange, bis Amazon nicht nur bei E-Büchern Monopolist ist.”
Gegen die Entwicklung kommt kaum jemand an. Für die Kleinen und die Newcomer ist nahezu unmöglich, binnen kurzer Zeit eine ähnliche Datenmacht aufzubauen. Nur wenige große, haben das Potential gleichzuziehen.
Aber egal ob Amazon, Alibaba, Ebay oder dem hierzulande eher unbekannten japanischen Shop Rakuten: „Der Kampf der Giganten findet zudem gänzlich ohne deutsche Beteiligung statt”, sagt Heinemann. „Wir haben dem nichts entgegenzusetzen.”
Selbst der rasant gewachsene Zalando spielt gemessen am Umsatzranking nur in einer viel tieferen Liga.