Verseuchte Babynahrung in Frankreich Schwere Vorwürfe gegen Milch-Multi Lactalis

Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire wirft dem Milchkonzern Lactalis Versagen vor. Das Unternehmen hatte zu spät auf Salmonellen in Babynahrung reagiert. Auch das Ausland könnte betroffen sein.

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A notice warns customers of precautionary recall of products in a supermarkert of Lille, northern France, Monday, Dec. 11, 2017. Baby milk maker Lactalis and French authorities have ordered a global recall of millions of products over fears of salmonella bacteria contamination. The French company, one of the largest dairy groups in the world, said it has been warned by health authorities in France that 26 infants have become sick since Dec. 1. (AP Photo/Michel Spingler) Quelle: AP

Paris Mit einer Stellungnahme des französischen Wirtschafts- und Finanzministers Bruno Le Maire hat der Skandal um mit Salmonellen verseuchte Babynahrung eine neue Dimension angenommen. Le Maire warf dem Hersteller Lactalis, der in ganz Europa aktiv ist, „inakzeptables Verhalten“ vor. 

Die Gesundheit von Neugeborenen sei gefährdet worden. In einem Werk im französischen Craon, in dem Milchpulver für Babys hergestellt wird, waren bereits im August 2017 Salmonellen-Erreger festgestellt worden. Der Minister warf Lactalis vor, nicht rechtzeitig gehandelt zu haben: Eine staatliche Anordnung sei nötig gewesen, um die Babynahrung aus dem infizierten Werk vom Markt zu nehmen.

Am 9. Dezember ordneten die Behörden den Rückruf an. Insgesamt seien 11.000 Tonnen Babynahrung betroffen – alles, was seit dem 15. Februar 2017 in Craon hergestellt wurde. 7000 Tonnen wurden in Frankreich unter den Marken Milumel, Picot und Taramis verkauft. Weitere 4000 seien in den Export gegangen. Welche Länder beliefert wurden, lässt sich nicht sagen: Lactalis reagierte am Donnerstag nicht auf Anfragen.

Lactalis ist mit einem Umsatz von 17 Milliarden Euro einer der größten europäischen Hersteller von Milchprodukten. Marken wie der Camembert „Président“ sind weltweit bekannt. „In Deutschland verkaufen wir keine Babynahrung“, sagte Helene Schmitt von Lactalis Deutschland dem Handelsblatt. Man vertreibe lediglich Käse, Sahne, Butter und Joghurt, aber nichts aus dem Werk in Craon.

Dort war der Erreger in mindestens einem Trockenturm für Milchpulver ausgebrochen. 37 Babys hatten sich in Frankreich wegen der verseuchten Lactalis-Produkte mit Salmonellen infiziert, 18 Babys mussten ins Krankenhaus.

Nachdem Lactalis beim Rückruf der gefährlichen Partien viel zu zögerlich vorgegangen sei, habe man weitere Untersuchungen angeordnet, sagte Le Maire. Dabei kam heraus, dass in Supermärkten, Apotheken, sogar in Kinderkrippen und Krankenhäusern noch Büchsen mit Babynahrung im Regal stehen, die schon längst hätten vom Markt genommen werden müssen.

Das Ministerium habe Anzeige wegen Gesundheitsgefährdung und schweren Betrugs erstattet, präzisierte Le Maire. In den nächsten Tagen würden 2500 weitere Durchsuchungen im Handel stattfinden.

Ungeklärt ist zudem, weshalb bestimmte Chargen der verseuchten Lebensmittel noch immer vom Handel vertrieben werden. Supermärkte und Lactalis machen sich gegenseitig Vorwürfe: Handelsketten wie Intermarché werfen dem Milch-Multi „völligen Dilettantismus“ bei der Rückruf-Aktion vor. Dagegen räumte Michel-Edouard Leclerc, Chef der gleichnamigen Supermarkt-Kette ein, es habe in seinem Unternehmen „menschliches Versagen“ gegeben. Man habe 984 Büchsen mit Milchpulver verkauft, die eigentlich auf dem Index standen.

Leclerc entschuldigte sich und sprach von Überlastung durch das Weihnachtsgeschäft. Sollte sich herausstellen, dass einzelne Ketten die gefährliche Ware bewusst im Regal gelassen haben, könnte das schwerwiegende Folgen haben: Darauf stehen bis zu sieben Jahre Haft.

Mit der Geschäftsleitung von Lactalis will der Wirtschaftsminister sich am Freitag treffen. „Der Ruf eines Unternehmens ist ein kostbares Gut“, sagte Le Maire drohend. Man werde nicht zulassen, dass die französische Nahrungsmittelindustrie insgesamt in Mitleidenschaft gezogen werde.

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