WAZ-Gruppe Wenn's kracht im Clan

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Die Privatbank Sal. Oppenheim

Der Eingang des Bankhauses Sal. Oppenheim in Köln. Quelle: dpa

Wer Matthias Graf von Krockow länger nicht gesehen hat, wird ihn kaum wiedererkennen. Der offenkundig vom Schicksal gezeichnete Mann erinnert kaum noch an jenen Hünen, dessen massige Statur und kräftige Stimme das Selbstbewusstsein und die Unverwundbarkeit von rund zwei Jahrhunderten erfolgreichen Bankgeschäfts in Familienhand verkörperten.

Der Chef der Privatbank Sal. Oppenheim war bis zu seinem Abschied Ende 2009 einer der eifrigsten Missionare gemeinhin mit Familienunternehmen assoziierter Tugenden wie dem Denken in Generationen und der Orientierung an nachhaltigen Werten.

„Keiner soll die Backen stärker aufblasen, als er es sich leisten kann“, ließ er es zu Beginn der Finanzkrise aus der scheinbar trutzigen Kölner Bankfestung erschallen.

Ein gutes Jahr später, im Sommer 2009, war Sal. Oppenheim praktisch pleite, die Deutsche Bank rettete das Institut mit einer Notübernahme. Der Kollaps des mit der Bank eng verflochtenen Handelskonzerns Arcandor hatte sie mit in den Abgrund gerissen.

Kein funktionierendes Kontrollsystem

Der Keim für den Verlust der Selbstständigkeit wurde aber früher gepflanzt. „Es gab überhaupt kein wirksames Kontrollsystem“, sagt ein ehemaliger hochrangiger Manager.

Noch auf dem Sterbebett, so berichtet ein Familieninsider, hatte ein Altvorderer davor gewarnt, „den Matthias“ unkontrolliert schalten zu lassen. Doch der Erfolg der ersten Jahre ließ die Bedenken hinten anstehen. Dabei waren das nötige Maß und das Bewusstsein fürs Risiko verloren.

Wenn ein persönlich haftender Gesellschafter Einwände gegen die Expansionspläne eines anderen hatte, wurde er ruhiggestellt, indem er auch expandieren durfte. Gesellschafter, die sich dem Treiben widersetzten, wurden aus der Bank gedrängt.

Zum Selbstbedienungsladen degeneriert

Über das Geschehen wachte ein im Wesentlichen von mit der Bankführung verwandten Familienmitgliedern gebildeter Aktionärsausschuss, dessen Mitglieder sich teilweise nicht für die Details des Geldgeschäfts interessierten, sondern die Bank in erster Linie als Finanzierungsquelle ihrer Freizeitaktivitäten ansahen.

Die Aufseher verhinderten deshalb auch nicht, dass das Institut zunehmend zum Selbstbedienungsladen degenerierte, der die Männer an der Spitze mit unbesicherten Krediten alimentierte. Interner Sachverstand war begrenzt gefragt.

Ehemals wichtige Manager berichten, dass sie trotz vereinbarten Termins oft stundenlang vor der Tür warten mussten, bis sie zur Audienz vorgelassen wurden.

Die Familie ist heute zerstritten, große Teile des neunstelligen Vermögens haben sich in Luft aufgelöst, bei gesellschaftlichen Veranstaltungen sind einige Angehörige des Clans nicht mehr Ehrengäste, sondern unerwünscht.

Von Krockow und seine Kumpane werden sich vermutlich im kommenden Jahr vor dem Strafgericht verantworten müssen. Und das alles „völlig unnötig“, wie ein früherer Top-Manager sagt.

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