Weihnachtsgeschäft Warum Kitsch uns glücklich macht

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Einmal im Jahr die heilige Familie sein

Die teuersten Liköre für Weihnachten
10. Cognac Comet Vintage 1811 Quelle: Presse
9. Whisky Linkwood-Glenlivet von 1898 Quelle: Fotolia
8. Cognac Hennessy Silver Jubilee Quelle: Presse
7. Cognac A.E. DOR Soleil d'Austerlitz von 1805 Quelle: Fotolia
6. Cognac Courvoisier Erté Collection 1 to 8 Quelle: Screenshot
5. Cognac Rémy Martin Louis XIII Age Inconnu Quelle: Screenshot
4. Cognac Croizet 1842 Quelle: Screenshot

"Das Fest und dessen Gestaltung gleicht dem Bühnenbild einer Oper. Man ist Regisseur und Schauspieler zugleich und Käthe Wohlfahrt liefert den Rahmen, die Kulisse dazu", sagt Marius Werkhausen von Yougov.

Unternehmen wie Käthe Wohlfahrt böten den Kunden erprobte Konsumgüter an, mit denen man das Fest jedes Jahr überstanden und die Weihnachtsoper über die Bühne gebracht habe. Er ist sich sicher, dass trotz allem Ärger, den das Fest mit den lieben Verwandten Jahr für Jahr mit sich bringt, trotz allem Einkaufsstress, den keiner will, den sich aber jeder macht und trotz horrender Stromrechnungen für den blinken Rudolph auf dem Dach und die flakscheinwerferartige Beleuchtung des Vorgartens, alle versuchen, "einmal im Jahr die heilige Familie zu sein. Da steckt ja auch die schöne Hoffnung dahinter, dass wir alle auf der Welt in Frieden leben können."

Mit der Spieluhr fing alles an

Mit dem Familienklischee spielt dementsprechend auch das Wohlfahrtsche Weihnachtsimperium: Wer sich auf der funkelnden Homepage über das Unternehmen informieren will, findet eine rührselige Geschichte über eine Spieluhr, die als Geschenk für amerikanische Freunde der Familie den Grundstein des 365-Tage-Weihnachtshandels legen sollte. Natürlich steht die Spieluhr mit den drei heiligen Königen auch beim privaten Fest der Familie Wohlfahrt und ihrer Weihnachtswichtel im Mittelpunkt.

"Von allen Käthe Wohlfahrt Geschäften geht eine besondere Freude aus. Auch Sie werden diese Freude spüren, wenn Sie eines unserer Geschäfte besuchen. Es ist die Freude des Schenkenden", heißt es da. Mitarbeiterzahlen oder ähnlich harte Fakten sucht man vergebens. Geschäftsführer Harald Wohlfahrt ist für solche Gespräche in der Weihnachtszeit auch nicht zu erreichen, da er wie auch der Weihnachtsmann überall auf der Welt nach seinem Schmuck und dem Rechten sehen muss.

Weihnachten bleibt Moden unterworfen

Dass der Run auf Kitsch im Allgemeinen und Weihnachtskitsch im Besonderen irgendwann nachlässt, darf zumindest kurz- bis mittelfristig bezweifelt werden. Auch wenn es bei Weihnachten um die Bewahrung oder das Zurückholen der Tradition geht, ist das Fest doch Moden unterworfen, sagt Philosoph Liessmann.

Unter anderem deshalb hätten Unternehmen wie Käthe Wohlfahrt stetigen Zulauf. Es reicht nicht, einmal die Kugeln zu kaufen, die so aussehen, wie die bei der Großmutter. "Da sind wir eben kommerzialisiert: Man darf nicht langweilen, es darf nicht immer das Gleiche sein", sagt er. Und auch der Markenforscher Werkhausen ist sich sicher, dass der Erfolg solcher Unternehmen anhält, solange Rituale und religiöse Aspekte in unserer Gesellschaft so wenig Bedeutung haben, dass man sich das ersehnte Idyll kaufen muss. Da eine Rückbesinnung auf alte Werte nicht in Sicht ist, resümiert er: "Für die nächsten Jahre würde ich sagen: Es läuft gut für Käthe." Insofern hat Herr Wohlfahrt wohl recht, wenn er mit Blick auf den ersten verkauften Artikel seines Unternehmens sagt: "Die Melodie der Spieldose wird weiter erklingen."

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