Werke im Ausland Wo deutsche Konzerne ihre Zukunft sehen

Fernab der Heimat suchen deutsche Konzerne derzeit verstärkt nach Expansionsmöglichkeiten. Denn dort finden sich oft die Kunden für morgen. Ob sie ihr Glück finden, wird sich noch zeigen.

Volkswagen: Neuer Vorstoß nach NordamerikaEs gibt einiges aufzuarbeiten: Vor 23 Jahren zog sich Volkswagen nach Jahren horrender Verluste aus der Fertigung in den USA zurück. Nun soll die noch offene Rechnung beglichen werden. Umgerechnet rund 1,5 Milliarden Euro, investierten die Wolfsburger in den letzten Jahren, um in Nordamerika künftig wettbewerbsfähige Autos zu produzieren. Gestern gab Winterkorn, hier mit Frank Fischer, CEO und Chairman von Volkswagen USA, den Startschuss für das Kernprojekt: ein eine Milliarde Dollar teures neues Autowerk in Chattanooga (Tennessee). Dazu kommt unter anderem die Entwicklung einer eigens für die USA kreierten Limousinenversion des Passats. Dagegen stehen staatliche Subventionen, die über die nächsten Jahre gut eine halbe Milliarde Dollar betragen dürften. Quelle: dapd
Die Lohnkosten im neuen Werk sind niedriger als in den meisten anderen Autofabriken der USA. Mit 14,50 Dollar pro Stunde starten die Mitarbeiter, nach drei Jahren verdienen sie maximal 19,50 Dollar. 1700 Mitarbeiter sind bereits an Bord. Mehr als 2000 sollen es werden, sobald VW die Produktion voll auf die Jahreskapazität von 150.000 Autos hochfährt. In diesem Jahr will Winterkorn 400.000 Autos in den USA absetzen, 2018 sollen es eine Million sein. Quelle: dpa
RWE: Auslandsexpansion für ein grünes ImageWährend RWE in Deutschland wegen seiner Atom- und Kohlekraftwerke am Pranger der AKW-Gegner steht, arbeitet der Energiekonzern im Ausland an seinem grünen Image: Vor zwei Wochen weihte der Versorger im US-Bundesstaat Georgia die 120 Millionen Euro teure und weltweit größte Anlage zur Herstellung von Holzpellets ein. Hier will der Konzern ab Sommer jährlich 750.000 Tonnen Pellets – das sind gepresste Stäbchen aus Holzschnitzeln und Sägespänen – produzieren, sie nach Europa verschiffen und dort in Kohlekraftwerken zu Energie verbrennen. So kann RWE den Ausstoß des Gases pro Jahr um rund eine Million Tonnen verringern – und spart sich den Kauf teurer Emissionszertifikate. Quelle: dpa
Mit der eigenen Produktion der begehrten Biomasse in den USA sichert sich der Versorger die benötigten Pellets langfristig. Schon heute verbrennt er in Steinkohlekraftwerken in den Niederlanden rund 30 Prozent Biomasse mit, langfristig soll der Anteil auf 80 Prozent steigen. In Großbritannien will RWE das Kohlekraftwerk Tilbury noch bis Ende dieses Jahres in ein reines und dann weltgrößtes Biomassekraftwerk umwandeln. RWEs Tochter für erneuerbare Energien, Innogy, vereinbarte in Serbien ein Joint Venture, das für 350 Millionen Euro fünf Wasserkraftwerke bauen soll. Quelle: dapd
Henkel: Grundstein für das größte Klebstoffwerk in ChinaFür Henkel-Finanzchef Lothar Steinebach ist die Sache ganz einfach: Henkel, sagte er vor Analysten, müsse künftig dort sein, wo auch die Kunden sind - in Asien. Nun baut der Düsseldorfer Klebstoff- und Konsumgüterkonzern sein weltgrößtes Klebstoffwerk im Großraum Schanghai in China. „Wir passen damit die Verteilung unserer Werke der Verteilung unserer Kunden an“, sagte Steinebach. „Zugleich verringern wir die absolute Zahl unserer Werke, um die Effizienz zu steigern.“ Henkel profitiert davon, dass immer mehr Hersteller Produktion nach Asien verlagern. Autos für den Heimatmarkt kommen inzwischen zu einem großen Teil aus China, außerdem kommt Kleber für dort gefertigte IT-Produkte wie Apples iPhone oft von Henkel. Quelle: dpa
Der Grundstein für das Werk in Shanghai (im Bild das Stammwerk in Düsseldorf) wird in den kommenden Wochen gelegt. Ende 2012 soll dort die Produktion starten. Die Kosten beziffert Henkel mit einem zweistelligen Millionenbetrag. Inzwischen stammen 45 Prozent der Umsätze der Klebstoff-Sparte aus den Wachstumsländern. Mit 7,3 Milliarden Euro Jahresumsatz ist sie die größte Sparte im Konzern. Nach der Krise stimmt in der Sparte der operative Gewinn wieder: 878 Millionen Euro sprudelten 2010 – fast 600 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Quelle: dpa
Thyssen-Krupp: Milliarden für das Geschäft in AmerikaDer Industriekonzern Thyssen-Krupp will unter der Führung des neuen Vorstandschefs Heinrich Hiesinger den zweiten Teil seiner Auslandsexpansion starten. Indien, Brasilien, Osteuropa und vor allem China – in aller Welt ziehen die Essener neue Werke hoch. Die Aufzüge und Komponenten für den Maschinenbau, die Thyssen weltweit verkaufen will, sollen auch weltweit gefertigt werden. Allein in China sollen mindestens zwei neue Aufzugfabriken entstehen. Quelle: dapd
In den vergangenen Jahren lag der Schwerpunkt der Expansion auf Amerika. Vor den Toren der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro baute der Ruhrkonzern ein gigantisches Hüttenwerk. Der dort produzierte Stahl soll im US-Bundesstaat Alabama zu Autoblechen verarbeitet werden. Das Stahlgeschäft in Amerika ist allerdings das größte Sorgenkind des Konzerns, auf das Thyssen-Krupp alleine 2,1 Milliarden Euro abschreiben musste. Der Hintergrund: Beim Bau des neuen Stahlwerks in Brasilien waren die Kosten völlig aus dem Ruder gelaufen, außerdem hatte sich der Hochlauf des Werkes verzögert. Quelle: picture alliance/dpa
Die Einnahmen aus den amerikanischen Werken sollen bei der nun anstehenden Expansionsstufe helfen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Denn hochwertige Bleche sind in den USA knapp. Nur wenige US-Stahlproduzenten können die Qualitätsanforderungen der japanischen und deutschen Autobauer erfüllen, die sich im Süden der USA angesiedelt haben. Mit seinem Werk in Alabama sitzt Thyssen-Krupp mitten in der neuen Autoregion, ein großer Wettbewerbsvorteil. Quelle: dapd
BASF: Milliarden für Chinas HinterlandDer Dax-Konzern blickt in China bereits auf eine Tradition seit 1885 zurück. Und auch die jüngste Großinvestition jenseits heimischer Landesgrenzen fließt ins Wirtschaftswunderreich der Mitte. Zusammen mit dem chinesischen Partner Sinopec baut BASF in Nanjing für etwa 800 Millionen Euro ein neues Werk (im Bild die Eröffnungsfeier des Verbundstandorts). Zeitgleich entsteht in der westchinesischen Stadt Chongqing eine neue Anlage, in der ab 2014 der Spezialkunststoff Polyurethan entstehen soll, mit dem die Chinesen beispielsweise ihre Häuser dämmen können. Kosten: 860 Millionen Euro. Quelle: dpa
Das Unternehmen sieht die Investition als Brückenkopf in einem wenig erschlossenen Markt: „Die Investition ist eine Pionierleistung in Westchina“, sagt Brudermüller, Asienvorstand der BASF. Bisher hat sich Chinas Entwicklung an der Küste um die Städte Peking, Schanghai und Guangzhou abgespielt. Im landwirtschaftlich geprägten Hinterland tut sich nun jedoch ein Riesenmarkt auf. Die BASF ist hier als einer der ersten westlichen Spieler dabei. Insgesamt ist BASF China längst ein eigener Großkonzern: 7000 Mitarbeiter erwirtschaften dort für die Ludwigshafener in 26 Tochtergesellschaften etwa sechs Milliarden Euro Jahresumsatz. Quelle: obs
Daimler: Indien soll das nächste China werdenFür Dieter Zetsche ist die Richtung eindeutig: „Wer in der Autoindustrie von Wachstum spricht, ist drei Sätze später oft bei China“, rief der Daimler-Chef den Aktionären bei der Hauptversammlung des Automobilkonzerns vor wenigen Wochen zu. Aber auch die Nachfrage in den übrigen Schwellenländern wächst rasant. Das Stuttgarter Unternehmen steckt deshalb Milliarden Euro in neue Werke im Ausland. So baut der weltgrößte Lkw-Hersteller derzeit ein neues großes Werk im südindischen Chennai, das Heimat der neuen Regionalmarke Bharat-Benz werden soll. Quelle: dapd
In der ersten Ausbauphase wird das neue Werk zunächst rund zehn Prozent des riesigen Areals von 160 Hektar einnehmen. In der 600 Meter langen Fabrikhalle bauen dann 2500 Mitarbeiter jährlich 36000 Lastwagen. Bald sollen es aber schon 72000 Fahrzeuge werden. Bis 2016 lässt Daimler sich das mindestens 700 Millionen Euro kosten. Zetsche hatte Indien wegen der großen Wachstumserwartungen zuletzt bereits als das mögliche nächste China bezeichnet. Quelle: PR
Auch die Pkw-Produktion in China und den USA baut der Konzern deutlich aus. So soll neben den Geländewagen und der R-Klasse auch die nächste C-Klasse in den USA vom Band laufen. Ein komplett neues Werk stellen die Stuttgarter momentan im ungarischen Kecskemét auf die grüne Wiese. Rund 800 Millionen Euro investieren die Schwaben in die neue Fertigungsstätte, in der ab 2012 jedes Jahr rund 100000 Autos der kommenden Generation der A- und B-Klasse montiert werden sollen. Quelle: dpa
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