Ich ruhe trotz des Expedit-Skandals so in mir, weil ich bereits lange, lange Erfahrung habe. Als halber Schwede bin ich mit und in Ikea aufgewachsen. Ich weiß verrückte Sachen wie: Köttbullar spricht man Chöttbüllar. Und das Kinderparadies namens Småland spricht man nicht Smäland oder Smaland, sondern Smoland. Mit reinstem o. So!
Und bis vor einiger Zeit hatte ich zuhause die Ikea-Modulküche Värde. Weiß furnierte Fronten, unbehandelte helle Holzarbeitsplatten, matt gebürstete Verblendungen unten an den Beinen. Damals schick. Ich hatte sie mir als Berufseinsteiger gekauft und gar nicht gemerkt, dass ich sie nun schon über neun Jahre hatte. Das ist lange. Neun Ikea-Küchen-Jahre entsprechen 45 Poggenpohl-Küchen-Jahren.
Das Gute an Modulküchen ist: Man kann sie in einzelnen Modulen bei Ebay verscheuern. Doch als ich im Ikea-Online-Katalog nachschauen wollte, wie die einzelnen Elemente offiziell benannt waren, merkte ich: Värde ist weg. Und zwar seit Jahren! Erst bekam ich einen veritablen Tobsuchtsanfall und sprühte vor Ikea-Hass (wie die Expedit-Kunden jetzt!). Denn wer kauft mir noch Module einer Küche ab, die es nicht mehr gibt?
Doch was blieb mir übrig - ich versuchte mein Glück. Ohne große Hoffnung allerdings ließ ich die Auktionen nur fünf Tage laufen. Weg ist weg. Spülmaschinen-Schrank, Hängevitrinen, große Anrichte, zwei Unterschrank-Schubladen, Backofen-Herd-Spülmaschinen-Modul und mehr. Alles einzeln. Die Auktionen endeten im Abstand von zwei, drei Minuten. Ich sage Ihnen: Das war ein halbstündiges Feuerwerk der Endorphine!
Die alte Küche ging fast zum Neupreis weg! Eine Schublade sogar glatt Neupreis.
Was ich aus Verzweiflung fast dem Sperrmüll preisgeben hätte, spülte mir unverhofft fast tausend Euro in die Kasse. Mit ein paar Klicks.
Eine Käuferin, die einige Tage später mit Hilfe ihres kräftigen Begleiters ihre Vitrinen aus meiner Wohnung schleppte, maulte mir noch zu: "Mich kotzt der Preis ja an, kann ich Ihnen sagen. Aber was soll ich machen: Värde wird langsam rar."
Liebe Expedit-Opfer. Sie sind Glückskinder. Wenn es am Ende gut läuft, haben Sie faktisch in kostenlosen Möbeln gewohnt. Und was werden die Menschen wohl in zehn Jahren gar für original-verpackte Expedits hinblättern? Jetzt Keller und Garage mit Expedit-Antiquitäten auffüllen. JETZT!
Das einzige, was noch schief laufen kann, ist, dass Ikea die Nerven verliert und den kurzsichtigen Expedit-Kunden nachgibt. Sollte Expedit bleiben, dann war alles umsonst. Ironie der Geschichte: Ausgerechnet Expedit-Fans hätten Expedit dann als zukunftssichere Geldanlage verbrannt.
Für diesen Fall lauere ich jetzt auf Kallax. Und schlage im Frühjahr zu. Wenn Kallax dann nämlich wegen Expedit nach kurzer Zeit floppt, bin ich reich.