Wo bleibt das nächste große Ding? Seit dem iPhone kam da nichts mehr groß. Die "Google Glass"-Daten-Brille ging den Leuten auf die Nerven und wurde erstmal wieder eingemottet. Die Apple Watch ist langweilig. Was also dann?
VR-Brille ohne Erbrechen?
Als die nächste große Technik-Revolution werden VR-Brillen gefeiert. Man setzt sich eine Art dicke Ski-Brille auf, doch statt einer echten Skipiste sieht man auf einem eingebauten Display eine künstliche Welt. Bewegt man den Kopf, reagiert die Brille dank Bewegungssensoren und zieht das Bild auf dem Display nach. Steht man also auf einer virtuellen Wiese und hebt den Kopf, dann sieht man den Himmel. Guckt man nach unten, sieht man Gras, links und rechts Wald.
Virtual-Reality-Brillen
Ob Oculus Rift, Playstation VR oder HTC Vive: Alle Virtual-Reality-Brillen funktionieren nach dem gleichen Prinzip. Im Sichtfeld zeigt ein Bildschirm die virtuelle Umgebung an, Linsen sollen für einen Rundum-Effekt sorgen. Das Bild wird bei jeder Bewegung des Kopfes angepasst – Sensoren messen jede Veränderung, der Computer errechnet blitzschnell das neue Bild.
Gründer Palmer Luckey baute eine erste Datenbrille aus Smartphone-Komponenten zusammen. Inzwischen hat die Facebook-Tochter die Technik so verfeinert, dass 2016 eine erste Verbraucherversion von Oculus Rift fertig wird. Oculus hat den Preis für die lange erwartete 3D-Brille mit 699 Euro in Europa höher als von Experten erwartet angesetzt.
Samsung bietet die Datenbrille Gear VR bereits jetzt als Zubehör fürs Smartphone an – es wird in die Halterung geschoben und dient als Display, die zwei Linsen in der Brille sorgen für die 3D-Optik. Damit ist das System nicht so leistungsfähig wie Konkurrenzprodukte, aber mobil. Die Technik stammt übrigens von Oculus VR.
Der Elektronikhersteller HTC entwickelt seine Virtual-Reality-Brille Vive gemeinsam mit dem Spielespezialisten Valve. Um die Position des Spielers möglichst genau zu ermitteln, werden im Raum zwei Lasersensoren montiert, die mit den Sensoren am Gerät permanent in Kontakt sind. Eine Besonderheit: Nutzer können sich damit im Raum bewegen. Einführung: Ende 2015.
Die virtuelle Realität muss nicht teuer sein: Mit Cardboard hat Google eine zusammenfaltbare Pappkonstruktion entwickelt, in die Nutzer ihr Smartphone schieben können. Eine App bereitet die Bilder passend auf. Technisch sind die anderen Systeme überlegen, Cardboard lässt aber erahnen, welche Möglichkeiten es gibt.
Steht man aber auf einem virtuellen Vulkan, der gerade unter einem kollabiert, dann speit im Zweifel nicht nur der Vulkan, sondern auch man selber. Denn durch den vorgetäuschten Fall nach unten, der aber durch unseren Gleichgewichtssinn im Ohr logischerweise nicht nachempfunden werden kann, schlägt unser Organismus Alarm: Die Wahrnehmung der Augen passt nicht zur Wahrnehmung über im Gleichgewichtsorgan - das klingt nach Vergiftung. Also Magen entleeren.
Was tun? Entweder betäubt man sein Gleichgewichtsorgan (blöde Idee) oder man bietet dem Gleichgewichtsorgan den passenden Reiz (geniale Idee). Letzteres ist zwar aufwändig, geht aber. Im offiziell besten Freizeitpark der Welt, dem Europapark in Rust, da kann man das schon erleben. Eine aus heutiger Sicht langweilige Achterbahn von 1984 wurde dort dank der VR-Technologie zur Sensation für alle Sinne. Man bekommt die Brille, setzt sich rein, die Bahn kurvt die seit Jahrzehnten gleichen Kurven ab, aber die VR-Brille zeigt einem einen Flug durch eine Fantasie-Welt - auf dem Rücken eines Drachen. Auge und Gleichgewichtssinn harmonieren hier perfekt! Fährt die Bahn in eine Linkskurve, fliegt im gleichen Moment auch der Drache nach links. Alle Reize passen zusammen. Inklusive Fahrtwind im Gesicht. Gelinde gesagt: Es fühlt sich sehr gut an! Hier eröffnen sich neue Welten.
Und so kommt es, dass selbst Betreiber berühmter US-Freizeitparks ins Flugzeug steigen und den Europapark für eine Testfahrt besuchen. VR-Technologie made at the Black Forrest. Das größte Ding von da seit der Kuckucks-Uhr - wenn Sie mich fragen. Die VR-Brille hat ihr perfektes Zuhause endlich gefunden: die Achterbahn.
Das E-Auto: Los jetzt!
VW hat alles dafür gegeben, das Image des Diesels zu ruinieren. Vielleicht war das ja ein langfristig angelegter Marketing-Bluff. Der rote Teppich für das E-Auto. "Weg mit dem schmuddeligen Mineralöl-Mumpitz. Und auf in die Zukunft mit Strom aus Windkraft im Akku."
Und bitte: Ich kann dieses ewige Henne-Ei-Geplapper nicht mehr hören. "Erst E-Autos oder erst die Ladesäulen? Was sollen wir denn bloß machen?" Wäwäwä. Pflastert den Kontinent endlich mit E-Tankstellen zu. Die Zeit des Verbrennungsmotors geht vorbei.
Auf Supermarktparkplätzen in Frankreich gibt es mitunter einige Parkplätze mit Autostrom-Anschluss. Da parkt bislang kaum ein Mensch. Aber jeder kann sehen: Hier könnte ich tanken. Das ist ein Kaufanreiz für E-Autos. Die Bundesregierung könnte die Elektro-Wagen mit Milliarden subventionieren, solange sie will. Wenn man nicht "tanken" kann, wird das nie was mit den eine Millionen auf deutschen Straßen bis 2020. 2016 muss das Jahr der Ladesäulen werden.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt plant gerade mal 400 Ladesäulen an den Autobahnen bis 2017. Aber wo tanke ich in der Stadt mal zwischendurch? Wann können wir unsere Autos auf unserem Mitarbeiterparkplatz auf dem Firmengelände laden? Wann beim Einkaufen, wann während wir Hamburger essen? Warum ist immer alles so langsam? 10.000 Ladestationen will Dobrindt vielleicht subventionieren. Vielleicht.
Das Smart-Home: Spreu und Weizen
Wenn ich unsicher bin, ob sich eine Technologie wohl durchsetzt, dann brauche ich eigentlich nur meine Mutter anzuhören: "Wozu soll mir mein Wäschetrockner eine SMS schicken, wenn er fertig ist? Wenn ich zu Hause bin, höre ich sein Piepen, und wenn ich nicht zu Hause bin, kann ich eh nichts machen." Für mich ist dieser Waschmaschinen-SMS-Kram deshalb tot.
Es gibt Glühbirnen, die die Lichtfarbe ändern, wenn der Partner sich am Feierabend sich dem Zuhause nährt. Wozu das? Als Warnung?
In einem Siemens-Werbespot reitet ein Cowboy auf einem Bullen und überprüft währenddessen den Inhalt seines Kühlschranks per App. Und ein Mann schwimmt augenscheinlich in einem heißen See auf Island und schaltet vom Wasser aus die Kaffeemaschine zu Hause ein. Per Handy. Humorvoller kann man seinen Kunden nicht einbläuen, dass die Produkt-Features sinnlos sind.
Aber es gibt ja auch gute Smart-Home-Technik. Heizungen, die sich nach der Urlaubsreise vom Flughafen aus einschalten lassen. Haus-Alarmanlagen, die per WLAN den Eigentümer, den Mieter oder die Polizei informieren und Fotos von den Tätern online speichern, auch wenn die die Anlage danach zerstören. Waschmaschinen, die erst waschen, wenn der Strom besonders preiswert ist. Aber dazu brauchen wir einheitlich genormte Angebote. Funkstandards von RWE, Homematic, Zigbee, Z-Wave. Wer sich heute was zulegt, kann sich irgendwie ja nicht darauf verlassen, dass die Geräte später mit Erweiterungen anderer Anbieter kompatibel sein werden. Das schreckt ab.
Und dann ist da ja noch HomeKit. Das System von Apple nimmt langsam Geschwindigkeit auf. Und wenn sich das durchsetzt, kann man das ganze nicht kompatible Zeug gleich wieder bei Ebay verscheuern. Ach, ich weiß auch nicht. Ich würde ja einem europäischen Hersteller den Durchbruch gönnen. Aber einfacher wäre es wohl, wenn Apple das ganze Wirrwarr auflöst und 2016 durchstartet. Bis Mitte 2016 sollen einige neue HomeKit-Geräte kommen, wie Funkstecker, Türschlösser und Thermostate. Es geht los. Endlich mal.
Aber immerhin: Das Leben wird zumindest dank einiger Kleinigkeiten angenehmer. Telefon- und Datenroaming wird im Frühjahr EU-weit spottbillig. An Flughäfen soll es hinter den Sicherheitskontrollen mehr und mehr 1-Euro-Wasser geben und die Deutsche Bahn hat kostenloses WLAN im ICE versprochen. Im ganzen Zug.
Damit haben wir uns ja eigentlich ja auch verhältnismäßig viel vorgenommen für 2016. Guten Rutsch!
.