Platz 5: Nichtangriffspakte brechen
Ich erinnere mich ungern an eine Weihnachtsfeier einst mit drei Freunden. Wir hatten extra eine Whatsapp-Gruppe eingerichtet. Thema: Weihnachtswichteln. Für einen gemütlichen gemeinsamen Abend im Dezember mit einem kleinen witzigen Weihnachtsgeschenk. Dazu Feuerzangenbowle und Plätzchen. Maximal-Wert des Minigeschenks: 5 (fünf!) Euro. Ich wiederhole: 5.
Die Namen sind von mir hier geändert, wenn ich sage: Kai war als erstes dran und öffnete das Päckchen von Nicole. Oho, zum Vorschein kam: eine Sanddorn-Handcreme von Weleda. "Weil du doch auf dem Weg zur Arbeit auf dem Fahrrad immer so trockene Hände kriegst bei der Kälte", flötete Nicole. Und Kai raunte: "Du bist ein Schatz. Das waren aber mehr als fünf Euro." Nicole grinste: "Joa, etwas. Acht oder so. Sollte ja im Rahmen bleiben." Toll!
Dann packte Nicole das Geschenk von Carsten aus und war ganz gerührt: ein Gasbrenner für "perfekte Crème brûlée wie im Film Amélie", lobte Carsten seine Idee. Während ich unter der Tischplatte heimlich per Amazon-App den Preis zum Produkt suchte. 15 Euro!
Carstens Geschenk von Daniel: eine badische Trockenbeerenauslese ("Die gab es auch auf unserer Hochzeit") Barcoo-Preisfinder-App sagte: ca. 13 Euro.
Mein Geschenk von Kai: ein Gutschein für einen gemeinsamen Besuch im Kino, Loge, mit Am-Platz-Service mit Wein und Tapas. Da kannte ich den Preis auswendig: rund 25 Euro. Was sollte den der Mist? Kai: "Ach, komm. Von dem Kino-Abend hab ich dann ja auch was".
Mein Geschenk an Daniel: ein Eier-Schneider. Rund 4 Euro 50, Daniel hatte bis dato keinen und ich fand das Thema Eier zu Weihnachten lustig.
Nicole: "Naja, war ja auch eigentlich abgemacht: maximal fünf Euro."
Merke: Eingerissene Kostengrenzen können schmerzen bis Pfingsten. Und einen totalen Nichtangriffspakt (0,- Euro) zu brechen, beschämt den Anderen wie ein versehentlicher Furz in der Kirche zwischen "Stille Nacht" und "heilige Nacht".
Platz 4: Herrenduft schenken
Anders als die meisten Frauen können die meisten Männer mit Parfüm nicht umgehen. Während die Damen es in der Regel verstehen, mit einem gut gewählten Duft ihre optische Erscheinung olfaktorisch dezent abzurunden, habe ich bei den Männern das Gefühl, sie wollten mit ihrem Eau de Toilette ihren eigenen Körpergeruch gewaltsam totschlagen. Liebe Leserinnen, wenn Sie wüssten, wie Ihre Männer in der Umkleide der Sportstudios mit Ihren Geschenken umgehen. Da wird das Zeug versprüht, bis es allen im Hals kratzt. Nacken, Brust, Bauch, Schritt, sogar auf die Klamotten. Sogar in die Schuhe! Neulich habe ich gesehen, wie sich einer im Weggehen noch seine Winterjacke mit einer Wolke Deospray parfümiert hat.
Und dann diese Einheitsdüfte. Weil die Herren keine Geduld haben auszuprobieren und sich beraten zu lassen, welcher Duft mit dem körpereigenen Duft harmoniert, wird ausgewählt wie folgt:
Blick auf das Poster mit den Douglas-Herrenduft-Charts, Blick auf die Preise, Sprühstoß auf das weiße Pappstäbchen, kurz wedeln, einmal riechen, "Schatz, ich wünsche mir entweder das eine da von Joop oder das von Boss. Ich lass mich überraschen."
Während wir sonst solch großen Wert darauf legen, alles von der Kleidung, über das Essen, den Urlaubsort, die Sonderausstattung fürs Auto, das Handy und die Musik-Downloads fein säuberlich unseren individuellen Bedürfnissen anzupassen - beim Herrenduft lebt der Sozialismus. Teilweise hängen an Ausgängen von Fitnessstudios Werbespender für den kostenlosen Stoß Eau de Toilette to go. Da rennen die Muskeltypen dann vorbei wie an einer Stechuhr, und drücken auf den Knopf, um sich einheitlich einnebeln zu lassen. Hauptsache irgendwie Duft, den man aus der Werbung kennt. Neulich sprach ich einen Bekannten an: "Hast du L'eau d'Issey drauf?" Er war ganz angetan und strahlte: "Exakt. Gute Nase." Er schien erleichtert, dass das teure Markenprodukt auch als teures Markenprodukt erkannt wurde. Dabei roch er einfach nur genauso künstlich wie zwei oder drei andere meiner Bekannten.
In Berlin gibt es mittlerweile Clubs, da steht an der Tür: "No drugs, no perfume". Weihnachten 2014 sollte das für ganz Deutschland gelten.
Die wirklich schlimmen Geschenke-Sünde
Platz 3: Beschenkter kauft erst selber und Schenker sucht dann aus
Ich liebe meine Schwester über alles und hoffe, sie nimmt mir nicht übel, wenn ich sage: Du hättest fast meine Weihnachtsvorfreude auf dem Gewissen, Kleine!
Dabei wollte sie es uns allen ja nur so bequem wie möglich machen. Also hat sie kurzerhand eine ellenlange Liste von dringend benötigtem Kinderspielzeug für ihre zwei Kleinen bei Amazon bestellt und hat dem Rest der Familie gesagt: "Sucht einfach aus, was ihr den Kindern davon schenken wollt." Wat? Hätte sie vor der Bestellung gesagt: "Sucht euch aus, was ihr von der Liste bestellen wollt": von mir aus. Das wäre gewesen wie eine Hochzeitsliste. Aber selber alles schon vorher kaufen? Ein schlauer Bruder mit einem Herz für seine Nichten denkt da kurz nach und sagt: "Nix da!" Denn das Gekaufte kriegen die Kleinen ja nun ohnehin. Da denke ich mir schön was Zusätzliches aus. Ätschibätsch.
Geschenke vorab zu kaufen und dann nachträglich bezahlen zu lassen, das ist wie eine Taxiquittung beim Finanzamt einzureichen. Da kommt sich der Schenker vor wie der Finanzbeamte. Nein, nein, Schwesterchen, lasst euch überraschen.
Platz 2: ironische Gag-Geschenke
Eine Unterhose mit Elefantenrüssel, eine Kochschürze mit einem lebensgroßen nackten Menschenkörper darauf, Kaffeetassen mit dämlichen Sprüchen ("Der frühe Vogel kann mich mal"), Pasta in Penisform, das streichholzschachtelgroße Minibüchlein Kölsch-Deutsch/Deutsch-Kölsch. Solche Geschenke sind höchstens kurz mal amüsant nach Glühwein und Feuerzangenbowle und den ganzen Abschlussbierchen. Danach wandern sie für immer in die Kruschelschublade. Warum nicht einfach eine Flasche Sekt verschenken und dazusagen: "Statt Penisnudeln." Das ist genauso unterhaltsam und gleichzeitig keine Geldverschwendung. Oder sind Unterhosen mit Rüsseln doch witzig und ich stehe auf dem Schlauch?
Platz 1: Geschenk-Sets
Wer Sets verschenkt, der braucht gar nicht erst dazuzusagen, dass das Geraffel dieses Jahr nicht von Herzen kommt. Das Nivea-Verwöhn-Set mit Feuchtigkeitscreme, Bodymilk, "Cremedusch", Nivea Creme und Gästehandtuch in einem blauen Karton mit Weihnachtsstern drauf für rund zwölf Euro. Da spart der Schenker Zeit, Grips und Geld. Wie festlich!
100 Gramm Kaminfeuer-Tee in einer feierlichen Blechdose zusammen mit Teeei und 3x Kandiszucker am Holzstick - verschnürt in knirschender Klarsichtfolie mit silbernen und roten Fäden.
Eine mit weißem Lackstift beschriftete Flasche Olivenöl mit Rosmarin-Aroma, dazu ein Karton Grissini und ein Döschen Fleur de Sel mit Zitronenaroma. Alles irgendwie zusammengeknotet mit einem Band, das aussieht wie Stroh.
Sets sagen dem Beschenkten: Dein Geschenk hatte ein Preislimit und ich habe drauf gepackt bis Obergrenze. Und traditionell ergänzt der Schenker beim Überreichen: "Kann man doch immer gebrauchen."
Weihnachten ist DAS Fest des Massenkonsums. Lassen wir es uns nicht von lieblosen Fehlinvestitionen und unüberlegten Panikkäufen kaputt machen. Und bei allem Trubel dürfen wir dieser Tage das Wichtigste natürlich nicht vergessen: Kassenbon aufheben!