Werner knallhart

Deutsche in der Warteschlange: Bleibt doch mal locker!

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Schwellenland im Schlange stehen

Und die Leute merken sich, wer zuerst da war. Bei meiner Ankunft in Buenos Aires stieß ich mit dem Pulk der Leute aus meinem Flieger seitlich auf einen Pulk von Leuten aus einem anderen, die schon an der Passkontrolle anstanden. Ich ging von einer Vereinigung im Reißverschlussverfahren aus. Von wegen! "Stellen Sie sich bitte hinten an." Schon blamiert. Was Schlange stehen angeht, komme ich eben aus einem Schwellenland.

Können wir unsere alltäglichen Ansteh-Momente nicht einfach mal mit Vernunft und Nächstenliebe durchdenken?

Erstens: In den Bus steigt der zuerst ein, der als erstes an der Haltestelle war. Nicht der, der sich am besten gemerkt hat, wo die Bustür immer hält.

Was Chinesen an Deutschland lieben
Touristinnen aus Asien fotografieren mit ihren Digitalkameras den Dom in Köln. Quelle: dpa
Triers Wahrzeichen, die Porta Nigra Quelle: dpa/dpaweb
Der Rhein bei Düsseldorf Quelle: dpa/dpaweb
Der Kölner Dom im Abendlicht Quelle: dpa
"Made in Germany" steht auf der Unterseite eines Kochtopfs Quelle: dpa
Boss Produkte in einem Geschäft in Metzingen Quelle: dpa
Die Skyline von Frankfurt am Main Quelle: dpa

Zweitens: Das Einsteigen ins Flugzeug ist eine Wissenschaft für sich, an der die Fluggesellschaften bald verzweifeln. Diverse Systeme wurden schon ausprobiert, um das Brimborium abzukürzen.

Theoretisch eine der effektivsten Varianten: Als erstes steigen alle mit Fensterplatz ein, später die mit Gangplatz. Aber dafür haben die Passagiere nicht die Nerven. Pärchen wollen nicht für unendliche zehn Minuten getrennt werden. Das haben Versuche gezeigt.

Mein Vorschlag: Wer als Gangplätzler gemeinsam mit dem Fensterplätzler einsteigen will, zahlt zehn Euro drauf. Das macht kein Mensch. Problem gelöst.

Was die Franzosen mit Deutschland verbinden
Was die Franzosen mit Deutschland verbindenDie Deutsche Botschaft in Paris hat im vergangenen Jahr das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage vorgestellt. Die Frage lautete: Welches Bild haben die Franzosen von den Deutschen und umgekehrt? Fest steht: Es ist eine lange Geschichte der Anerkennung, aber auch der Anfeindung. Ein kurzer Überblick, über die Begriffe, mit denen die Franzosen uns Deutsche identifizieren. Quelle: dpa
Abgeschlagen auf den hinteren Plätzen landeten Begriffe wie „Hitler“, „Nazis“ und „Krieg“. Die Autoren der Studie schlussfolgern daraus: Germanophobie gibt es in Frankreich kaum noch. Gerade die jüngeren Franzosen denken mit Blick auf die vergangenen Jahrzehnte eher an den Fall der Mauer, als an Deutschlands Rolle unmittelbar vor und während des Zweiten Weltkrieges. Quelle: AP
Die Franzosen reden bei Deutschland von "Respekt" (33 Prozent); die Deutschen eher von "Sympathie" (65 Prozent). Die Frage, ob Deutschland ein Verbündeter oder gar ein Freund ist, haben die Franzosen in der Vergangenheit auch mal giftig beantwortet. Der französische Schriftsteller Francois Mauriac sagte einst: "Ich liebe so sehr Deutschland, dass ich mich freue, dass es gleich zwei davon gibt". Er meinte die Bundesrepublik und die DDR. Nun wählen die Franzosen den Begriff "Partnerschaft", um ihre Beziehung zu Deutschland zu beschreiben. Daran soll sich auch künftig nichts ändern - laut der Umfrage der Deutschen Botschaft in Paris schätzen 45 Prozent der Befragten Deutschland als privilegierten Partner. Anders sehen das die Deutschen: 72 Prozent wollen Frankreich als ein Land wie jeden anderen Partnerstaat sehen. Quelle: dpa
Die Würstchen oder das Sauerkraut nannten zwölf Prozent der Befragten als was typisch Deutsches. Man muss davon ausgehen, dass die deftige Küche als Beispiel deutscher Kochkünste herhalten muss. Quelle: dpa
Das deutsche Auto genießt bei den Franzosen ein hohes Ansehen. 18 Prozent der Befragten gaben das an erster Stelle an - genauso viele, die "Strenge" nannten. Gerade in Wirtschaftsangelegenheiten dient Deutschland aus französischer Sicht als Vorbild: 63 Prozent der Befragten gaben an, dass sich Frankreich stärker am deutschen Modell ausrichten sollte. Entsprechend hoch ist auch der Wille, dass die künftige Kooperation mit deutschen Unternehmen verstärkt werden sollte - 38 Prozent der Franzosen vertraten diese Meinung. Quelle: dpa
Die deutschen Rheinnachbarn werden auch stark mit ihrem Bier assoziiert: 23 Prozent der Befragten nannte als erst das deutsche Getränk par excellence. Quelle: AP
Gefragt nach einem spontanen Gedanken zu Deutschland, wurde der Nachname der deutschen Bundeskanzlerin bei der Umfrage der Deutschen Botschaft am meisten genannt. 29 Prozent der Befragten gaben "Merkel " an. Nicht nur für die Franzosen verkörpert die Bundeskanzlerin die Werte Fleiß, Disziplin und Rechtschaffenheit. Dass Merkel in Paris einen hohen Stellenwert genießt, zeigte sich schon im Sommer 2011. Eine breite Mehrheit der Franzosen hatte in einer Umfrage der französischen Zeitung "Le Parisien" erklärt, sie trauen der Deutschen eher als dem damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zu, die Schuldenkrise zu lösen. Mit dem sozialistischen Präsidenten Francoise Hollande dürfte die Zahl nicht kleiner geworden sein. Quelle: REUTERS

Im Supermarkt

Den Trennstab legt immer der hintere Supermarkt-Kunde aufs Fließband. Weil der vordere sich dann nicht überlegen muss: Kommt überhaupt jemand hinter mir und wie nah legt der seine Ware an meine? Texte auf Trennstäben wie "Der nächste Kunde bitte" drängen dem vorderen eine Aufgabe auf, die er vernünftigerweise ablehnen muss, und gehören radikal aus dem Verkehr gezogen.

Ist ein einzelner Verkäufer für Käse-, Fisch- und Wursttheke gemeinsam zuständig, gilt nicht: Welcher Kunde steht am nächsten am Verkäufer, sondern: Wer wartet am längsten?

Die Antwort muss im Zweifel der Verkäufer liefern, nicht die Kunden. Wenn er das nicht kann, müssen Wartemarken her. Die gibt es in Schweden in Supermärkten seit einem halben Jahrhundert. Einkaufen ohne Anstehen.

Auf dem Weihnachtsmarkt

Wie lässt sich das chaotische Geknubbel am Glühweinstand lösen? Wartemarken: Quatsch. Der Verkäufer aber hat den Überblick nicht. Und weil alle Gäste mit Kapuzen und Mützen vermummt und deshalb anonymisiert sind, können wir Höflichkeit glatt vergessen.

Wenigstens sollte gelten: Pfandtassen zurück geht vor Neubestellung. Denn wer Pfandtassen dabei hat, hat nachweislich schon vorher mal angestanden.

Das Doofe ist nur: Wenn nur einige Rücksicht nehmen und die anderen nicht, dann kommen sich die Höflichen vor wie die Deppen. Und schon fällt alles in sich zusammen. Motto: "Nö, dann eben nicht."

Das kenne ich von mir selber. Deshalb verordne ich mir jetzt eine Therapie: Ab sofort, wenn ich mal wieder bei dm die Klingelstrippe für eine weitere offene Kasse gezogen habe, atme ich tief durch, lasse alle wie die Hühner vorrennen und bleibe hinten stehen. Da werden die Leute schön blöd gucken.

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