Wöhrl zur Zerschlagung von Air Berlin Lufthansa und Regierung wollen Monopol schaffen

Der Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl unterstellt der Bundesregierung, die Lufthansa bei der Zerschlagung von Air Berlin zu bevorzugen. In einem offenen Brief an den Wirtschaftsstaatssekretär macht er seinen Unmut deutlich.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der Unternehmer wirft der deutschen Regierung vor, die Lufthansa bei der Zerschlagung Air Berlins zu bevorzugen. Quelle: AP

Berlin/Nürnberg Im Poker um die insolvente Air Berlin hat der Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl der Bundesregierung vorgeworfen, die Lufthansa bei der Zerschlagung der Fluglinie zu bevorzugen. Die große Koalition und Marktführer Lufthansa würden gemeinsame Sache machen, schrieb Wöhrl in einem am Sonntag veröffentlichten offenen Brief an Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig. Solch eine „mit Steuergeldern finanzierte Lösung bedeutet nichts anderes als die (...) Schaffung eines erneuten Monopols auf allen innerdeutschen und vielen europäischen Strecken.“ Machnig hatte zuvor im Namen der Bundesregierung eine Komplettübernahme der Fluglinie durch Wöhrl strikt abgelehnt.

„Diese somit scheinbar von der Regierung gewünschte Monopolisierung widerspricht jedem Recht auf freien Wettbewerb und ist weder mit den Zielen der europäischen Gemeinschaft noch mit dem Kartellrecht vereinbar“, schrieb der Nürnberger Unternehmer. „Der Verlust von vielen Arbeitsplätzen, insbesondere im Verwaltungsbereich, wird dabei billigend in Kauf genommen.“ Machnig hatte am Samstag dem RBB-Inforadio gesagt: „Das Modell Air Berlin als eine eigenständige Airline ist ja gescheitert.“

Wöhrl hatte nach Mitteilung vom Freitag über eine Münchner Kanzlei ein formelles Angebot für die Fluggesellschaft abgegeben. Ziel der Offerte sei es, die Air Berlin Gruppe als Ganzes zu erhalten und als unabhängige Airline fortzuführen.

Die Fluggesellschaft stellte hingegen fest, dass bis Sonntagmittag keine Offerte von Wöhrl eingegangen sei.

Air Berlin soll möglichst schnell unter mehreren Bietern aufgeteilt werden. „Wir haben mit mehr als zehn Interessenten gesprochen, darunter mit mehreren Fluglinien“, sagte Konzernchef Thomas Winkelmann der „Bild am Sonntag“. Namen nannte er nicht. „Wir wollen den Verkauf spätestens im September abschließen. Sonst schwindet das Vertrauen der Kunden in die Airline.“

Ein Komplettverkauf der insolventen Fluggesellschaft sei unwahrscheinlich: „Es wird nicht einen, sondern zwei oder drei Käufer geben.“ Langstrecken, Geschäftsflüge und Urlaubsreisen seien zu unterschiedliche Bereiche. Neben der Lufthansa gelten Easyjet, TUI und der Reisekonzern Thomas Cook mit seiner Tochter Condor als Interessenten für Teile von Air Berlin.

Nach einem Bericht der „Bild am Sonntag“ hat die Lufthansa den Insolvenzverwaltern ein Konzept vorgestellt, wonach die Airline bis zu 70 Flugzeuge übernehmen will – davon 12 bis 17 für die Langstrecke und 21 von der österreichischen Air-Berlin-Tochter Niki. Dazu kämen 2000 bis 3000 Mitarbeiter, vor allem Piloten und Flugbegleiter. Insider hatten der Nachrichtenagentur Reuters bereits vergangene Woche gesagt, dass die Lufthansa bis zu 90 der 140 Flugzeuge von Air Berlin übernehmen will, darunter 21 Flugzeuge von Niki. Air Berlin und Lufthansa haben Gespräche bestätigt, sich aber nicht zu Details geäußert. Der Marktführer hat bereits 38 Maschinen inklusive Crews von Air Berlin gemietet.

TUI wolle sechs bis sieben Maschinen, berichtete die „Bild am Sonntag“. Die TUI-Tochter TUIfly fliegt für Niki und hat Passagiere auf Air Berlin gebucht. Thomas Cook hatte erklärt, er und seine Tochter Condor stünden ebenfalls für eine „aktive Beteiligung an der Zukunft von Air Berlin bereit“.

Bei den Verhandlungen über die Aufteilung von Air Berlin drängt die Zeit. Aus insolvenzrechtlicher Sicht muss die Zukunft von Air Berlin spätestens bis Ende Oktober zumindest ansatzweise klar sein. Denn die Arbeitsagentur zahlt die Löhne der 7200 Mitarbeiter in Deutschland nur im vorläufigen Insolvenzverfahren, von August bis Oktober. Von November an müsste die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft die Personalkosten wieder selbst stemmen. Sollten die Buchungen einbrechen, dürfte es schon davor eng werden – denn von der Buchungslage hängt ab, wie lange der Staatskredit über 150 Millionen Euro reicht.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%