Zigarettenindustrie Der langsame Tod der Tabakkonzerne

Am Samstag jährt sich der Weltnichtrauchertag. Die Tabakindustrie macht weiter hohe Gewinne - doch die Verbannung aus Kneipen und hohe Steuern zeigen Wirkung. Für einige Konzerne wird die Luft dünn.

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Diese berühmten Köpfe haben sich das Rauchen abgewöhnt
Robbie WilliamsDer Popstar (40) hat wegen der Geburt seiner Tochter aufgehört zu rauchen. „Von drei Packungen am Tag bin ich auf null. Ich kann selbst nicht fassen, dass ich das geschafft habe. Ich trinke auch keinen Alkohol mehr. Vater zu werden heißt eben auch: entscheiden, was im Leben wichtig ist“, sagte der britische Sänger der „Zeit“ im Jahr 2012. Quelle: dpa
Christy TurlingtonDas amerikanische Model (45) macht sich auf der Website smokingisugly.com (Rauchen ist hässlich) gegen das Qualmen stark. Sie verlor 1997 ihren Vater, der an Lungenkrebs starb. Kurz zuvor hatten beide mit dem Rauchen aufgehört, heißt es auf der Seite. Quelle: REUTERS
Roland Kaiser Der Schlagerstar (62) lebt seit 2010 mit einer neuen Lunge und ist jetzt Nichtraucher. „Wenn ich nur daran denke, wie ich durch die Nacht zur Tankstelle gerannt bin, weil ich keine Zigaretten mehr hatte. Was für ein Unfug!“, sagte Kaiser im Jahr 2012 der „Bild am Sonntag“. „Wer im Alter japsen will, raucht. Wer nicht japsen will, raucht nicht.“ Quelle: dpa
Leonard NimoyDer „Mister-Spock“-Darsteller (83) hat eine schwere Lungenkrankheit. Er habe vor 30 Jahren mit dem Rauchen aufgehört und warnte Anfang des Jahres in einer Twitter-Botschaft andere: „Raucher, bitte versteht. Wenn ihr aufhört, nachdem ein Lungenschaden diagnostiziert wurde, ist es zu spät.“ Quelle: dpa
Karl LagerfeldDer Modeschöpfer hat auf seine Mutter gehört und meidet Zigaretten. Dem „ZEITmagazin Online“ sagte er kürzlich, seine Mutter habe ihm den Rat gegeben: „Du solltest besser nicht rauchen. Deine Hände sind nicht so toll, das sieht man noch mehr, wenn du rauchst.“ Quelle: dpa
Jessica SchwarzDie Schauspielerin (37) hatte wie geplant vor ihrem 35. Geburtstag von den Zigaretten gelassen - mit Hilfe homöopathischer Nichtraucher-Spritzen. „Ich habe zu viel geraucht, direkt nach dem Aufstehen habe ich mir schon eine angezündet“, sagte sie dem Nachrichtenmagazin „Focus“ Anfang 2013. Quelle: obs
Barack ObamaDer US-Präsident (52) greift nach eigenem Bekunden schon länger nicht mehr zur Zigarette. „Weil ich Angst vor meiner Frau habe.“ Das hatte er im Herbst vergangenen Jahres einem UN-Mitarbeiter erzählt. Das eigentlich private Gespräch wurde vom US-Fernsehsender CNN ausgestrahlt. Quelle: Reuters

Bei den letzten tiefen Zügen glimmt eine Zigarette besonders hell. Der Tabakindustrie geht es gerade ähnlich.

Allein hierzulande machte die Branche zuletzt einen Jahresumsatz von 13 Milliarden Euro, Tabak-Unternehmen erzielen hohe Gewinne. Die Reemtsma Cigarettenfabriken, die in Deutschland mehr als ein Viertel des Marktes beherrschen, weisen bei einem Umsatz von einer guten Milliarde Euro satte 573 Millionen als Gewinn aus. Weiteres Wachstum wird erwartet.

Die Aktienkurse von internationalen Konzernen wie British American Tobacco, Philip Morris und Imperial Tobacco steigen oder bleiben mindestens auf hohem Niveau stabil. Während Ärzte vom Griff zur Zigarette abraten, empfehlen Börsenexperten, beim Tabak ordentlich zuzulangen. An ihre Aktionäre schütten die Unternehmen Dividende von vier Prozent und mehr aus. 

Fakten zum Tabakkonsum

Trotzdem klagen die Tabakkonzerne. Laut und nahezu permanent. Sind die Positivmeldungen nur das die letzten Aufflackern einer sterbenden Industrie?

"Die Stimmung in der Branche ist angespannt", sagt zumindest Dirk Pangritz, Geschäftsführer des Deutschen Zigarettenverbands (DZV) und meint vor allem den heimischen Markt.

Hohe Umsatzeinbuße

Während weltweit so viel geraucht wird wie nie, werden die Bürger der westlichen Industrienationen zu Abstinenzlern. 220 Millionen Zigaretten paffen die Deutschen aktuell weg - täglich. Das klingt zwar viel, für die Tabakindustrie aber ein Negativrekord. Laut Statistischem Bundesamt sank der durchschnittliche Konsum von Zigaretten seit 1991 um etwa 55 Prozent. Neun Milliarden Euro Umsatz hat die Branche in Deutschland im Vergleich zum erfolgreichen Jahr 2003 eingebüßt. Das schmerzt.

"Die großen Unternehmen können Gewinnrückgänge in Europa auf anderen Märkten auf der Welt ausgleichen", sagt Verbandsmann Pangritz. Zu kämpfen hätten vor allem die kleinen heimischen Unternehmen, die eine Nische bedienen.

Dass sich der Trend jemals umkehrt, glaubt nicht mal der Tabaklobbyist. "In entwickelten Ländern wird der Tabakmarkt weiter schrumpfen", sagt Pangritz.

Das klingt fast nach Resignation. Die Lobby der Tabakindustrie gilt als eine der stärksten überhaupt. Die Konzerne geben viel Geld aus, um ihre Vertreter in die Parlamente zu schicken. Die werben dort um Verständnis für die vermeintliche wirtschaftliche Bedeutung der Tabakindustrie, betteln um Rücksicht auf angeblich tausende Arbeitsplätze, die von abhängen. Sie warnen davor, dass jede Änderung am Tabakgesetz nicht zu weniger Rauchern, aber zu mehr Schmugglern führen würde. Erbittert haben die Lobbyisten im EU-Parlament in Brüssel gegen eine Verschärfung der Tabakrichtlinie gekämpft. Trotzdem wird sie nun kommen. Vielleicht nicht so hart, wie es sich die Anti-Raucher-Lobby gewünscht hat, aber dennoch.

Untergang der Mittelständler

Lungenkrebs, Herzinfarkt, Raucherbein, Tod: Um davor zu warnen, hat das EU-Parlament im Februar der verschärften Tabakrichtlinie zugestimmt. 65 Prozent der Verpackungsfläche von Zigarettenpackungen sollen in Zukunft mit abschreckenden Bildern und Warnhinweisen bedeckt werden. Zudem dürfen die Hersteller nicht mehr mit Aromastoffen wie "Vanille" oder Bezeichnungen wie "mild" auf den Packungen werben. Menthol-Zigaretten sollen ab 2020 ganz verboten werden. Zudem müssen die Hersteller bald sehr viel genauer über Herkunft und Lieferkette ihrer Produkte Auskunft geben.

Die Tabakbranche stöhnt laut auf. "Da kommen erhebliche Belastungen auf die Mittelständler zu", sagt Franz Peter Marx vom Verband der deutschen Rauchtabakindustrie (VdR). "Besonders für kleine Unternehmen wird es schwierig." Schließungen könnten die Folgen sein, befürchtet der Lobbyist. Gerade die Mittelständler würden sich über doch ihre aromatischen Angebote für Genussraucher profilieren. Außerdem könnten sie den zusätzlichen bürokratischen Aufwand kaum stemmen, klagt er.

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