Zum Tode Karl Albrechts Der stille Milliardär

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Niedrige Preise, hohe Gewinne

Trotz niedriger Preise sprudeln die Gewinne. Die Preiswürdigkeit der Albrecht-Läden spricht sich per Mundpropaganda herum und wird zur besten Werbung für das kleine Filialunternehmen. Flugs werden die Gewinne in neue Geschäfte gesteckt. Das Unternehmen wächst und wächst: von 31 Filialen in 1953, auf 100 zwei Jahre später und 170 im Jahre 1958. 1960 machen die Albrechts mit 300 Geschäften einen Gesamtumsatz von 90 Millionen DM.

„In den 330 Albrecht-Läden zwischen Aachen und Dortmund", so hieß es in einer Werbeanzeige von 1961, würde „ausgesuchte Qualitätsware“ zu günstigen Preisen „den ungeteilten Beifall von Tausenden treuen Albrecht-Kunden finden“.

Mit dem Erstarken der Supermärkte werden die Nachbarschaftsläden jedoch zum Auslaufmodell. Kaiser’s und Deutscher Supermarkt machen sich breit, setzen auf Selbstbedienung (SB) und bauen ihre Fleisch- und Gemüseabteilungen aus. Die Albrecht-Kundschaft wendet sich ab. Die Handelsbrüder scheitern mit dem Versuch, eigene SB-Supermärkte zu betreiben. Die Konkurrenz ist enteilt.

Chronologie: Der Aufstieg von Aldi

Auch die Idee, Großmärkte für Gewerbetreibende aufzumachen - das spätere Geschäftsmodell der Metro -, verfolgen die Albrechts. Unter dem Namen Alio wagen sie den Aufbau eines Cash & Carry-Marktes - und scheitern erneut.

Der dritte Anlauf ist schließlich der Volltreffer. Statt üppig bestückter Regale gibt es in den Läden fortan ein karges Produktangebot, allerdings zu unschlagbar günstigen Preisen. Die Albrechts entdeckten den Discount. Von der ersten Filiale in Dinslaken aus revolutionierte das neue Verkaufsformat ab Ende 1961 im Sturm die Handelswelt. Knapp zehn Jahre später werden schon über 600 Filialen in mehr als 300 Städten der Bundesrepublik gezählt.

Erfolgreiche Notlösung

Dabei war das Erfolgskonzept anfangs eine reine Notlösung, erinnert sich Walther Vieth. Der Handelsveteran hatte im Januar 1961 eine Zeitungsannonce des "Lebensmittel-Filialbetriebs" Albrecht gelesen und sich als Filial-Revisor beworben. Die Stellung verlangte einen „fleißigen, charakterfesten Mann“. Geboten wurden "Dauerstellung, gutes Gehalt" und ein Volkswagen. Vieth hatte Erfolg und bekam den Vertrag von Karl Albrecht, dem Älteren der Brüder.

Kurz zuvor hatten die Albrechts die Republik unter sich aufgeteilt. Sie sollen sich nicht darüber einig geworden sein, ob Zigaretten ins Sortiment gehören. Also bekommt Karl den Süden und schlägt sein Hauptquartier in Mülheim auf, Theo beackert fortan von Essen aus den Norden. Die Demarkationslinie, der sogenannte Aldi-Äquator, verläuft mitten durch Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Dem Siegeszug tut die Grenzziehung keinen Abbruch. Die Brüder Karl und Theodor Albrecht werden Multimilliardäre - und Aldi zu einer der größten Erfolgsgeschichten im deutschen Handel.

Im Jahr 2000 dehnt das Süd-Reich von Karl Albrecht seine Geschäftstätigkeit sogar bis nach Australien aus. Zu dieser Zeit hat sich Karl schon längst aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Das Firmenimperium wird seitdem ausschließlich von familienfremden Managern geführt.

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