Haustiermarkt Teure Freunde: Der Milliardenzirkus um Hund und Katz

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Chinchilla-Kaninchen Quelle: REUTERS

Versicherungen, Pharmariesen, Futterhersteller und Handelsketten buhlen denn auch um die heimischen Tierbesitzer. Medien- und Touristikunternehmen tummeln sich nebst Tausenden Einzelkämpfern in einer Branche, in der jede noch so bizarre Produktidee in Serie geht.

Egal, ob Wintermantel „Ischgl“ für den Allwettermops oder edler Hundesmoking samt Zylinder, Schwanzwedler-Bier oder „Dog Perignon“ – die Tierliebe der Deutschen scheint jeden Nepp zu vergolden. Für Vierbeiner gibt es rutschfeste Schuhe, Wasserbetten und Sonnenbrillen; CDs mit sphärischen Klängen beschallen Fische. Stadthunde gehen zum Doga (Yoga für Hunde) und relaxen im „Hundehaus Alabama“, das bei Preisen ab 2850 Euro allenfalls Südstaaten-Magnaten als Hütte zu bezeichnen wagen. Kaninchen mit Stil mümmeln derweil in der feudalen „Villa Hoppel“ und Hamster kampieren trendsicher im „Nagerhaus Montana“.

Die Neigung zum privaten Kleinzoo treibt ebenso skurrile wie lukrative Blüten. Drei eng verwobene Entwicklungen sorgen dafür, dass der Markt seit Jahren allen Krisen trotzt:

Humanisierung: Nie waren sich Zwei- und Vierbeiner näher. Haustiere werden als Familienmitglieder oder -ersatz behandelt. Als Ursachen haben Wissenschaftler demografische Vereinzelungstendenzen in Verdacht: Die Zahl der Single-Haushalte steigt, die Geburtenrate sinkt, und die deutsche Bevölkerung altert. Viele Halter übertragen ihre Lebens- und Konsumgewohnheiten auf die Tiere. Zugleich dienen Haustiere oft als Statussymbol, das präsentiert und ausgestattet wird.

Filialisierung: Handels- und Dienstleistungsketten rollen den Markt auf. Konzerne und Finanzinvestoren kaufen sich in die Branche ein. Neue Geschäftskonzepte sind auf Expansion ausgelegt.Segmentierung: Für fast alle Tierprodukte und Dienstleistungen werden alters- und artspezifische Angebote in Billig-, Mittelklasse- und Luxusvarianten kreiert, um die Kaufbereitschaft der Kunden auszureizen.

Fast zwei Prozent auf alles - außer Tiernahrung

Besonders stabilisierend wirkt sich der Trend-Dreiklang am Napf aus. An Haustieren werde im Abschwung zuletzt gespart, heißt es unisono bei Experten. Die Versorgung der treuen Gefährten hat in Krisenzeiten Priorität. Sie stehen für ein Stück heile Welt und Geborgenheit in finsteren Tagen.

Tatsächlich fielen 2009 die Umsätze im deutschen Einzelhandel: fast zwei Prozent auf alles – außer Tiernahrung.

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