Herbert Lütkestratkötter Der tragische Abgang des Hochtief-Chefs

Die Ära Lütkestratkötter bei Hochtief dauerte gefühlt viel länger als nur die vier Jahre, die er den deutschen Bauprimus führte. Die Umstände seines vorzeitigen Abgangs liefern ACS eine Vorlage, um den Essener Baukonzern den eigenen Interessen schonungslos unterzuordnen.

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Herbert Lütkestratkötter Quelle: dapd

Es ist ein tragischer Abgang, von dem auch die Hochtief-Crew überrascht wurde. Noch Ende vergangener Woche waren enge Berater des Hochtief-Chefs Herbert Lütkestratkötter unverändert davon ausgegangen, dass erst die Hauptversammlung am 12 Mai die Entscheidung bringt, ob der spanische Angreifer ACS beim größten deutschen Baukonzern die Macht übernimmt. Auf der Hochtief-Homepage fordert Dr. Lü immer noch in einer Videobotschaft eine Minute und 17 Sekunden lang höchstpersönlich die Aktionäre zu maximaler Präsenz bei der Hauptversammlung auf – und unterstützt damit die Strategie des Aufsichtsrats, ACS die geforderten vier Aufsichtsratsmandate zu verweigern und trotz eines Aktienanteils von über 40 Prozent nur zwei zuzubilligen.

Nun gibt der Kämpfer Lü überraschend auf und kündigt an, am 12 Mai zur Hauptversammlung seinen Chefsessel zu räumen. Eine multiple Niederlage. Lütkestratkötter verliert den sieben Monate langen Kampf um die Selbständigkeit von Hochtief. Er kann nicht einmal den Eindruck eines geordneten Abgangs vermitteln, weil er die erst vor drei Wochen verkündete Gewinnprognose für 2010 infolge der Probleme der australischen Hochtief-Tochter Leighton drastisch nach unten korrigieren muss. ACS bietet das vermutlich eine willkommene Vorlage, die eigennützigen Ziele bei Hochtief durchzusetzen, auf Verkäufe lukrativer Auslandstöchter zu drängen und in bewährter Manier Kasse zu machen.

Lütkestratkötter, der seit dem 16. September 2010, als der Angriff von ACS publik wurde, Tacheles redete und den Spaniern jede operative Idee bezüglich des Zusammengehens der beiden Unternehmen absprach, ist dazu plötzlich kein Wort mehr zu entlocken. Mit einem Beratervertrag hat er sich von ACS zumindest für die nähere Zukunft einbinden lassen. „Keinen Euro" will er für die Beratung bekommen. Offen ist aber, ob ACS im Gegenzug auf ein juristisches Nachkarten gegen den widerspenstigen Hochtief-Chef verzichtet.

Man kannte Herbert Lütkestratkötter bis dahin sehr aufrecht und geradelinig. So beschrieb er sich auch selber gern.

Zum ersten Mal trat Dr. Lü, wie er schnell im Unternehmen hieß, als angehender Hochtief-Chef am 6. März 2007 vor die Presse, in einer kleinen Kennlern-Runde kurz vor seinem Amtsantritt im April 2007. Im obersten Stockwerk des von Hochtief gebauten gläsernen Büroturms GAP 15 in der Düsseldorfer Innenstadt stellte er sich vor als „Münsterländer von Geburt und aus Überzeugung" vor. Ihm sei keine große Diplomatenkarriere bekannt, die im Münsterland begonnen hätte. „Mir sind aber viele Leute begegnet, die geradlinig und verlässlich sind, nicht nach dem Motto ´Was geht mich mein Geschwätz von gestern an`. Wir müssen nicht mit dem Kopf durch die Wand, aber wenn es sein muss, macht es uns nichts aus." Genau der Kampfgeist, den der promovierte Ingenieur im Abwehrkampf gegen die Übernahme durch den Baukonzern und Großaktionär ACS hartnäckig zeigte.

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