Immobilien Frankfurter Airrail-Center: Vom Vorzeigeprojekt zum Albtraum

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Geschäftsführer Dörrie geht hartnäckig davon aus, dass Hilton Deutschland mit zwei Hotels sowie die Wirtschaftsprüfer von KPMG mit ihrer Deutschland-Zentrale im Frühjahr 2010 einziehen können. „Die Prognosen von Ernst & Young unterscheiden sich von unseren Einschätzungen“, kommentiert Dörrie und erweckt den Eindruck, darüber könne er auf Augenhöhe mit den Wirtschaftsprüfern diskutieren.

Das ist zu bezweifeln. IVG-Vorstandschef Gerhard Niesslein und Partner Fraport haben die Geschäftsführer Dörrie und Knepper an die Kandare genommen. Ernst & Young bleibt als externer „Termin- und Kostensteuerer“ an Bord, sagt ein hochrangiger Manager aus dem Gesellschafterkreis der WirtschaftsWoche. Knepper sei ein zweiter technischer Geschäftsführer an die Seite gestellt worden. Mehr als zehn Ernst & Young-Leute haben demnach bei der bisher 40-köpfigen Airrail-Center GmbH im Flughafen-Bürotrakt – direkt über der Zahnarztpraxis – faktisch die Regie übernommen. Auf die Frage, ob der Gesellschafterkreis erwägt, Dörrie und Knepper von ihren Aufgaben zu entbinden, antwortet der Manager: „Nicht auszuschließen.“

IVG und Fraport machen Missmanagement und ungünstige Rahmenbedingungen für die Misere verantwortlich. Die Bauaufträge wurden im Konjunkturboom vergeben – heute lägen die Preise 20 Prozent niedriger. Die Kreditkosten stiegen rapide – laut Dörrie sind sie für rund 90 Millionen Euro Mehrkosten verantwortlich. Im April 2008 stellte der Generalunternehmer Alpine Bau Deutschland die Arbeiten am Rohbau ein. Um die Frage, ob die notwendigen Genehmigungen zum Weiterbau fehlten, wie Alpine behauptet, streiten die ehemaligen Partner noch heute. Setzt Alpine sich durch, drohen der Airrail-Center GmbH 20 Millionen Euro Nachforderungen.

Ersetzt wurde Alpine nach zwei Wochen Baustellen-Stillstand durch den Konkurrenten Züblin. Der aber arbeitet nun nicht zum Festpreis, sondern mit einem sogenannten Regievertrag, bei dem nach Stunden und Aufwand abgerechnet wird. Kostensteigerungen sind bei diesem in Deutschland unüblichen angelsächsischen Vertragsmodell fast selbstverständlich. Risiken lauern an weiteren Stellen: Wie den Stahl orderten Dörrie und Knepper auch die Fassaden und die Rolltreppen in China. Ob da die Qualität stimmt und die Wartung funktioniert, muss sich erst erweisen.

IVG hat Projektentwicklung nicht im Griff

Die IVG hat ihre Projektentwicklungssparte nie in den Griff bekommen. Seit Anfang 2007 ist im Vorstand dafür Andreas Barth verantwortlich, der als Vorsitzender des Airrail-Center-Gesellschafterausschusses auch das Top-Projekt steuert. Sein neuer Chef Niesslein, der den finanzkrisengebeutelten Immobilienkonzern im November 2008 übernahm, will aus der Sparte aussteigen. Erst aber muss der Krisenmanager, der auf 300 Millionen Euro Staatsbürgschaft hofft, die unfertigen Projekte zu Ende bringen – auch wenn sie aus dem Ruder laufen wie das Airrail-Center. Um dafür liquide Mittel zu bekommen und um Kredite zu tilgen, versilbert Niesslein teilweise sein Portfolio im Wert von 6,6 Milliarden Euro. Bis Ende 2011 soll die IVG Immobilien für eine Milliarde Euro verkaufen, sagt ein Sprecher. Die Hälfte sei schon erreicht.

Ende 2007 wollte Niessleins Vorgänger Wolfhard Leichnitz das Airrail-Center verkaufen. Das misslang. Wird das fertige und vermietete Milliardenobjekt aber in wenigen Jahren verkauft und sind die Bedingungen am Immobilienmarkt dann ungefähr wie heute, kann die IVG dafür rund 750 Millionen Euro erzielen, schätzen Manager führender Maklerbüros. Macht unterm Strich – wenn die Ernst & Young-Prognose stimmt – eine Viertelmilliarde Euro Verlust.

IVG-Großprojekt Airrail-Center: Baukosten steigen auf eine Milliarde Euro

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